Popcorn & Rollenwechsel

«Aladdin» fliegt nach Berlin, und unser Kolumnist ebenso

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Der wunderbare Star aus der Wüste war zum Greifen nah! Führt ein Gespräch, welch ein Tag! Applaus, Paukenschlag: Ein Interviewtag, wie ihn unser Kolumnist gerne mag!

Disneys großes Nostalgiefest geht weiter: Nach Kenneth Branaghs charmanter «Cinderella»-Neuverfilmung, Jon Favreaus abenteuerlichem «The Jungle Book», David Lowerys sanftmütigem «Elliot, der Drache» und Bill Condons aufwändigem «Die Schöne und das Biest»-Realfilmmusical sowie Tim Burtons erstaunlich selbstkritischem «Dumbo» steht wieder eine Disney-Neuverfilmung auf der Matte. Und erstmals wird ein Zeichentrickfilm neu adaptiert, den ich als Kind während der Uraufführung im Kino gesehen habe: Ron Clements' & John Muskers Meisterwerk «Aladdin». Ob «Sherlock Holmes»-Regisseur Guy Ritchie dem farbprächtigen, romantischen sowie urkomischen Zeichentrickabenteuermusical gerecht wird oder es in seiner Realfilmadaption vermurkst, dürfen wir an dieser Stelle leider noch nicht einschätzen – Disney hat ein Embargo verhängt, das erst kurz vor dem deutschen Kinostart endet.

Trotzdem können wir schon jetzt auf den Film eingehen, denn im Fahrwasser der «Aladdin»-Galapremiere in Berlin haben Naomi Scott und Mena Massoud, die im neuen Film Prinzessin Jasmin respektive den Titelhelden spielen, sowie Komponist Alan Menken Interviews gegeben. Somit hat sich für das kleine Licht von einem Schreiberling, das diese Zeilen verfasst, ein lang gehegter Traum erfüllt: Leute! Alan Menken! Der Alan Menken. Der, der die unvergesslichen Melodien aus «Arielle, die Meerjungfrau», «Die Schöne und das Biest», «Aladdin», «Pocahontas», «Der Glöckner von Notre Dame», «Hercules», «Verwünscht» und «Rapunzel – Neu verföhnt» komponiert hat! Dafür steht man dann auch mal um 3 Uhr nachts auf, noch dazu an einem Samstag, um die Reise nach Berlin auf sich zu nehmen. So eine Gelegenheit will man nicht ausschlagen, nur weil sie eine strapaziöse Reise mit sich bringt.

Gelohnt hat sich das frühe Aufstehen auf jeden Fall. Denn Alan Menken ist nicht nur der Komponist hinter einigen der denkwürdigsten Liedern der Disney-, ach, der Filmgeschichte generell, sondern obendrein ein wunderbar unkomplizierter Interviewpartner, der mit seinen acht Academy Awards in seiner Vita offenbar keine Notwendigkeit mehr verspürt, irgendwelche geschönten PR-Floskeln von sich zu geben. Stattdessen ist er charmant-geradlinig. Auf die Frage, was ihn immer wieder zum «Aladdin»-Stoff zurückführt (seine für den Zeichentrickfilm geleistete Arbeit adaptierte er unter anderem bereits für den Broadway und eine Themenparkshow), erklärt der 69-Jährige:

"Ich wäre völlig zufrieden damit gewesen, es auf dem Zeichentrickfilm beruhen zu lassen, auf ihn stolz zu sein, und zu neuen Musicals weiterzuziehen. Doch ich arbeite nun einmal für diesen Konzern namens The Walt Disney Company, und für ihn sind diese Filme künstlerische Marken, die er weiterverwertet." Mit einem bescheidenen Lächeln im Gesicht führt Menken weiter aus: "Im 17. Jahrhundert gab es Hofkomponisten … und, naja, ich bin Disneys Hofkomponist." Schulternzuckend setzt er fort: "Wenn die Aufgabe lautet, Musik für eine filmische Welt zu erschaffen, mit Liedern, die die Handlung vorantreiben und einem Score, der alles zusammenbringt – dann ist das Stoff, zu dem man stets zurückkehren kann, um ihn zu erweitern oder für eine neue Sicht auf diese Welt zu adaptieren."

Menken führt seinen Gedanken, weshalb er sich an Disneys Remakes, Neuinterpretationen und Bühnenadaptionen seiner früheren Werke beteiligt, zu Ende: "Und es wäre der schlimmste Tag meines Lebens, wenn es auf einmal hieße: 'Wir wollen, dass jemand anderes deine bestehende Arbeit adaptiert.'"

