„Die Zerstörung der CDU“: Die Reaktionen im Netz
Ein paar Tage vor der Europawahl sorgt kein Thema derzeit für so viel Aufregung, wie Rezos ein 55-minütige Abrechnung mit der Regierung der CDU. Aus einem Viralenhit ist wohl die größte politische Debatte geworden, die durch einen dieser „Influencer“ bisher angestoßen wurde. Nach knapp einer Woche wurde das Video schon über neun Millionen Mal geklickt, Tendenz stark steigend. Die Reaktionen auf die fundierte Meinung des YouTube-Stars überschlagen sich. Am Donnerstag bereitete die CDU sogar ein Antwortvideo mit dem Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor vor, entschied sich dann allerdings gegen eine Veröffentlichung. Stattdessen ist nun ein elfseitiges PDF im Umlauf, indem die Partei auf die Vorwürfe des YouTubers öffentlich antwortet. Außerdem lud Paul Ziemiak, Generalsekretär der CDU, Rezo nun zu einem Meinungsaustausch ein. Auch Philipp Amthor äußerte im Interview mit der «Tagesschau», dass er selbstverständlich gerne bei einem Treffen dabei wäre. Ob Rezo das Angebot annimmt, bleibt allerdings fraglich. Im Interview mit der FAZ entgegnete er: "Selbst wenn ein Unterdreißigjähriger sich auf Wissenschaftler und Experten beruft, antwortet die CDU mit Lügen und geht inhaltlich gar nicht auf Argumente ein."
Zahlreiche Politikwissenschaftler beschäftigen sich nun mit den Inhalten des Videos und klären, in welchen Punkten der YouTuber Recht hat und wo er über das Ziel hinausschießt. Egal ob man das Video als ungerechtfertigte Meinungsmache sieht oder überzeugende Abrechnung, Rezo weist auf wichtige Themen hin und entfacht gerade in der vielfach als Politikverdrossen verschrienen jungen Generation eine neue politische Debatte. Spiegel Online veröffentlichte nun einen Faktencheck zu den Vorwürfen, die Rezo der CDU macht. Dort stehen die großen vier Themengebiete des Videos - Soziale Gerechtigkeit, Bildung, Kriegsverbrechen und Klimawandel - in der Analyse.
Auch auf YouTube setzten sich viele Kollegen von Rezo mit dem Thema auseinander. In einem neuen Video analysiert der Funk-Kanal „MaiLab“ zusammen mit Dr. Eckhard von Hirschhausen die Thesen von Rezo zum Klimawandel und gibt dem Thema mehr Tiefe. Immerhin gut eine halbe Millionen Zuschauer interessierten sich mittlerweile für die wissenschaftliche Prüfung von Rezos Vorwürfen zum Klimawandel. Auch der Kanal „MrWissen2go“ gab einen Kommentar auf das heißdiskutierte Video ab. In zehn Minuten legt er dabei ein besonderes Augenmerk auf den Konflikt zwischen der Politik und der jungen Generation und zeigt auf, wie diese von Berlin, Brüssel und Co. kaum beachtet und Ernst genommen werden. „Rezo-Video & Co: Politik ignoriert junge Generationen!“ sammelte nach nur zwei Tagen ebenfalls knapp eine halbe Millionen Clicks und gut 40.000 Zuseher schlossen sich der Meinung mit einem Daumen nach oben an.
YouTube-Deutschland stellt sich hinter Rezo
Sechs Trage nach Rezos Kritik an der Politik der CDU folgte der nächste Paukenschlag. Zusammen mit über 90 anderen YouTubern veröffentlichte Rezo einen offenen Brief zur Europawahl. Kurz vor der Wahl legen sie noch einmal einen Fokus auf die verheerenden Folgen des Klimawandels und stellen klar, dass man - ihrer Meinung nach – Parteien, die nicht genug für den Klimaschutz tuen, hier konkret CDU, SPD und AfD, am Sonntag nicht wählen sollten. Mit dem knapp dreiminütigen Statement schüren sie den Konflikt mit der Politik, die die Fridays for Future-Bewegung und Demos gegen Artikel 13 bisher weitestgehend belächelt hatte, immer weiter an. Mit einer Reichweite von mehr als zehn Millionen Abonnenten zeigen die Influencer, was sie auf gesellschaftlicher Ebene alles bewegen können. Sie sind nicht per se gegen die großen Volksparteien, wollen ihnen aber durch ihre zögernde Klimapolitik einen Denkzettel verpassen und zum politischen Diskurs anregen. Das haben sie bisher auf jeden Fall eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Sie geben einer sich vielfach übergangen gefühlten Generation kurz vor der wichtigen Wahl eine Stimme.
