Zur Person: Albrecht Schmitt-Fleckenstein
Albrecht Schmitt-Fleckenstein war lange Zeit für Sat.1 tätig, baute unter anderem in den 90ern die «ran»-Redaktion mit auf - und leitete die Sportredaktion bis 2006 mit Schwerpunkt Champions League Fußball. Dann wechselte er für ein Jahr zum Pay-TV-Sender Arena, wo er ebenfalls Pionierarbeit vollbrachte, in dem er eine neue Mannschaft zur Übertragung der Fußball-Bundesliga aufbaute. Inzwischen ist er Chef der Firma thinXpool, die sich auf die Entwicklung und Umsetzung von redaktionellen Konzepten im Sportbereich spezialisiert hat. Mit ihr arbeitete er an der Etablierung der «Servus Hockey Night» von 2012 bis 2016 und jüngst an der Basketball Bundesliga bei der Telekom. Seit Herbst 2016 setzt er für die Telekom die DEL-Übertragungen um.Natürlich. Bezogen auf die Deutsche Eishockey Liga haben wir 52 Hauptrunden-Spiele hinter uns. Das ist viel Holz. Da freut man sich natürlich auf das Finale, besonders wenn es Duelle der Kategorie Klein gegen Groß bereithält. Da ist in diesem Jahr viel drin. Bei uns in der Redaktion wird dann auch mal um nen Fünfer gezockt, wer weiterkommt. Patrick Ehelechner, bei uns Kommentator und Experte, früher selbst Torwart, arbeitet ja regelmässig bei uns und nicht selten tippen dann mal alle gegen Ehelechner. Oder man guckt sich nochmal das Spiel Straubing gegen Berlin von damals an, dass in die dritte Overtime ging und strickt dann noch ein Stück daraus.
Sie stehen ja immer für viele Ideen und Innovationen in der Sportberichterstattung. Was schwirrt Ihnen gerade im Kopf herum?
Früher hatten wir ja eine andere Basis. Als ich für Sat.1 gearbeitet habe oder für Servus TV, da haben wir immer ein Spiel von vielen übertragen. Jetzt ist es unsere Aufgabe, wirklich alles sauber abzudecken. Das hat Priorität. Natürlich haben wir jetzt bei den Play-Offs ein oder zwei Kameras mehr im Stadion. Patrick Ehelechner wird einen Serien-Check machen und darin seine klare Einschätzung abgeben: Augsburg und Düsseldorf im Vergleich, Augsburg kommt zu X Prozent weiter. Wir wollen hier meinungsstärker werden und die Fans zur Debatte einladen. Sie sollen entweder sagen: Der Ehelechner hat ja keine Ahnung oder „Endlich sagt es mal jemand.“ Wir haben mit Jochen Hecht im Laufe der Saison einen sehr meinungsstarken Experten hinzugewonnen. Und wir haben weitere Fachleute, die vor nicht langer Zeit noch selbst gespielt haben: Herberts Vasiljevs, Andi Renz oder Sven Felski, die solche Do-or-Die-Spiele natürlich besonders einschätzen können.
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Eishockey ist ein komplizierter Sport, weshalb der Mehrwert eines Experten extrem hoch ist. Ehemalige Spieler, die selbst viel erlebt haben und noch nah dran sind, sind daher wichtig für die Übertragungsqualität.
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Albrecht Schmitt-Fleckenstein, Chef von thinXpool, die die Sportübertragungen für Magenta Sport umsetzt
Zuerst einmal: Ich habe eigentlich mein Leben lang gesagt, dass Experten in Sportsendungen gar nicht so wichtig sind. Man braucht nicht für alles einen Experten. Auch im Eishockey machen wir das ja nicht bei allen Spielen, aber eben häufiger als anderswo. Rick Goldmann hat hier eine echte Benchmark gesetzt, wenn Sie mich fragen. Eishockey ist ein komplizierter Sport, weshalb der Mehrwert eines Experten extrem hoch ist. Ehemalige Spieler, die selbst viel erlebt haben und noch nah dran sind, sind daher wichtig für die Übertragungsqualität. Sie bekommen auch von ihren Vereinen nochmal andere Infos – man kennt sich eben. Andererseits müssen es nicht zwingend große Namen sein. In der BBL arbeitet Alex Vogel für uns; seinen Namen muss mancher vielleicht auch googeln. Und dennoch hat er ein unglaublich großes Wissen und kommt bei unseren Zuschauern enorm gut an. Bei unserem „Courtside-Spiel“ am späten Sonntagnachmittag um 17:45 Uhr, wo wir immer Experten einbinden, erwarten unsere Zuschauer logischerweise nicht permanent Dirk Nowitzki, sondern einfach „nur“ einen Fachmann, der Dinge verständlich näher bringt.
Wie schwer ist es denn, entsprechendes Fachpersonal zu finden?
Ziemlich schwer. Eishockey ist kein Fußball. Und es geht da ja nicht nur um diese Sportarten. Vor fünf oder sieben Jahren wurde auch die HBL nicht komplett produziert. Die dritte Liga gab es auch nicht mit fast 400 Spielen pro Saison. Inzwischen läuft sogar die vierte Liga im Fernsehen. Alle Positionen, also auch Kameramänner, Regie, Redaktion, die enorm wichtige Stelle im Bereich Slomo, haben sich quasi vervierfacht. Nur: Entsprechendes Personal wächst einfach nicht auf den Bäumen. Es ist inzwischen so, dass man auf Grund der schlichten Masse oft nicht die Zeit hat, seinen Leuten ausführliches Feedback zu geben. Das ist immer noch eine unserer größten Herausforderungen.
Können sich dann junge Talente so entwickeln wie früher? Oder sterben die kantigen Typen wie Reif, Thurn und Taxis und Co dann aus, weil kein Nachwuchs kommt?
Es ist in jedem Fall eine Chance. Wenn ich ein Typ bin, dann hatte ich wohl nie größere Chancen genommen zu werden. Wer sich gut mit Handball auskennt, der soll sich einfach mal bei Sky bewerben. Es ist halt anders als früher. Vor 25 Jahren kam mal ein Fußballspiel im Fernsehen und dann zwei Wochen lang keines. Natürlich kann ich dann Reporter, Kommentatoren und Interviewer zwei Wochen lang intensiv auf diesen einen Einsatz vorbereiten. In der BBL z.B. kommentiert für uns seit dieser Saison Sebastian Ulrich. Das ist ein richtiger Typ. Aber er ist am Anfang. Bis seine Entwicklung als Sportreporter abgeschlossen ist, dauert das – wie bei allen – ewig und drei Tage.
Nicht vergessen dürfen wir auch, dass wir uns im Basketball und Eishockey immer noch in einer Art „Nische“ bewegen. Ich sehe und höre viele Bewerber, die gut kommentieren können. Aber Eishockey und Basketball sind schwierig zu begleiten – daran scheitert es teilweise.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Welche Innovationen sind im Eishockey auf TV-Seite denkbar? Wie steht Schmitt-Fleckenstein zur Debatte, mehr Eishockey im Ersten und dem ZDF zu zeigen. Und welche Pläne hat er mit seinen Sendergesichtern Bandermann, Lüdecke und Co?
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