Die Abschlussbilanz von Marvel bei Netflix
- «Marvel's Daredevil»: 3 Staffeln
- «Marvel's Jessica Jones»: 3 Staffeln (1 ausstehend)
- «Marvel's Luke Cage»: 2 Staffeln
- «Marvel's Iron Fist»: 2 Staffeln
- «Marvel's The Defenders»: 1 Staffel
- «Marvel's The Punisher»: 2 Staffeln
Für viele Branchenkenner wirkte das Ausscheiden der Marvel-Serien bei Netflix allein von den Anbieterkonstellationen her folgerichtig. Nachdem bekannt gegeben worden war, dass Disney Ende 2019 einen eigenen Streaming-Dienst starten würde, mutmaßten viele Beobachter schon früh, dass der Konzern keine Serien seiner Tochter Marvel bei der Konkurrenz dulden würde. Doch das war nur die halbe Wahrheit, denn die Marvel-Serien bei Netflix beinhalteten nach einem vielversprechenden Start viele qualitative Mängel, die Interessenten und selbst Fans nach und nach abschalten ließen. Im Jahr 2018, als Disneys Pläne zu einem eigenen Angebot bereits konkreter geworden waren, verhinderten vorrangig das stark gesunkene Zuschauerinteresse und die wachsenden Bedenken von Netflix eine Verlängerung der Serien, die im Falle von «Luke Cage» und «Daredevil» hinter den Kulissen eigentlich schon an weiteren Staffeln arbeiteten.

Für die Zusammenarbeit hatte Netflix einst große Pläne geschmiedet, welche aber umso schwieriger umzusetzen waren. Als Netflix mit «Daredevil» im Jahr 2015 die erste der Marvel-Serien veröffentlichte, stand bereits der große Masterplan fest, dass die folgenden drei Formate später in einer «Avenger»-ähnlichen Zusammenkunft kulminieren sollten. Gepaart mit der deutlich härteren und realistischeren Gangart der Netflix-Serien sollten diese auch ein Komplementärangebot zu den eher fantastischen Kinofilmen bieten und dem Marvel-Universum mehr Breite verleihen.
Kritikerspiegel der Marvel-Netflix-Serien
- «Jessica Jones» - S1: 81/100
- «Luke Cage» - S1: 79/100
- «Daredevil» - S1: 75/100
- «Daredevil» - S3: 71/100
- «Jessica Jones»: S2: 70/100
- «Daredevil» - S2: 68/100
- «Luke Cage» - S2: 64/100
- «The Defenders»: 63/100
- «The Punisher» - S2: 58/100
- «The Punisher» - S1: 55/100
- «Iron Fist» - S2: 39/100
- «Iron Fist» - S1: 37/100
Metacritic
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Der erste Versuch, die Charaktere zu versammeln war alles andere als ein Kritikerliebling im Vergleich zu den Einzelformaten und zerstörte wohl den lange gehegten Enthusiasmus vieler Zuschauer, die Figuren wieder zusammen auf dem Bildschirm zu erleben. Schlimmer noch: Viele Fans wandten sich zu diesem Zeitpunkt ganz von den Marvel-Serien bei Netflix ab, denn welchen Sinn erfüllten diese noch, wenn der eigentliche große Plan der Zusammenkunft krachend gescheitert war? Letztlich lag es wohl auch am logistischen Aufwand, statt eines Spielfilms eine achtteilige Staffel zu produzieren, die alle vorangegangenen Formate irgendwie sinnvoll vermischt.

Der Rückblick auf den Verlauf der Marvel-Netflix-Kooperation zeigt, wie hochtrabende Pläne häufig auch scheitern können. Gerade Netflix legte seinen Nimbus der Unfehlbarkeit schon vor einigen Jahren ab und blickt neben vielen großartigen Serien mittlerweile auch auf viele Reinfälle zurück. Im Falle dieser groß angelegten Kooperation tut er besonders weh. Oder auch nicht? Schließlich hätte sich Netflix angesichts des nahenden Starts von Disney+ ohnehin etwas überlegen müssen, hätte der Dienst die Marvel-Serien halten wollen. Auch für Marvel stellt das Kapitel Netflix einen bittersüßen Moment in der so erfolgreichen Geschichte des Unternehmens dar. Die Serien hatten ihre Hochs und Tiefs, doch sie repräsentierten eine bislang ungesehene Perspektive auf Marvels Superhelden-Reich. Die Hoffnungen, dass Marvel bald mehr dieser Geschichten einer etwas anderen Couleur erzählen könnte, zerschlugen sich somit ein wenig.
Zumindest macht Netflix nun keine Anstalten sich von Comicbuch-Adaptionen zu verabschieden. Viele weitere Projekte stehen schon in den Startlöchern. Gerade erst debütierte «The Umbrella Acadcemy» mit großem Erfolg. Im Jahr 2017 erstand Netflix außerdem Millarworld von Mark Millar, dessen Comics etwa «Kick-Ass» oder «Kingsman» inspirierten. Schon jetzt kündigte Netflix an, zwei Serien und drei Filme aus der Millarworld-Sparte veröffentlichen zu wollen. Wird es das zweite Marvel? Davon scheint zumindest Netflix-Chef Ted Sarandos überzeugt zu sein. Der bezeichnete Millar bereits als „modernen Stan Lee“.
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