Die Kino-Kritiker

«Friedhof der Kuscheltiere»: Damals war's gruseliger

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Es ist einer der großen Horrorklassiker aus der Feder von Stephen King, nun kommt die Neuauflage von «Friedhof der Kuscheltiere» in die Kinos. Erwartet uns ein ähnlich gelungenes Remake wie jenes zu «Es»?

«Friedhof der Kuscheltiere»

  • Start: 4. April 2019
  • Genre: Horror
  • Laufzeit: 98 Min.
  • FSK: 16
  • Kamera: Laurie Rose
  • Musik: Christopher Young
  • Buch: Jeff Buhler
  • Regie: Kevin Kölsch, Dennis Widmyer
  • Darsteller: Jason Clarke, Amy Seimetz, John Lithgow, Alyssa Brooke Levine, Jeté Laurence
  • OT: Pet Sematary (USA 2019)
Bei einem Budget von gerade einmal 35 Millionen US-Dollar spielte die Neuauflage des Schauerklassikers «Es» allein in den USA über 300 Millionen wieder ein. Selbst in einem eher horrormüden Land wie Deutschland erklomm Clown Pennywise am Startwochenende das Podest und verweilte dort so lange, dass es am Ende für den siebterfolgreichsten Film 2017 reichte – in den USA übrigens auch. Noch in diesem Jahr kommt mit «Es – Chapter II» der zweite Part des verfilmten, über 1500 Seiten starken Romans in die Kinos und schon jetzt können Fans die Veröffentlichung des ersten Trailers, der voraussichtlich zur Comic Con erscheinen wird, kaum erwarten. Zur Erinnerung: Die erste Filmvorschau zu «Es – Chapter I» wurde zum damaligen Zeitpunkt die erfolgreichste aller Zeiten. Schon während der Entstehungsphase von «Es» wurde bekannt, dass in den kommenden Jahren noch viele weitere King-Verfilmungen eine Rundumerneuerung erfahren sollen, von denen «Friedhof der Kuscheltiere» nun den Anfang macht. Der Horrorklassiker aus dem Jahr 1989 ist bis heute der vierterfolgreichste Film basierend auf einem King-Roman (hinter «Es», «The Green Mile» und «Shining»).

Diese Statistik könnte die «Pet Sematary»-Neuauflage ordentlich durcheinanderwirbeln, denn die Macher verfolgen mit ihrem Film einen ähnlichen Ansatz wie jene mit «Es» und schaffen einen Film, der der Vorlage gerecht wird und trotzdem eigene Impulse setzt. Dabei wird ihnen allerdings zum Verhängnis, dass die neuen Impulse ihren Film hier eher verwässern als bereichern und sie einige entscheidende Vorzüge des Originals hintenüberkippen lassen. Trotzdem ist ihr «Friedhof der Kuscheltiere» ganz klar auf der Höhe der Zeit und daher wohl vor allem für Nichtkenner des Originals interessant.

An einer viel befahrenen Straße...


Dr. Louis Creed (Jason Clarke), seine Frau Rachel (Amy Seimetz) und ihre beiden Kinder Gage und Ellie (Hugo Lavoie und Jeté Laurence) entfliehen der Großstadt für ein beschauliches Leben auf dem Land. Ganz in der Nähe ihres neuen Zuhauses und von dichtem Wald umgeben, befindet sich der unheimliche „Friedhof der Kuscheltiere“. Nach einem tragischen Zwischenfall bittet Louis seinen kauzigen Nachbarn Jud Crandall (John Lithgow) um Hilfe und löst damit ungewollt eine gefährliche Kettenreaktion aus, die etwas abgrundtief Böses freisetzt und das neu gewonnene Familienidyll bedroht. Schnell wird den Creeds klar, dass der Tod manchmal besser ist…

Wie schon der Titel des Originals ist auch jener zum Remake absichtlich falsch geschrieben: «Pet Sematary» (anstatt «Cemetery») prangt in großen schwarzen Lettern am Eingang des berüchtigten Kuscheltierfriedhofs – die Kinder haben ihn so genannt, erklärt der gutmütige Nachbar Jud der kleinen Ellie. Es ist eine von mehreren eins zu eins aus dem Achtzigerfilm entnommenen Momenten, in denen die Huldigung der Vorlage besonders durchscheint. Die Regisseure Kevin Kölsch und Dennis Widmyer (realisierten gemeinsam «Starry Eyes») gehen mit sichtbarem Respekt an die Materie heran und bemühen sich darum, diesen auch zu zeigen. Das Setting, die Atmosphäre, der Umgang mit den Figuren – zu Beginn unterwirft sich nichts davon dem zeitgemäßen Drang nach einem „schneller, höher, weiter“. Stattdessen übernimmt Drehbuchautor Jeff Buhler («Midnight Meat Train») die wichtigsten Eckpfeiler des Originals: Rachels Visionen von ihrer toten Schwester ebenso wie den seinen Lebensretter zu warnen versuchenden Unfallpatienten Victor Pascow (Obssa Ahmed), der Louis verzweifelt davon abhalten will, Katze und Kind später auf dem Kuscheltierfriedhof zu vergraben.

