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«The Fix»: Marcia Clark schreibt den OJ-Simpson-Prozess um

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Marcia Clark unterlag als Staatsanwältin vor über zwanzig Jahren im OJ-Simpson-Prozess. Mit dieser Serie will sie die Geschichte umschreiben. Ein schändlicher Versuch, die eigenen Fehler zu übertünchen.

Cast & Crew

Produktion: Mandeville Television und ABC Studios
Schöpfer: Marcia Clark, Elizabeth Craft und Sarah Fain
Darsteller: Robin Tunney, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Adam Rayner, Merrin Dungey, Breckin Meyer, Marc Blucas, Mouzam Makkar, etc.
Executive Producer: David Hobermann, Elizabeth Craft, Laurie Zaks, Marcia Clark, Sarah Fain und Todd Liebermann
Einem berühmten Schwarzen wird in Los Angeles der Prozess gemacht. Er soll seine weiße Partnerin umgebracht haben. Die Beweislast ist erdrückend, doch letzte Zweifel bestehen. Die Geschworenen sprechen ihn frei. Die Empörung ist groß.

Das klingt bekannt? Natürlich. Denn die Eröffnung von «The Fix» spielt kaum verklausuliert die letzten Züge des OJ-Simpson-Prozesses von 1995 nach. Nachdem Marcia Clark als Staatsanwältin das kaum zu vergeigende Verfahren so an die Wand gefahren hatte, dass am Schluss ein Freispruch stehen musste, zog sie damals die einzig tragbare Konsequenz, warf die Brocken hin und trat schleunigst von ihrer öffentlichen Funktion zurück.

Leider tingelt sie seitdem durch Talk-Shows, schreibt Bücher und nun auch eine ABC-Serie. «The Fix» ist gewissermaßen ihre schwülstige Rachefantasie: Nach dem Freispruch gegen den frauenschlagenden Schauspieler Sevvy Johnson (Adewale Akinnuoye-Agbaje) dauert es acht Jahre, bis er wieder eine Partnerin aus dem Weg räumt, die er zuvor bereits jahrelang vermöbelt hatte. Und endlich kann der Marcia-Clark-Verschnitt Maya Travis (Robin Tunney) neuen Lebensmut fassen: Diesmal kriegen wir ihn.

Schon nach wenigen Szenen ist im Piloten von «The Fix» die Revision in vollem Gange: Schuld am Freispruch sind nicht etwa die bescheuerten Ideen der Staatsanwälte gewesen, den Angeklagten ohne Not Beweisgegenstände anziehen zu lassen, oder einen rassistischen Polizisten, der in seiner Freizeit Nazi-Krimskrams sammelt, als Kronzeugen gegen einen Afroamerikaner in den Zeugenstand zu berufen. Nein, schuld sind substanzlose, aber im Insinuieren extrem effektive Taschenspielertricks der Gegenseite und eindrucksvolle Luftnummern von aufgeblasenen Anwälten, die sich The Wolf nennen lassen.

Von Selbstkritik und einer ernsthaften Reflexion der eigenen Fehler ist in dieser Serie keine Spur. Im Gegenteil: In geradezu propagandistischer Manier soll in einem radikalen Feldzug von Heuchelei und Heulerei das tatsächlich Geschehene korrigiert werden. Wenn schon Marcia Clark am Schluss nicht zu einer Verurteilung kam, dann wird es wenigstens Maya Travis gelingen.

Bei diesem hehren egomanischen Zweck ist es dann auch egal, dass mit dem Motiv eines niederträchtigen Schwarzen, der ständig weiße Frauen abschlachtet, ein historisch extrem aufgeladenes rassistisches Motiv bedient wird. Ebenso wenig schien zu stören, dass eine Besetzung der schwarzen Antagonistenfigur mit Adewale Akinnuoye-Agbaje, einem nigerianischstämmigen Briten, erschreckende Erinnerungen an das berühmte „Time“-Cover mit OJ Simpson im Umfeld des Prozesses weckt, auf dem seine Hautfarbe einige Töne dunkler retuschiert worden war, um ihn bedrohlicher aussehen zu lassen.

Das letzte Wort im Gerichtssaal hat der Richter. Das letzte Wort in der Öffentlichkeit will dagegen Marcia Clark haben, um jeden Preis. Das ist das Gegenteil der juristischen Zurückhaltung, die nicht nur in der angelsächsischen Welt eine grundsätzliche Anforderung an sämtliche Organe der Rechtspflege ist. Damit offenbart Clark ein für allemal, dass sie in einem Gerichtssaal nichts zu suchen hat. Denn für diesen populistisch-suggestiven Versuch ihrer eigenen öffentlichen Revision sollte sie sich als Juristin schämen.

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