Hingeschaut

«Sing meinen Song»: Achtung, die Ödnis droht!

von   |  8 Kommentare

Nach der deutlichen Abwärtstendenz im letzten Jahr muss die sechste Staffel des «Tauschkonzerts» diesmal wieder liefern - für VOX aber kein Grund, aktionistisch am Format herumzuschrauben. Die Auftaktfolge lässt jedoch Zweifel aufkommen, ob die neueste Musikergruppe das Zuschauerinteresse in den kommenden Wochen wird reaktivieren können.

Staffelquoten «Sing meinen Song»

  • S1: 1,94 Mio. (6,6% / 10,4%)
  • S2: 2,15 Mio. (7,5% / 12,5%)
  • S3: 2,09 Mio. (6,8% / 11,2%)
  • S4: 2,15 Mio. (7,6% / 14,5%)
  • S5: 1,50 Mio. (5,4% / 9,2%)
Durchschnittliche Werte aller Folgen (mit Duette-Ausgabe, aber ohne Specials und Weihnachtskonzert).
Hinter «Sing meinen Song - Das Tauschkonzert» liegen zwei Jahrgänge, die aus Quotensicht kaum unterschiedlicher hätten laufen können: Während 2017 noch reihenweise neue Rekorde aufgestellt worden waren und das Format unterm Strich zu einer der erfolgreichsten Show-Produktionen in der Sendergeschichte avancierte, musste man sich im Vorjahr nach einem guten Start schnell mit alles in allem enttäuschenden Werten im einstelligen Marktanteilsbereich begnügen. Die abschließende Duette-Episode sowie das traditionelle Weihnachtsspecial im November stellten mit sogar klar unterdurchschnittlichen Resultaten von jeweils nur rund sechs Prozent Zielgruppen-Marktanteil noch deutlicher unter Beweis, dass die Fans der Sendung mit der fünften Staffel ziemlich fremdelten. Und so stellte sich im Vorfeld der sechsten Runde die Frage, wie die Verantwortlichen von Sender und Produktion auf die ohne jede Frage enttäuschende 2018er-Runde reagieren würden.

Die Antwort darauf lässt sich bereits nach Sichtung der ersten Episode mit relativer Gewissheit ziemlich trocken formulieren: Gar nicht - zumindest nicht in Form nennenswerter konzeptioneller Modifikationen. Auch 2019 fliegen wieder sieben Künstler nach Südafrika, um in beschaulicher und gemütlicher Runde gemeinsam zu musizieren und über Musik sowie das Musikerdasein zu plaudern. Diese konservative Herangehensweise kann den Machern in den kommenden Wochen noch auf die Füße fallen, dürfte aber für jeden in den fünf Vorjahren einigermaßen regen und interessierten Betrachter die einzig logische Herangehensweise sein: Es war nicht das Konzept, was zuletzt unter der Moderation von Mark Forster nicht funktioniert hat, sondern die Gruppe um Forster - wodurch man sich der immensen Leistung der vorherigen vier Staffeln umso deutlicher bewusst wurde, wo es jeweils gut bis hervorragend gelang, musikalische Vielfalt mit Eintracht auf persönlicher Ebene zu vereinen.

Denn tatsächlich wohnt «Sing meinen Song» eine Grundidee inne, die in Anbetracht des vornehmlich nach simplen, oft mutlosen Selbstläufern gierenden Handelns der großen Privatsender in den 2010er-Jahren erstaunlich fragil ist - und bei den wiederum für die heutige Senderlandschaft so gewöhnlichen blutleeren Reproduktionsversuchen, die aus dem Erfolg dieses Formats resultierten, stets mehr oder minder kläglich scheiterten. Die Gruppenzusammenstellung muss so stimmig sein, dass sie bestenfalls musikalisch vielfältige Künstler beinhaltet, die live gut performen können, kreativ genug sind, um weder die Originale noch sich selbst allzu oft zu reproduzieren und ausreichend unterhaltsam bzw. extrovertiert sind, um auf der Couch am Lagerfeuer auch Show-Aspekten zu genügen. Nach den Erfolgen der ersten Jahre wurde die Erfüllung all dieser Kriterien nahezu als Selbstläufer postuliert, bevor sich die Fragilität dieser sehr puren, reduzierten Sendung zuletzt umso deutlicher zeigte.