Menken beteuert, und das ohne falschen Stolz, sondern eher in einem "Naja, wenn schon wer daran rumwerkelt, dann halt ich"-Tonfall, er wolle einfach nicht, dass jemand Anderes das musikalische Konstrukt, das er einst erstellt hat, erweitert. "Es verletzt meine Gefühle nicht, wenn du das, was ich gemacht habe, einfach nur anders arrangierst. Wenn du etwa sagst: 'Oh, das Stück möchte ich mal träumerischer spielen', dann hast du meinen Segen, vielleicht habe ich die Gelegenheit es mir anzuhören, und womöglich gefällt es mir. Oder es gefällt mir nicht – das spielt keine Rolle. Aber wenn es darum geht, dem, was ich aufgebaut habe, neue Stücke hinzuzufügen – dann ist es mir wichtig, dass ich das übernehme."

Oder kurzum: "Daher … Wenn Disney sagt: 'Wir machen diese Neuinterpretation', dann sage ich: 'Okay, ich mache mit.' Naja, dann folgen natürlich noch die Verhandlungen, ganz so einfach ist es auch nicht. (lacht) Aber so ungefähr spielt sich das für mich ab." Für Guy Ritchies «Aladdin» adaptierte Menken konsequenterweise nicht nur die ikonischen Songs aus dem Zeichentrickklassiker von 1992, sondern verfasste auch ein neues Stück für Prinzessin Jasmin. Damit das im Original "Speechless" betitelte Lied nicht wie ein Dorn aus dem bekannten, wenngleich abgewandelten, Material hervorsticht, verharrt der Song im Realfilm nicht etwa bloß an einer Stelle, sondern wird über zwei Akte verteilt.

Zudem mischte Menken die Melodie als neues Leitmotiv in den vornehmlich aus Adaptionen der Originalstücke bestehenden Score des Films. So wird "Speechless" nahtlos in das klangliche «Aladdin»-Vokabular eingegliedert. Jasmin-Darstellerin Naomi Scott könne sich, wie sie verrät, nicht mehr geehrt fühlen, ein neues Menken-Lied schmettern zu dürfen, noch dazu in der Rolle einer ihrer Kindheitsheldinnen. Scott kann nach eigener Aussage zahlreiche von Menkens Disney-Liedern in- und auswendig und spielte den Originalfilm in ihrer Kindheit regelmäßig mit ihrem Bruder nach, "wobei im Haus jede Menge zu Bruch ging". An das erste Mal, als sie "Speechlesse" hörte, kann sie sich ebenfalls noch bildlich erinnern:

"Wir waren mitten in den Proben, es dauerte noch einen Monat bis zum Drehbeginn, und ich wusste, dass es ein neues Lied geben wird. Ich hörte das Gemunkel, dass es ein Jasmin-Song sein wird. Und eines Tages ging ich den Flur entlang, und höre, wie Alan am Klavier diese Melodie spielt … Und ich wusste sofort: Das ist er. Das muss er sein!" Schmunzelnd denkt sie zurück: "Ich riss die Tür auf und holte mir die Bestätigung ab, dass ich mit der Vermutung richtig lag."

Auch Aladdin-Darsteller Mena Massoud sah das Original als Kind so oft, dass er den Film verinnerlicht hatte. Daher traf er nach dem Callback eine Entscheidung: "Ich beschloss, mir den Zeichentrickfilm nicht mehr anzuschauen – ich kannte den Part des Aladdin ja schon gut und wollte dennoch sicherstellen, dass ich ihn mir zu Eigen mache." Künstlerische Inspiration gab es dennoch: "Neben Robin Williams war in meiner Kindheit ein großer Einfluss auf meine komödiantischen Sensibilitäten der ägyptische Komiker Adel Imam. Er revolutionierte mit seiner Art, an Witz heranzugehen, das Charakterschauspiel in Ägypten und dem Nahen Osten – und das färbte, glaube ich, so sehr auf mich ab, dass man es auch in diesem Film sieht."

Explizit nennt Massoud eine Sequenz, in der er sich als Aladdin, der wiederum gerade versucht, sich als Prinz Ali aufzuspielen, in einem Zankgespräch mit Will Smiths Dschinni verzettelt. Die Szene nannte Will Smith in der Berliner Pressekonferenz, die vor den Interviews mit Menken, Massoud und Scott stattfand, auch als seinen Lieblingsmoment im neuen «Aladdin»-Film. Damit wären wir schon einmal zu dritt. Generell funktioniert Guy Ritchies «Aladdin» in den neuen komödiantischen Szenen erstaunlich gut. Wie sich der Film abseits solcher Augenblicke schlägt, tja, wie schon gesagt: Dazu darf ich jetzt noch nicht zu viele Worte verlieren. Ich will ja nicht, dass aus diesem wahr gewordenen Traum, Menken interviewen zu dürfen, wegen eines gebrochenen Embargos nun noch ein Albtraum wird. Denn ich hab keinen lustigen, freundlichen Dschinni, der mich danach wieder aus der Patsche holt …

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