Cast und Crew
- Regie: Catalina Molina
- Drehbuch: Uli Brée
- Darsteller: Harald Krassnitzer, Adele Neuhauser, Cornelius Obonya, Gerti Drassl, Thomas Stipsits, Hubert Kramar, Dorka Gryllus, Magdalena Kronschläger, Dieter Egermann
- Kamera: Klemens Hufnagl
- Schnitt: Julia Drack
Manchmal muss man als Programmplaner auch Glück haben: Der Wiener-«Tatort» über einen österreichischen Politiker, der sich mit einer ukrainischen Geschäftsfrau einlässt und sogar im Verdacht steht, einen Doppelmord begangen zu haben, läuft kurze Zeit nach Veröffentlichung des sogenannten "Ibiza-Videos". Darin sieht man handfeste Indizien, weniger vorsichtige Zungen würden sogar sagen Beweise, dass FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache sich gegenüber einer russischen Oligarchennichte zur Korruption bereit erklärt. Perfektes Timing, um dem ORF-Krimi eine deftige Prise Zeitgeistigkeit anzurechnen – auch wenn der «Tatort» schlussendlich das heiße Eisen der Korruptionsthematik ordentlich abkühlen lässt, ehe er es bearbeitet.
- © ARD Degeto/ORF/Hubert Mican
Das Wiener Ermittler-Duo Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) sowie Kommissarin Julia Soraperra (Gerti Drassl) sprechen mit dem Politiker Cornelius Obonya (Raoul Ladurner), in dessen Haus sich ein Blutbad abgespielt hat.
Drehbuchautor Uli Brée legt mehr Augenmerk auf die Befindlichkeiten innerhalb des «Tatort»-Teams. Sidekick Schimpf (Thomas Stipsits) kehrt, nachdem er den Fall «Wahre Lügen» ausgesetzt hat, wie gewandelt zurück. Der früher so lässige Assistent klagt nun über seine zerstörte Ehe und ist nachdenklicher denn je. Auch seine halbherzigen Flirtversuche mit Soraperra sind sehr geerdet, während sich die Hauptfiguren Eisner und Fellner wie gewohnt kabbeln – wenngleich die Zankereien erzählerisch mehr im Fokus stehen als zumeist in dieser Reihe.
Das ist für sich genommen völlig in Ordnung – auch ein Krimi mit einem Korruptionsfall als thematisches Sprungbrett darf introspektiv auf seine Figuren eingehen. Jedoch wird weder aus Schimpfs gewandeltem Gemüt noch aus den Streitigkeiten zwischen Eisner und Fellner viel gemacht. Ein Subplot über Eisners (neu auftauchenden) Sorgen, er könnte die Tendenzen seines garstigen Vaters geerbt haben, bleibt ebenso an der emotionalen und thematischen Oberfläche, die solch ein Handlungsbogen ermöglicht.
Und dadurch, dass der Stoff rund um die Ermittlerfiguren relativ wenig hergibt, enttäuscht es dann doch, wenn der politische Aufhänger des Films so sehr in den Hintergrund tritt und schlussendlich auf eine sehr entschärfte, konstruierte Lösung hinarbeitet. Gleichwohl muss man diesem Neunzigminüter seinen ambitionierten Score aus der Feder Patrik Lerchmüllers anrechnen sowie Catalina Molinas routinierte, aber fähige Regieführung.
«Tatort – Glück allein» ist am 2. Juni 2019 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
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