Künstlerauswahl: Comeback des "Underdogs" - und des Jugendwahns?


Top-Reichweiten der Vorjahre

  1. Nena (2,96 Mio.)
  2. Michael Patrick Kelly (2,72 Mio.)
  3. Hartmut Engler (Pur) (2,58 Mio.)
  4. Andreas Gabalier (2,51 Mio.)
Ausgaben mit mehr als zweieinhalb Millionen Zuschauern.
Die zentrale Herausforderung bestand also im Vorfeld daraus, wieder ein stimmiges Sextett rund um den neuen Gastgeber Michael Patrick Kelly ausfindig zu machen, das auf und neben der Bühne keinen solch müden Eindruck hinterlässt wie jenes aus dem Vorjahr. Ob das nun Milow, Wincent Weiss, Johannes Oerding, Alvaro Soler, Jeanette Biedermann und Jennifer Haben (Frontfrau der Symphonic-Metalband Beyond The Black) leisten können, wird sich vor allem in puncto Eigendynamik und Chemie untereinander im Laufe der Staffel zeigen. Einige Dinge sind allerdings in Sachen Künstlerauswahl auffällig:
1. Bis auf eine Ausnahme setzt sich das Feld in diesem Jahr aus ziemlich bekannten Acts zusammen, während mit Jennifer Haben erstmals seit Staffel drei wieder ein klassischer "Underdog" dabei ist, der fernab der Sparte noch überhaupt keine nennenswerte Bekanntheit besitzt.
2. Die musikalische Vielfalt ist eher überschaubar. Bis auf Haben lassen sich sämtliche Künstler dem Pop-Genre zuordnen, die Differenzierung erfolgt lediglich in zweiter Instanz: Soler verkörpert erstmals die aktuell wieder ziemlich erfolgreiche Latin-Pop-Schiene, Milow und Oerding sind unterschiedlichen Nuancen des Singer-Songwriter-Daseins zuzuordnen (mit etwas gutem Willen auch Wincent Weiss), Jeanette hat mal sowas ähnliches wie Rock gemacht und Kelly wird man ebenso wie Milow und Soler den Begriff "international" um die Ohren hauen. Aber unterm Strich bleibt es bei fast allen unterm Strich bei relativ leichtem, netten Radio-Dudelpop, was in Sachen Vielfalt problematisch sein könnte.
3. Die Gruppe ist diesmal ziemlich jung geraten. Bis auf den Gastgeber selbst hat keiner der Acts irgendeine nennenswerte Relevanz vor den 2000ern vorzuweisen, manche waren bei der Jahrtausendwende noch eher auf dem Spielplatz als im Tonstudio unterwegs und einzig Jeanette hat - etwas despektierlich gesprochen - ihre besten Zeiten schon hinter sich. Das erstaunt, nachdem in den vergangenen Jahren vornehmlich etwas reifere Künstler wie Nena, Moses Pelham, die Prinzen oder Hartmut Engler die Quoten in die Höhe getrieben hatten. Auch Schlager (im engeren oder weiteren Sinne) war in der jüngeren Vergangenheit ein recht verlässlicher Quotengarant für VOX-Musikformate, wird diesmal jedoch überhaupt nicht bedient.


Eindrücke der Auftaktfolge: Schüchternes Herantasten mit netter Musik


Songliste der ersten Folge

  • Musik sein – Milow
  • An Wunder – Alvaro Soler
  • Hier mit dir – Johannes Oerding
  • (1993 - Wincent Weiss)
  • Pläne – Jennifer Haben
  • Ich tanze leise – Michael Patrick Kelly
  • Feuerwerk – Jeanette Biedermann
Reihenfolge entspricht der Auftrittsreihenfolge.
Den Auftakt macht in diesem Jahr Pop-Bubi Wincent Weiss, was insofern keine allzu überraschende Wahl ist, dass in den beiden Vorjahren mit Mark Forster und Johannes Strate ähnliche Musikertypen die Stars der ersten Abende waren: Alle drei sind im aktuellen Dudelfunk omnipräsente Namen, deren Musik unspeziell genug ist, um leicht in alle möglichen Richtungen "formbar" zu sein, ohne die restlichen Künstler allzu sehr zu fordern. Weiss verkörpert wie seine beiden Vorgänger das deutsche Zeitgeist-"Menschen Leben Tanzen Welt"-Popbusiness in Reinkultur und ist überdies noch ein dankbarer Talkgast für den solide startenden Kelly, da er sich auszudrücken vermag, «Sing meinen Song»-typisch zu keiner Zeit aneckt, sich vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas zu sehr in langen Monologen verliert.

