Cast und Crew
- Regie: Richard Huber
- Drehbuch: Markus Busch
- Darsteller: Jörg Hartmann, Anna Schudt, Aylin Tezel, Rick Okon, Alex Brendemühl, Lisa Jopt, Doris Schretzmayer, Kartsen Mielke, Niklas Kohrt, Ulrich Friedrich Brandhoff
- Kamera: Robert Berghoff
- Kostüm: Elisabeth Kraus
- Schnitt: Knut Hake
- Musik: Dürbeck & Dohmen
Früh am Morgen im Krankenhaus: Die Internistin Dr. Gisela Mohnheim wird leblos im Ruheraum der Notaufnahme aufgefunden. Die Tote ist nur knapp bekleidet, ihr Kopf steckt in einer Plastiktüte. War es etwa Selbstmord? Diese These wird bei der Tatortuntersuchung schnell ausgeschlossen: Die Tür war von außen verschlossen – verdächtig! Aber keiner aus Mohnheims Kollegium will etwas gesehen haben. Und Zeit, um mit der Mordkommission zu reden, um so die Ermittlungen voranzutreiben, hat in der Klinik ohnehin niemand. Die Abteilung Mohnheims ist notorisch unterbesetzt, das gesamte Personal für die akuten Notfälle befindet sich im Dauereinsatz. Chefarzt Dr. Dr. Andreas Norstädter stellt sich allem Stress zum Trotz vor seine Leute: Er ist felsenfest davon überzeugt, dass niemand aus dem Klinikpersonal etwas mit dem Tod der Kollegin zu tun hat. Die Dortmunder Mordkommission hegt aber nach und nach immer größere Zweifel an dieser Behauptung …
- © WDR/Thomas Kost
Das Drehbuch aus der Feder von Markus Busch («Die Räuberin») doppelt clever die Situation im Krankenhaus und die in der Mordkommission: So, wie das Hospital als Ort der ständigen Anspannung und der bemühten, aber teils auch dysfunktionalen Kollegialität gezeichnet wird, skizziert Busch auch das Team rund um Peter Faber (Jörg Hartmann), Martina Bönisch (Anna Schudt), Nora Dalay (Aylin Tezel) und Jan Pawlak (Rick Okon) als dauergestresst und unstet darin, wie sehr sich die Ermittler aufeinander verlassen können – in der einen Minute helfen sie einander, in der nächsten bleibt erschöpfungsbedingt jegliches Mitgefühl und Mitdenken aus.
Diesbezüglich stechen dieses Mal besonders Jörg Hartmann und Aylin Tezel hervor. Tezels Nora Dalay ist von ihrem in «Tatort – Zorn» begangenen Versuch, alleine eine Bombe zu entschärfen, nervlich brutal mitgenommen, will aber ihrem Kollegium gegenüber keine Schwäche zeigen – bis ein Selbstversuch mit einer Plastiktüte alle Schleusen öffnet. Die den «Tatort» bald verlassende Tezel spielt diese Szene und deren Nachbeben mitreißend, so wie Hartmann auftrumpft, wenn er die Verzweiflung und Gewissensbisse seiner Rolle nach außen kehrt.
Auf Skriptseite dreht das subtile Psychoduell zwischen Peter Faber und dem Tatverdächtigen nach unter die Haut gehenden, wortkargen Szenen jedoch im letzten Viertel des Films allerdings so massiv auf, dass der ruhige, glaubwürdige Krimi schlagartig seine emotionale, charakterbezogene Plausbilität verliert – da wäre weniger deutlich mehr gewesen. Dass der Krankenhausnotstand ebenfalls aus dem Fokus gleitet, ist derweil erzählerisch stimmig: Der Fall öffnet die Tür zur Lage unserer Hauptfiguren.
Regisseur Richard Huber («Zarah – Wilde Jahre») inszeniert den Fall zunächst unaufdringlich, wie ein austauschbares TV-Drama, in unauffälliger Farbpalette. Aber nach und nach schärft er den Stil, schneidet dem Publikum die Luft zu: Der Sound wird greller, die Farben dunkler und giftiger, die Einstellungsgrößen rücken dem Ensemble näher. So unterstreicht er die zunehmend kaputtere Befindsamkeit seiner Hauptfiguren, er steigt stilistisch in das titelgebende Inferno ab. Was auch immer die Politik davon hält: Sehenswert ist es durchaus.
«Tatort: Inferno» ist am 14. April 2019 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
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