Filmfacts: «Ostwind - Aris Ankunft»
- Start: 28. Februar 2019
- Genre: Abenteuer/Familienfilm
- Laufzeit: 102 Min.
- FSK: o.Al.
- Kamera: Florian Emmerich
- Buch: Lea Schmidbauer
- Regie: Theresa von Eltz
- Darsteller: Amber Bongard, Cornelia Froboess, Hanna Binke, Luna Palano, Marvin Linke, Sabin Tambrea, Tilo Prückner
- OT: Ostwind - Aris Ankunft (DE 2019)
Auch auf dem Regiestuhl fand eine Art Staffelübergabe statt. Nachdem Katja von Garnier drei Filme lang inszenierte, überreichte sie das Zepter nun an ihre Kollegin Theresa von Eltz («4 Könige»). Die trifft den Tonfall der Reihe mit ihrem Debüt sehr gut und fängt vor allem die fast magische Verbindung zwischen Mensch und Pferd hervorragend ein (die «Ostwind»-Filme waren schon immer ein wenig esoterisch angehaucht), gegen die fremdkörperartige Pferdefilm-Blaupause vom „Reiterhof in Gefahr“ kann sie allerdings auch nicht anwirken. Das ist einfach nur (mittlerweile nerviges) Pflichtprogramm.
Mika im Koma
Durch einen Zwischenfall werden Mika (Hanna Binke) und ihr Ostwind auf eine harte Probe gestellt. Mikas Großmutter (Cornelia Froboess), Sam (Marvin Linke) und Herr Kaan (Tilo Prückner) versuchen unterdessen, Gut Kaltenbach am Laufen zu halten, wobei sie Unterstützung von der ehrgeizigen und scheinbar netten Isabell (Lili Epply) bekommen. Dann bringt Fanny (Amber Bongard) die impulsive und kratzbürstige Ari (Luna Paiano) nach Kaltenbach und sorgt damit für mächtigen Wirbel. Ari fühlt sich sofort von Ostwind angezogen und scheint eine besondere Wirkung auf den berühmten Hengst zu haben. Ist es möglich, dass Ostwind und Mika eine weitere Seelenverwandte auf Gut Kaltenbach finden? Und wird Ari es schaffen, Ostwind vor dem skrupellosen Pferdetrainer Thordur Thorvaldsen (Sabin Tambrea) zu schützen?
Es hatte schon einen Grund, weshalb das Genre eine ganze Zeit lang über den Heimkinomarkt verramscht wurde, eh Katja von Garnier 2013 nahezu im Alleingang eine gewisse Renaissance auslöste. In «Ostwind» steckte zwar jede Menge Naivität (etwas, woraus diese Filme viele Jahre lang ausschließlich bestanden), aber eben auch pure Pferdemagie, sodass sich die allzu vorhersehbare Dramaturgie nur zu gern verschmerzen ließ. Die Stärken in der Inszenierung haben die «Ostwind»-Filme seither nie verloren. Selbst der erzählerisch äußerst konstruierte zweite Teil besitzt immer noch eine regelrecht berauschende Atmosphäre; so hervorragend gelingt Katja von Garnier das Zusammenspiel aus Optik und Akustik. Und wie die Regisseurin die edlen Vierbeiner in Szene zu setzen hat, damit am Ende des Films so ziemlich jeder ein Pferd sein Eigen nennen will, weiß sie außerdem.
All diese handwerklichen Vorzüge weist auch «Ostwind – Aris Ankunft» auf, erzählerisch ist der vierte Film dagegen mit Abstand der schwächste. Das liegt nicht an der Grundidee, Mika langsam aus den Filmen zu verabschieden und stattdessen die rebellische Ari in den Fokus zu rücken; im Gegenteil. Die zum vierten Mal auch für das Drehbuch verantwortliche Lea Schmidbauer zitiert sich sehr feinfühlig selbst, etwa wenn in einer Szene Ostwind unter einem Baum liegt und Ari im Stehen über ihn wacht (im ersten Film war es noch genau anders herum), oder wenn das unkonventionelle Reittraining von Herrn Kaan hier genau entgegengesetzt zu jenem von Mika einst verläuft. Ari wiederholt nicht einfach nur, was Mika bereits drei Filme lang getan hat, sie ist das genaue Gegenteil von ihr. Ein starker, erzählerischer Kniff.
