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Hat der große Sportwetten-Boom auch irgendwann mal ein Ende?

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Seit Jahren boomt die Glücksspielbranche. Immer mehr neue Sportwetten-Anbieter drängen auf den Markt und versuchen sich mit prominenten Sponsorings einen Namen zu machen. Mittlerweile steckt ein riesiger Topf voll Geld in der Branche und das in einer noch rechtlichen Grauzone.

Als der Glücksspielstaatsvertrag zuletzt 2012 geändert wurde, hatte man die kommende Explosion des Online-Geschäftes noch nicht kommen sehen. Aus diesem Grund liegen Online-Casinos, private Sportwettanbieter oder Online-Poker-Dienste noch im rechtlichen Graubereich. Ohne im Vertrag enthalten zu sein, bewegt sich die Branche auf einem nicht regulierten Markt. Dadurch fällt es Vielen schwer von seriösen und unseriösen Angeboten zu unterscheiden und das nicht nur für die Konsumenten. Auch für die Anbieter ist es von großem Interesse, in einem neuen Glücksspielstaatsvertrag erfasst zu werden, um sich klar von solchen zwielichtigen Angeboten abzugrenzen und als Unternehmen besser dazustehen. Mit einem neuen Vertrag wünscht man sich die Vergabe von offiziellen Lizenzen und damit die Regulierung des Marktes, die dringend notwendig wäre.

Zwischen 2013 und 2016 wuchsen die Bruttospielerträge um satte 52 Prozent. Vor allem Sportwetten und Online-Casinos erfreuen sich an einem riesigen Wachstum: Mittlerweile bilden sie 83 Prozent der Bruttospielerträge des kompletten unregulierten Marktes ab. Die jährlichen Zuwächse betragen inzwischen bis zu 500 Millionen Euro. Insgesamt 19 Prozent des Glücksspielmarktes waren 2016 nicht reguliert. Der Anteil umfasst 2,56 Milliarden Euro. Allgemein erwirtschaftete die komplette Glücksspielbranche 10,83 Milliarden Euro Bruttospielerträge. Alleine 97 Prozent der Steuereinnahmen durch Sportwetten fallen auf private Anbieter zurück. Der einzige staatliche und damit regulierte Anbieter ist Oddset. Dieser schultert die übrigen drei Prozent.

Um den Markt endlich vollends zu regulieren, war eigentlich schon längst ein neuer Glückspieländerungsstaatsvertrag vorgesehen. Dieser wurde jedoch 2018 von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gekippt, bevor er in Kraft treten konnte. Für eine Änderung des Staatsvertrages müssen nämlich alle 16 Bundesländer zustimmen. Am 21. März soll über einen neuen Vertrag verhandelt werden. Dieser soll dann im Sommer 2021 den Aktuellen ablösen. Gerade die etablierten Anbieter von Sportwetten drängen auf eine zeitnahe Regulierung des vollständigen Marktes und damit einhergehende Lizenzen. Dabei geht es den Anbietern auch darum verlorene Marktanteile zurück zu gewinnen und die Anzahl der Anbieter klein zu halten.

Sportsponsorings zur seriösen Wahrnehmung


Außerdem wollen sich große Anbieter wie Bwin, Tipico oder Bet-at-home.com vom Schwarzmarkt und unseriösen Geschäften abheben. Ein großer Schritt, um das zu erreichen, sind Sponsorendeals mit namhaften Vertretern im Sportgeschäft. In allen Sportarten gibt es zurzeit 67 verschiedene Sponsorings mit einem Wert von mindestens 50 000 Euro im Jahr. Die meisten davon werden natürlich in der Volkssportart Nummer eins geschlossen, dem Fußball. Den Anbietern sind die Deals rund 43 Millionen Euro im Jahr wert, 38 Millionen davon kommen von privaten Anbietern.

Ausschlaggebend für den Glauben an die großen Investitionen in Sportsponsorings scheint der große Deal zwischen Tipico und dem FC Bayern München zur Saison 2015/16 zu sein. Seitdem pumpt Tipico jährlich ganze fünfeinhalb Millionen Euro in das Sponsoring des Rekordmeisters hinein. Eine solche Summe war bis dato noch von keinem privaten Glücksspielanbieter für Sponsorings dieser Art ausgegeben worden. Der Vertrag setzte dem gesamten Umfang von Sportsponsoring neue Dimensionen auf. Außerdem sendete er auch ein Signal, dass sogar der größte deutsche Fußballverein dazu bereit ist, eine Kooperation mit einem nicht-lizensierten Sportwettenanbieter einzugehen. Der Deal wurde für vier Jahre ausgehandelt und gilt damit heute immer noch.