Letzteres aber ist weniger Weiss selbst anzulasten als mehr der Tatsache geschuldet, dass die restlichen fünf Musiker fernab ihrer eigenen Auftritte nun nicht gerade übermäßig engagiert sind, Diskussionen zu beginnen oder allzu viele eigene Akzente zu setzen. Die Gruppe wirkt auf Anhieb harmonisch, aber das wirkte jene aus dem Vorjahr auch - sie liebte nur mehrheitlich die bedächtige Stille so sehr, dass auf der Couch kaum etwas passierte. Und in diese Richtung tendiert die diesjährige Riege auch wieder. Das muss beileibe noch nicht heißen, dass ein vergleichbar laues Lüftchen durch Südafrika wehen muss wie zuletzt, immerhin entwickeln sich wahrhaftige zwischenmenschliche Beziehungen ja auch eher selten schon beim ersten Aufeinandertreffen. Aber von einem Topstart mit großem Entertainment-Feuerwerk ist man zum Jahresauftakt doch noch ein gutes Stück entfernt.

Auf welchen Künstler der kommenden Wochen freut ihr euch am meisten?
Alvaro Soler
14,1%
Milow
13,0%
Johannes Oerding
21,7%
Jeanette Biedermann
36,1%
Jennifer Haben
15,2%


Und musikalisch? Nunja, da wirken die ersten Gehversuche im Rahmen des Formats auch eher wie die erste devote Kontaktaufnahme der Musiker an das Konzept, die ziemlich genau das verkörpern, was Milow in einem Off-Kommentar als persönlichen Worst Case deklariert: Hübsche Hintergrundmusik, die nicht richtig gut und nicht richtig schlecht ist. Er selbst hört in Weiss' erstem großen Hit "Musik sein" die Vibes eines Bruce Springsteen oder Elton John heraus und versucht sich an einer deutsch-englischen Version des Songs. Joar, ist okay. Solers Reggae-Interpretation von "An Wunder" bleibt vergleichbar blass wie der Deutsch-Spanier auf der Couch, Oerding zeigt dem Star des Abends auf, wie tonale deutsche Gefühligkeit in Perfektion klingt, bleibt dabei aber sehr nah am Original. Etwas emotionaler wird es in der zweiten Hälfte der Folge, als sich Weiss selbst traut, in seiner eigenen Performance privater und haltungsintensiver zu werden als in seinen bisherigen Hits, die auf der Couch in Leslie-Clio-Memorial-Silence verharrende Jennifer Haben bringt etwas Metal-Kitsch in die Primetime und Kelly singt einen unbekannten Weiss-Titel über einen suizidalen Bekannten, bevor schließlich Jeanette Biedermann den Abend launig abrundet.

Das ist alles in allem schon okay, haut allerdings bei weitem nicht ausreichend von den Socken, dass man am Ende der netto gut 90-minütigen musikalischen Reise durch das bisherige Werk des 26-Jährigen die Begierde auf die nächste Woche kaum im Zaum halten kann. Oder anders gesagt: Da muss eigentlich noch mehr kommen! Gegen ein weitgehend harmloses Dienstagabend-Programm der Konkurrenz dürfte der Auftaktfolge ein hohes Interesse gewiss sein, für den Erfolg über acht Wochen hinweg bleibt hingegen zu hoffen, dass die Gruppe in den kommenden Wochen ihre Schüchternheit ablegt und für mehr schöne Musikabende sorgt als zuletzt.

VOX zeigt «Sing meinen Song - Das Tauschkonzert» ab sofort wieder dienstags um 20:15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/109115
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Es gibt 8 Kommentare zum Artikel
Kingsdale
07.05.2019 11:53 Uhr 1
Frage mich sowieso warum man für solch ein Format unbedingt nach Südafrika reisen muss? Hat VOX zu viel Geld, muss man die Künstler erst mit schönen Urlaub locken oder warum? Solch ein Format könnte man Problemlos in einer schönen Lokation auch hier drehen können. Daher ist das Reisen dorthin unnötig Geldausgabe die nichts zu dem Vormat beitragen kann.



