Popcorn & Rollenwechsel

Keanu kann nicht nur stoisch

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Keanu Reeves wird hauptsächlich für seine steinernen Rollen gefeiert, doch wie «Replicas» zeigt, kann der «John Wick»-Star auch aktiver.

Keanu Reeves' öffentliche Wahrnehmung hat ja so ihre Aufs und Abs durchgemacht. Vom Star zum vermeintlichen Kassengift zum Superstar zum verächtlich aufgenommenen Schauspieler zurück zum Superstar. Das jüngste, verdienterweise weiterhin anhaltende, Hoch in Keanus Karriere hängt eng damit zusammen, dass Filmschaffende und das Publikum gleichermaßen (erneuertes) Gefallen an seinem Talent gefunden haben, stoische Figuren zu verkörpern. Ähnlich wie Ryan Gosling kann Reeves Bände mit einer minimalen mimischen Bewegung sprechen und lässt sich daher hervorragend in Filmen einsetzen, in denen Reeves' Rolle weitestgehend ein versteinertes Gesicht hat – wie in den an Buster Keatons Stummfilmklassikern angelehnten «John Wick»-Actionfesten.

Dessen ungeachtet: Es wäre ungerecht, den 54-jährigen Kanadier, der maximal wie Ende 30 aussieht, auf seine stoischen Rollen zu reduzieren. So bewies er in seinen frühen Karrierejahren in den «Bill & Ted»-Filmen nicht nur großes komödiantisches Talent, sondern agierte auch extrem losgelöst. In jüngeren Jahren fiel Reeves' humoristisches Können und sein Händchen für gröbere Mimik aufweisende Rollen etwa in Eli Roths augenzwinkernd-trashigem Home-Invasion-Erotik-Komödienthriller «Knock Knock» auf, in dem sich zwei junge Frauen Reeves' Rolle aufzwängen. Hier fährt der «Matrix»-Star die großen mimischen Geschütze auf – zu schwarzhumorigem Effekt.

Der Film erinnert auch sehr lose an zwei reale Vorfälle in Reeves' Leben, die sich ein Jahr vor Kinoveröffentlichung (wenngleich erst nach den Dreharbeiten) ereigneten: Im September 2014 wurde zwei Mal bei ihm eingebrochen. Einmal wurde er in seiner Bibliothek von einer Stalkerin überrascht, drei Tage danach brach eine andere Stalkerin bei ihm ein, lief nackt durch sein Haus, duschte bei ihm und schwamm unbekleidet in seinem Swimming Pool.

Tragischere, grobe Erinnerungen an Reeves' Privatleben kommen wiederum beim Film «Replicas» auf: In diesem Film spielt Reeves einen Wissenschaftler, der bei einem Autounfall seine Frau und seine Kinder verliert. 1999 hatte Reeves' damalige Freundin eine Fehlgeburt, zwei Jahre später starb sie bei einem schweren Autounfall. Reeves' Rolle in «Replicas» hat die außergewöhnliche, aber herzzerreißende Möglichkeit, drei seiner vier verlorenen Liebsten zu klonen und so zurück ins Leben zu holen. Und auch wenn die US-Presse «Replicas» in der Luft zerrissen hat, vornehmlich aufgrund der sprunghaften Logik der im Film präsentierten Wissenschaft, muss man dieser Sci-Fi-Produktion eines lassen: Sie zeigt einen sehr gut aufspielenden, un-stoischen, ernsthaften Keanu Reeves.


«Replicas» ist weniger an den wissenschaftlichen Fragen interessiert, und selbst die ethischen Dilemmata sind nur von sekundärem Belang – der Fokus liegt auf den emotionalen Kosten, die Reeves' Rolle zahlen muss. Es schwingt auch ein Beigeschmack von "«Friedhof der Kuscheltiere» in Sci-Fi" mit, als dass sowohl die erste Verfilmung des Stephen-King-Romans als auch dieser Film zeitweise davon handeln, wie ein liebender Gatte und Vater durch seinen Wiedergutmachungskomplex seiner Familie nur Stress und Leid zufügt. Wie Reeves darauf mit (für seine Verhältnisse) viel Emotion reagiert, an Genremaßstäben gemessen sich aber noch immer arg zurückhält, ist für Reeves-Fans definitiv sehenswert.


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