Cast & Crew
Vor der Kamera:Sylvie Testud als Hélène
Juliane Köhler als Silke
Wolfram Koch als Jürgen
Diamand Bou Abboud als Meyrem
Maxim Khalil als Hamid
Theo Alexander als Alexandros
Michalis Ikonomou als Yiannis
Hinter der Kamera:
Produktion: Lupa Film, Atlantique Productions und Port au Prince Film
Headautor: Constantin Lieb
Entwickelt von Edward Berger, Nele Mueller-Stöfen und Marianne Wendt
nach einer Idee von Jano ben Chaabane und Felix Randau
Drehbuch: Dominik Moll, Constantin Lieb, Edward Berger, Pierre Linhart, Felix von Boehm, Nele Mueller-Stöfen und Laurent Mercier
Regie: Dominik Moll
Kamera: Patrick Ghiringhelli
Produzenten: Felix von Boehm, Jimmy Desmarais, Jan Krüger und Olivier Bibas
Unter den Boat People, die Silke und Jürgen damals beobachteten, wie sie in entwürdigender Weise in Griechenland ankommen mussten, war auch ein Brüderpaar aus Nigeria, das daraufhin monatelang im stockenden Asylverfahren feststeckte, bis es dem Älteren von ihnen reichte: Eines Nachts brachen die Beiden in einen Container ein, stahlen Tablets und Laptops, legten Feuer und machten sich davon. Der Ältere kam bald darauf bei einem Handgemenge um, der Jüngere schloss sich zwielichtigen Schleusern an, um mit ihnen den Weg nach England anzutreten.
Das Contianerheim in Athen, in dem er zuvor gehaust hatte, wird von der Französin Hélène (Sylvie Testud) gemanagt. Ihre Ambition, aus der Flüchtlingsunterbringung einen profitablen Geschäftszweig zu machen und dabei gleichzeitig den dort betreuten Menschen ernsthafte Hilfs- und Unterstützungangebote zuteilwerden zu lassen, scheint aufzugehen: Wenn es weiter so läuft, kann sie auf zahlreiche Aufträge aus Brüssel hoffen. Wären da nur nicht der ausgebrannte Container und die zwei verschwundenen Afrikaner…
Die Sicherheitsmitarbeiter des Camps sind derweil ein Ausfluss der griechischen Wirtschaftsmalaise. Nett und willig, aber heillos überfordert und mangelhaft geschult, wollen sie um jeden Preis ihre Jobs behalten. Dass aufgrund ihrer fehlenden Ausbildung und ihres spontanen Übereifers (wenn auch ohne wirkliche ethische Schuld) ein Mensch zu Tode gekommen ist, macht ihnen erst zu schaffen, nachdem die Leiche sicher beseitigt wurde, damit niemand dumme Fragen stellen kann.
Währenddessen kommt eine Familie aus der oberen syrischen Mittelschicht in Paris an. Der Mann ist Arzt und schanzt einem befreundeten Journalisten sensible Informationen zu. Als er eines Tages vor einem Supermarkt von einem anderen Syrer zusammengeschlagen wird, ist das eher für seine Tochter und seine Frau ein Schock – und als die sich mit einer netten Syrerin anfreundet, läuten bei ihm alle Alarmglocken. Denn die Arme des Assad-Regimes reichen bis nach Frankreich.
Unschwer zu erkennen, steckt hinter «Eden» die Ambition, ein wirkliches Panoptikum der europäischen Flüchtlingstragödie abzubilden und so ziemlich jede Sichtweise, jedes Schicksal und jede Erfahrung darin einfließen zu lassen. Die sechsteilige Mini-Serie zeigt die Unmenschlichkeiten, wenn verzweifelte Afrikaner und Araber in Vans steigen und tagelang durch die Balkanhitze gekarrt werden, um der Perspektivlosigkeit des Lagerlebens zu entgehen, genauso wie die Hoffnung, wenn ein aufrichtiges deutsches Ehepaar einen intimen Teil seines Lebens beizusteuern bereit ist, um dort zu helfen, wo es eben kann.
- © SWR/Pierre Meursaut
Florian (Bruno Alexander) erblickt als erstes das Flüchtlingsboot, das es bis an die griechische Küste geschafft hat.
Doch obwohl all diese zuerst weitgehend getrennt erzählten Geschichten natürlich irgendwann in einem Focus-Punkt zusammenlaufen, fehlt dann nicht nur die intellektuell zufriedenstellende Reflexion darüber, dass alles mit allem zusammenhängt (Man denke an «L. A. Crash» oder «The Hours»); nein, es fehlt gar über weite Strecken der narrative Kit – irgendein Motiv, irgendeine kohärente erzählerische oder intellektuelle Idee, – der diese Miniserie dramaturgisch zusammenhalten könnte.
In der Realität ist jede Flüchtlings- und Helferbiographie anders, alle Schicksale unterscheiden sich, und zwar nicht nur in Nuancen. Doch wenn man, obschon in geschlagenen 270 Minuten, die ganze europäische Flüchtlingskrise der letzten Jahre abbilden will, um dabei sowohl die Geschichte einer aufnahmewilligen deutschen Familie als auch die einer syrischen Oberschichtsfamilie, die von afrikanischen Armutflüchtlingen und dann noch die des administrativen Flüchtlingsbetriebs zu erzählen, geht das nicht ohne den Rückgriff auf das bekannte Motive, das betont Universelle, und leider auch das Klischee.
Und so ist diese Miniserie überall und nirgends: Schon in der ersten Folge geht es nach Chios, nach Athen, nach Mannheim, Frankfurt, Beirut, Brüssel und Paris. An keinem dieser Orte verweilen wir lange, und kaum eine Figur lernen wir wirklich als Charakter kennen, sondern nur als Synekdoche für das, was sie dramaturgisch repräsentieren soll: Hélène ist die wohlwollende Technokratin, die im Brüsseler Behördendschungel ihre Werte durchmanövrieren muss, Silke und Jürgen sind zwei sympathische Deutsche mit noch dazu quintessentiell deutschen Namen, das nigerianische Brüderpaar bleibt in seiner Opferrolle, in der es von der distanzierten Bürokratie und den Unmenschlichkeiten der Schleuser in Vans gepresst und im Niemandsland stehen gelassen wird, während weltläufigen Flüchtlingen aus Syrien ein neues Leben, wenn auch mit allerlei schweren Fallstricken und Widrigkeiten, offensteht. «Eden» will zu viel: überall sein, alles kommentieren, jeden Blickwinkel bespielen. Wohl genau deshalb bleibt die Miniserie erwartbar, künstlerisch unausgereift und emotional nur auf oberflächlicher Ebene berührend.
Arte zeigt die sechs Folgen von «Eden» jeweils in Dreichfachfolgen am Donnerstag, den 2. Mai und am Donnerstag, den 9. Mai, jeweils ab 20.15 Uhr. Das Erste zeigt «Eden» in derselben Programmierung am Mittwoch, den 8. Mai und Mittwoch, den 15. Mai, jeweils ab 20.15 Uhr.
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