Auch das neue Video „Ein Statement von 90+ YouTubern“ sammelte nach nur 24 Stunden knapp zwei Millionen Clicks und stößt auf gewaltige Resonanz. Über 400.000 Menschen gaben dem Statement einen Daumen nach oben und zeigen, dass es ihnen mit der Zukunft unseres Planeten Ernst ist. Kurz darauf „ließ sich die SPD – anders als die CDU – auf ein Antwort-Video herab“. In diesem stellen sich Generalsekretär Lars Klingbeil, JuSo-Chef Kevin Kühnert und EU-Parlamentarier Tiemo Wölken der Kritik der YouTuber. Im Gegensatz zur CDU versuchen sie auf die junge Generation einzugehen und gestehen ihre Fehler ein. Genauso wie die Christdemokraten versprechen sie nun verstärkt in den Dialog mit der „Generation YouTube“ zu gehen und für mehr Klimaschutz einzutreten. Die Resonanz auf das Video fällt bisher gemischt aus. Negatives und positives Feedback halten sich in etwa die Waage.
In einem weiteren Video geht Tiemo Wölken auf seinem eigenen Kanal noch etwas genauer auf Rezos Kritik ein. In einer Viertelstunde setzt er als EU-Parlamentsabgeordneter ein besonderes Augenmerk auf die Europapolitik und versucht diese von der Bundespolitik zu trennen. Denn in Rezos Video werden die beiden Ebenen immer wieder vermischt und es geht allgemein um die Politik der Parteien, die sich aber auf Europa-Ebene durchaus von der Bundespolitik unterscheidet. Im Video betont er, dass die SPD hier von vielen Experten, im Gegensatz zu CDU und AfD, als klimafreundlich eingeschätzt wird. Auch sein Video wurde mittlerweile gut 400.000 Mal aufgerufen. Welche Auswirkungen die frische Debatte auf die Wahl am Sonntag haben wird, wird sich zeigen müssen. Jeder kann selbst entscheiden, welche Kriterien am wichtigsten sind. Hauptsache: Geht wählen!
Wahl-O-Mat wieder online: Volt und BPB einigen sich
Für viele Wähler ist der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) ein wichtiges Mittel, um sich zu informieren welche Parteien bei einer Wahl die eigene Meinung am besten vertreten. Knapp eine Woche vor der bevorstehenden Europawahl werden sich deshalb sicher viele verwundert die Augen gerieben haben, als sie keinen Zugriff auf die Website des Wahl-O-Maten hatten. Nachdem die neugegründete europafreundliche Partei Volt Deutschland gegen die ungerechte Form des Instrumentes geklagt hatte, urteilte das Verwaltungsgericht in Köln, dass der Wahl-O-Mat in seiner bisherigen Form gegen das Recht der Chancengleichheit verstoße und nicht mehr weiter betrieben werden darf.
Konkreter echauffierte sich Volt über den Anzeigemechanismus der Auswertung der insgesamt 38 Thesen. Nachdem man alle Thesen beantwortet hat, kann man die eigene Einstellung mit den Antworten von bis zu acht Parteien gleichzeitig vergleichen. Dazu muss man aus einem Pool die verschiedenen Parteien zur Auswertung auswählen. In der Liste standen die großen etablierten Parteien mit den meisten Stimmen aus vorherigen Wahlen ganz oben und die kleineren Parteien erst am Ende. Das sorgte nach Auffassung von Volt und des Gerichtes für eine verfassungswidrige Chancenungleichheit. Deshalb musste die BPB den Wahl-O-Maten zunächst wieder offline nehmen. Außergerichtlicht einigte sich die BPB dann allerdings mit Volt, so dass das wichtige Instrument jetzt kurz vor der Wahl für alle wieder zur Verfügung steht.
Jodel-App veröffentlicht Nutzerzahlen zur Europawahl
Die Social Media-App „Jodel“, die vor allem unter Studenten sehr beliebt ist, veröffentlichte am 24. Mai die Zahlen einer internen Umfrage zur Europawahl am Sonntag. Bei der „Jodelwahl 2019“ haben insgesamt 52.000 JodlerInnen aus Deutschland mitgemacht. Das Durchschnittsalter betrug 23 Jahre. Als stärkste Partei gingen die Grünen mit 28,2 Prozent aller Stimmen hervor. CDU und SPD erfuhren bei der jungen Generation die erwartbare Klatsche. Beide mussten sich mit 5,9 Prozent weit hinten im Feld zufriedengeben. Wie „gut“ die jungen Bürger zurzeit auf die großen Parteien zu sprechen sind, macht vor allem die zweitstärkste Kraft deutlich. Mit beachtlichen 22,3 Prozent landete nämlich Martin Sonneborns Die Partei auf Rang zwei. Dahinter folgt mit einigem Abstand die FDP mit 10,5 Prozent. Die restlichen Ergebnisse: Linke 6,5 Prozent, AfD 4,9 Prozent, Volt 4,3 Prozent, Piraten 2,1 Prozent und Tierschutzpartei 2,0 Prozent.
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