Auch der familiäre Background von Nachbar Jud wird hier zumindest kurz erläutert, während das schwierige Verhältnis zwischen Louis und seinen Schwiegereltern hier kaum eine Rolle spielt. Dieses hatte auf die Story im Originalfilm ohnehin nur wenig Einfluss.

Mehr Effekthascherei, aber auch mehr Zombiekatze


Da das Original mit 105 rund 15 Minuten länger dauerte, muss sich der «Friedhof der Kuscheltiere» aus dem Jahr 2019 allerdings doch irgendwie vom Original unterscheiden – und tatsächlich machen die Verantwortlichen in der Anfangsphase deutlich mehr Tempo als noch die Kollegin Mary Lambert. Das tut dem Film gut. Die hier aufgezeigten Momente der Familieninteraktion sind aussagekräftig genug, um in deutlich weniger Zeit eine ähnlich hohe emotionale Fallhöhe aufzubauen, wenn es schließlich nach knapp 60 Minuten zum alles entscheidenden Unfall kommt. Schon im Vorfeld wurde bekannt, dass die Neuauflage an dieser Stelle klar von der Vorlage abweichen würde: Anstatt des kleinen Gage ist es diesmal die Tochter, die dem Truck zum Opfer fällt. Das macht auf der einen Seite Sinn, schließlich lässt sich mit einem rachedurstigen Zombiemädchen in Ellies Alter viel mehr anstellen, als mit einem Kleinkind wie Gage.

Gleichzeitig war es aber gerade furchteinflößend, ein so kleines Kind (oder in einigen wenigen Szenen eine Kinderpuppe) mit einem Messer zu sehen, das im Blutrausch seine Mutter absticht. Wenngleich das Make-Up-Department sowohl bei der von den Toten wiederauferstandenen Ellie, als auch bei Unfallopfer Victor hervorragende Arbeit geleistet hat, ist das junge Mädchen hier weitaus weniger schaurig als ihr männliches Pendant von ’89 und wird stattdessen zu einem austauschbaren Horrorkind, von denen es im Genrekino zuletzt so einige gegeben hat. Immerhin: Fans des blutrünstigen Katers Church kommen beim Remake mehr auf ihre Kosten als noch beim Original. Nicht nur, weil das struppige Vieh hier selbst im Zombie-Modus verdammt echt aussieht, sondern auch, weil es hier einfach viel mehr Szenen gibt, in denen der Kater allen anderen die Show stiehlt.

Wo das Original damals noch ab 18 war und anschließend sogar eine ganze Zeit lang auf dem Index verweilte, präsentiert sich das Remake nun mit einem vergleichbaren Gewaltgrad, ohne deshalb ähnliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Die Sehgewohnheiten haben sich nun mal geändert und so kann Ellie auch in «Friedhof der Kuscheltiere 2019» im Close-Up die Achillessehne ihres Nachbarn durchtrennen, ohne dass sie dafür direkt auf dem Index landen wird. Dieser besonders schmerzhaften, ebenfalls aus dem Original übernommene Szene geht ein hübsches Spiel mit den Erwartungen des Zuschauers voraus. Mehrmals deuten Kevin Kölsch und Dennis Widmyer an, wieder bloß eins zu eins eine bekannte Szene zu wiederholen, nur um sie kurz darauf abzuwandeln und das Publikum mithilfe seiner Vorahnung an der Nase herumzuführen. Das ist charmant und smart zugleich – etwas, was sich von der Abwandlung einiger anderen bekannten Filmmotive nicht sagen lässt. Vor allem Rachels tote Schwester Zelda (Alyssa Brooke Levine) ist zwar immer noch mindestens genauso angsteinflößend, doch gleichzeitig nutzen die Macher sie vornehmlich für klassische Jumpscares.

Von denen hat der Film insgesamt zwar bemerkenswert wenig, dem eigentlich so ernsthaften Hintergrund der Figur wird diese Reduktion auf den bloßen Schockeffekt allerdings so gar nicht gerecht. Dasselbe gilt für das Unfallopfer Victor; im Original noch eine liebevoll um das Wohl ihres Retters bedachte Person, ist sie hier nur in sehr wenigen, oft überraschend reißerisch inszenierten Szenen zu sehen, aus denen sich das gute-Geist-Dasein gar nicht richtig erschließt. Am Ende geht’s dann doch wieder vor allem um den Schrecken und weniger um die Figuren.

Fazit


«Friedhof der Kuscheltiere» aus dem Jahr 2019 ist ein solides Remake des Achtzigerjahre-Horrorklassikers, das gerade in der ersten Hälfte überzeugt, zum Ende hin allerdings ein wenig nachlässt, wenn den Machern am schnellen Schock eher gelegen ist, als daran, die unheimliche Atmosphäre konsequent aufrechtzuerhalten.

«Friedhof der Kuscheltiere» ist ab dem 4. April bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.

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