Und mal kurz etwas an den Schreiber des Artikels Manuel Nunez Sanchez. Ist ja alles schön und gut, was du schreibst, aber liesst du dir das selber nochmal durch? Willst du dir oder anderen was beweisen? Schon in den ersten beiden Abschnitten so mit Fremdwörter um sich zu schmeißen macht den Artikel nicht interessant, sondern zeigt einen eher, das man sich Gedanken um den Schreiber macht (der wohl irgendwie herausragen will und zeigen will, wie Klug er doch ist) als um den Inhalt des Artikels. Das nervt!
Ja-Sager
07.05.2019 13:47 Uhr 2
"Show, avancieren, Weihnachtsspecial, Resultate, konzeptionelle Modifikationen" - die Fremdwörter der ersten beiden Abschnitte...sorry, aber da kann der Author (also der Verfasser der Zeilen) doch nichts dafür, wenn jemand selbst mit den einfachsten und gebräuchlichsten Fremdwörtern nichts anfangen kann....QM gibt es eben noch nicht in einfachem Deutsch.



Und was hast du gegen Südafrika? Ich wäre mir hierbei nicht mal unbedingt sicher, ob so ein Dreh nicht vielleicht sogar günstiger ist, als eine große Show (da isses wieder, das Fremdwort) Studioproduktion. Denn was die Künstler angeht - selbst nach Köln oder Berlin müsste man Künstler und ihre Entourage (Kreis von Personen, die jemanden zu begleiten pflegen) erstmal einfliegen lassen und ihnen dann sündteure Hotelzimmer für die Zeit des Aufenthalts zur Verfügung stellen.



Und völlig egal, wie teuer das ist, kann einem das auch sein....oder wäre es dir lieber, wenn RTL seine Kohle auf dem Festgeldkonto verschimmeln lässt, anstatt es in Programminhalte zu investieren? Geld, dass nicht von dir kommt, sondern durch Werbeeinnahmen und Gedöns generiert wird...
Kingsdale
07.05.2019 17:06 Uhr 3
Du hast nichts verstanden und träumst in deinen eigenen Sphären. Schon dein Name sagt alles aus! Jeder weitere Kommentar wäre reine Zeitverschwendung!
Kingsdale
07.05.2019 17:06 Uhr 4
Du hast nichts verstanden und träumst in deinen eigenen Sphären. Schon dein Name sagt alles aus! Jeder weitere Kommentar wäre reine Zeitverschwendung!
elmi2
07.05.2019 17:25 Uhr 5
Zur Sendung: Ich habe bisher jede einzelne Folge jeder Staffel geschaut, aber noch nie hat mich die Musiker-Auswahl schon im Vorfeld so gelangweilt.... der Interessanteste ist noch Paddy Kelly, der aber ja auch schon mal dabei war --- es fehlt einfach der "Wiedererkennungsfaktor" der bisherigen Staffeln, wo man bei Pur, Nena, BAP oder eben auch den Kellys eben jeden Song kannte und auf die Umsetzung gespannt war. Bei Oerding, Weiss etc. kenn ich nicht mal die Hälfte der Songs (und das sind ja schon die bekannteren Namen....).

Noch zu den Kommentaren: Wer in einem einzigen Kommentar dermaßen viele Fehler macht ("liesst", "Klug", "mit schönen Urlaub", "Vormat", "könnte man können", "Problemlos") ---- der beweist selbst, dass er erstens nicht nur mit Fremdwörtern, sondern schon mit normalem Deutsch überfordert ist, und zweitens dass er seine eigenen Posts auch nicht nochmal "liesst"... Ich zitiere: "Das nervt".... (Wer im Glashaus sitzt, sollte sich eben nicht nackig machen...)
anna.groß
07.05.2019 18:42 Uhr 6
Haha da hat sich aber einer fett blamiert, selbst keinen graden Satz schreiben können, aber andere kritisieren ... nützt auch nichts, wenn du jetzt alles schnell verbesserst - Idiot!
Neo
07.05.2019 19:33 Uhr 7
Willkommen im Internetz 2019
Andelko
08.05.2019 05:39 Uhr 8
Also mir hat der Auftakt sehr gut gefallen. Paddy ist ein super angenehmer Moderator. Sänger sowieso. Und nach dem was man so liest im Netz geht es vielen ganz genau so. Die Quoten dürften gut ausfallen

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