Schon wieder Gut gegen Böse
Doch egal ob «Wendy», «Immenhof» oder so ziemlich jeder andere beliebige Pferde-Mädchen-Film: Ohne einen furchteinflößenden Antagonisten scheint es im Pferdefilmsegment nicht zu gehen. Dabei besäße allein die Beziehung zwischen Ari, Mika und Ostwind genug emotionale Zugkraft, um den Film knapp zwei Stunden lang zu tragen. Mit dem Auftauchen von Sabin Tambrea («Der Mann aus dem Eis») in der Rolle des selbsternannten Pferdetrainers Thordur Thorvaldsen entwickelt sich ein nur allzu bekannter Konflikt: Er hat es auf Ostwind abgesehen und macht sich gemeinsam mit seiner Komplizin Isabell daran, das Gut Kaltenbach und damit auch den Hengst unter seine Fittiche zu bringen. Dieser Subplot ließe sich nicht nur ersatzlos streichen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf den Film im Gesamten hätte. Ohne ihn würde «Aris Ankunft» auch nicht immer wieder in zwei Teile zerfallen.
Auf der einen Seite haben wir die intensiv erzählte, aufrichtige (Selbst-)Findungsgeschichte eines jungen Mädchens und ihrer Verbindung zu Pferden und auf der anderen Seite den (auch optisch) herausstechenden Kampf zwischen Gut und Böse. Beide Erzählstränge finden immer wieder nur oberflächlich zusammen – und in diesen Szenen wird aus dem glaubhaft-authentischen Abenteuer ein hanebüchenes Märchen. Schon die Trainingsmethoden, die der Oberschurke Thordur Thorvaldsen anwendet, würden nicht einmal in einer alternativen Realität irgendeinen Sinn ergeben und sind einzig und allein auf ein möglichst krawalliges Finale aus.
Es ist sowieso immer schwierig, den Grat zwischen „aufregend genug, um die Zuschauer bei der Stange zu halten“ und „realistisch genug, um Pferdekenner nicht völlig zu vergraulen“ zu finden. Hier findet Lea Schmidbauer seit jeher den absolut vertretbaren Mittelweg, indem sie die mongolische Sagenwelt streift, die auch in «Aris Ankunft» wieder einmal für theoretische Erklärungen herhalten muss. Es passt zur Stimmung, wenn Tilo Prückner («Kleine Ziege, sturer Bock») alias Herr Kaan sein Wissen von der magischen Verbindung zwischen Mensch und Pferd teilt, was Kameramann Florian Emmerich («Der Hauptmann») einmal mehr ganz hervorragend einzufangen weiß. Die vorwiegend in Zeitlupe aufgenommenen Bilder von galoppierenden Pferden mit wehender Mähne arbeiten die Essenz des „Faszinosums Pferd“ heraus; anschließend wird sich niemand mehr die Frage stellen, was an den Tieren so besonders ist. Ergänzend dazu interagieren auch die menschlichen Hauptfiguren ein weiteres Mal angemessen ehrfürchtig.
Die Newcomerin Luna Palano punktet nicht nur im Zusammenspiel mit Ostwind, bei dem sie keinerlei Berührungsängste zu haben scheint, sondern begeistert ganz allgemein durch ihre natürlich-freche Art. Apropos frech: Natürlich gibt es auch ein Wiedersehen mit Amber Bongard («Groupies bleiben nicht zum Frühstück») und Marvin Linke («Das Boot»), die sich seit Teil eins als sich gegenseitig perfekt ergänzendes Duo entwickelt haben, die in passenden Momenten immer einen rettenden Einfall (oder einen witzigen Spruch) parat haben.
Fazit
Der dritten, einmal mehr toll inszenierten Fortsetzung innerhalb der «Ostwind»-Saga wird die schwierige Aufgabe zuteil, die alte Heldin Mika langsam aus der Reihe zu entlassen und dafür die rebellische Ari zu etablieren. Das ist hier hervorragend gelungen, auch wenn der Subplot rund um den bösen Pferdetrainer überhaupt nicht überzeugt. Nicht jeder Film benötigt zwingend einen Antagonisten!
«Ostwind – Aris Ankunft» ist ab dem 28. Februar bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.
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28.02.2019 18:26 Uhr 1