Ermutigt durch den Bayern-Deal, begannen auch andere Buchmacher, ihr Sportsponsoring deutlich auszuweiten. Unter anderem schloss Bwin, der größte Konkurrent von Tipico, zur Saison 2017/18 eine Partnerschaft mit Borussia Dortmund ab. Jährlich fließen seitdem drei Millionen Euro zu den Schwarz-Gelben. Letztlich ging auch dieser Markt nach solchen großen Deals durch die Decke, denn auch die kleineren Anbieter wurden nun ermutigt Geld in die Hand zu nehmen.

Sponsoringstrategien


So kommt es, dass auch immer mehr kleinere Anbieter Sportsponsorings wagen. Zuletzt drängte zum Beispiel das Unternehmen Moplay auf den Markt und schloss 2018 einen Werbevertrag mit Hertha BSC Berlin. Ein weiteres Beispiel ist LV Bet, welches mit dem Deutschen-Eishockey-Bund ein Sponsoring im fünfstelligen Euro-Bereich eingegangen ist. Da der Markt durch die vielen Anbieter sehr ausgeschöpft ist und viele namhafte Vertreter aus dem Sportgeschäft bereits gut vernetzt sind, haben es Neueinsteiger oft schwer qualitativ hochwertige Partner für sich zu gewinnen. Daher fahren auch viele eine flächendeckende Strategie. Der Buchmacher Sunmaker kooperiert beispielsweise gleich mit vier Fußballzweit- und Drittligisten.

Eine vergleichbare Taktik wird auch vom Riesen bwin gefahren. Dieser hat sein Portfolio mittlerweile auch mit einer ganzen Breite an Sportpartnern bestückt. Neben dem BVB zählen unter anderem auch Zweitligisten wie der 1.FC Köln oder Union Berlin dazu. Zudem pflegt man eine Kooperation mit dem Deutschen Fußball-Bund. Mit dem DFB plant bwin auch schon eine Erweiterung des Deals. Insgesamt 50 Millionen Euro über vier Jahre scheint der Branchen-Primus bereit für die Partnerschaft mit der Nationalmannschaft, dem DFB-Pokal, der 3. Liga und der Frauen-Bundesliga zu zahlen. Das würde bwin an die Spitze der Sportwettenanbieter im Sportsponsoring katapultieren.

Im Gegensatz dazu fährt Tipico eine andere Strategie: Premiumpartner. Tipico ist inzwischen sehr darauf bedacht nur noch Verträge mit den größten Playern des Sportgeschäfts abzuschließen. So ließ man 2018 die Verträge mit dem Hamburger SV oder RB Leipzig auslaufen, um nur noch den FC Bayern München als Aushängeschild vorweisen zu können. Zudem steht Tipico auch noch mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) in einer dreijährigen Kooperation.

Wie geht es in der bei den Buchmachern weiter?


Egal ob breite oder gezielte Sponsorings, eines haben fast alle privaten Wettanbieter gemeinsam: Ihr Sitz liegt nicht in Deutschland. Viele von ihnen liegen zum Beispiel auf Malta (u.a. Tipico, MoBet) oder Gibraltar (bwin). Neben den steuerlichen Vergünstigungen ist einer der Hauptgründe natürlich wieder die Lizenzlage. Da die privaten Sportwettenanbieter, wie beschrieben, noch durch keine Konzession Lizenzen bekommen haben und im halblegalen Raum schweben, holen sie sich die Lizenzen eben anderswo. Das sind zumeist Orte, an denen die wenigsten Groschen an den Staat abzutreten sind.

Insgesamt wird die komplette Branche, trotz aller Widrigkeiten und Lizenzstreitigkeiten, weiterhin wachsen. Das lukrative Wettgeschäft läuft dafür einfach viel zu gut, so dass auch immer mehr ausländische Firmen den deutschen Glücksspielmarkt erkennen und neue Sparten aufmachen. So werden immer mehr Anbieter im Geschäft kommen und gehen. Neue Werbestrategien werden erschlossen und die Umsatzsteigerungen werden vorerst kein Ende sehen. Spannend bleibt abzuwarten, was der neue Glücksspieländerungsstaatsvertrag so mit sich bringen wird. Wenn er 2021 dann endlich durchgewinkt werden sollte. Die großen Anbieter jedenfalls haben sich schon lange in Stellung gebracht und die Sportwettenbranche boomt wie noch nie.

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