Die Kino-Kritiker

«Tolkien» - Die (Liebes-)Geschichte des «Herr der Ringe»-Autoren

von   |  1 Kommentar

In «Tolkien» schlüpft Nicholas Hoult mit viel Respekt vor dem realen Vorbild in die Rolle des gleichnamigen Weltbestsellerautors.

Filmfacts: «Tolkien»

  • Start: 20. Juni 2019
  • Genre: Biopic/Romanze
  • Laufzeit: 112 Min.
  • FSK: 12
  • Kamera: Lasse Frank Johannessen
  • Musik: Thomas Newman
  • Buch: David Gleeson, Stephen Beresford
  • Regie: Dome Karukoski
  • Darsteller: Nicholas Hoult, Lily Collins, Colm Meaney, Craig Roberts, Harry Gilby, Colm Meaney, Laura Donnelly
  • OT: Tolkien (USA 2019)
Obwohl es heutzutage immer noch Leute gibt, die die «Herr der Ringe»-Saga (trotz elf gewonnener Oscars) nicht gesehen haben, ist die Peter Jacksons dreiteiligem Fantasy-Epos zugrunde liegende Buchvorlage, vor allem aber der Name dessen Autors trotzdem so ziemlich jedem ein Begriff. John Ronald Reuel Tolkien erweckte die Abenteuer rund um Frodo, Gandalf und Co. zum Leben, nachdem er bereits als junger Vater seinen Kindern aufregende Fantasiegeschichten erzählt. 1937 ging daraus zunächst «Der Hobbit» und später die «Lord of the Rings»-Saga hervor. Der Rest ist (vor allem Film-)Geschichte, deren Faszination bis heute anhält. 2012 wurde «Der Hobbit» als dreiteiliges Prequel zu den «Der Herr der Ringe»-Blockbustern verfilmt, Ende 2020 soll die sich bereits in Produktion befindliche Vorgeschichte der Ereignisse als Serie bei Amazon Prime veröffentlicht werden. Und würden die letzten Hinterbliebenen von J.R.R. Tolkien nicht mit Argusaugen über die Hinterlassenschaften des Schriftstellers wachen, bekämen wir vermutlich im Wochentakt neue, bislang unverfilmte Geschichten aus dem «Herr der Ringe»-Kosmos zu sehen – man kennt das ja bereits mit anderen erfolgreichen Stoffen.

Vom Außenseiter zum Bestsellerautor


Als John Ronald Reuel Tolkien (Nicholas Hoult) Ende des 19. Jahrhunderts aus seinem wohlbehüteten Familienkreis als Exeter College in Oxford geht, findet er inmitten einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten Freundschaft, Inspiration und den Mut, seine Leidenschaft fürs Schreiben auszuleben. Schon in seinem Heimatdorf, einem Vorort von Birmingham, der später als Inspiration für das Auenland dienen soll, hat er seinen jüngeren Geschwistern ausgedachte Geschichten erzählt. Nun bringt er sie zu Papier und findet in einem von seinen Fähigkeiten beeindruckten Professor auch einen Mentor. Doch die Liebe zur schöne Edith (Lily Collins) hemmt ihn – hatte er sie für das Stipendium doch einst allein auf dem Land zurückgelassen. Er kann die junge Frau einfach nicht vergessen, bis er im Sommer 1916 schließlich eingezogen wird: der erste Weltkrieg tobt – und für John und seine Gefährten stehen harte Jahre bevor…

Immerhin ein bisschen über die Wartezeit bis 2020 hinwegzutrösten vermag nun das erste Biopic über J.R.R. Tolkien, in dem es allerdings nur bedingt um die tatsächliche Entstehung von «Der Herr der Ringe» geht. Regisseur Dome Karukoski («Tom of Finland»), der bislang vor allem in seiner Wahlheimat Finnland bekannt ist, inszeniert den Werdegang seines unscheinbaren Titelhelden als steinigen Weg in Richtung Erfolg zwischen Kriegstraumata, heiteren Collegeerfahrungen und gebrochenen Herzen, allerdings ohne dabei je so richtig aus dem Quark zu kommen beziehungsweise greifbar zu machen, weshalb die hier aufbereitete Geschichte so eng mit den Romanen J.R.R. Tolkiens verknüpft ist. Das ist auf der einen Seite sympathisch: Die Autoren David Gleeson («Don’t Go») und Stephen Beresford («Pride») lassen so nämlich keinen Zweifel daran, dass John Ronald Reuel Tolkien ein ganz normaler Mensch war und auch eher durch Zufall zu seinem späteren Triumph gelangt ist.

Gleichzeitig könnte «Tolkien», wie schon vor einigen Monaten das Biopic «Astrid» über die Kinderbuchautorin Astrid Lindgren, dadurch ja auch genauso gut eine fiktionale Geschichte sein. Und als solche ist der Film dann auch nur mäßig unterhaltsam.

Die Liebesgeschichte hat Vorrang


Der einem breiten Publikum vor allem durch seine Rolle in «Mad Max: Fury Road» bekannt gewordene Nicholas Hoult ist nicht nur deshalb die Idealbesetzung für J.R.R. Tolkien, weil er eine gewisse Ähnlichkeit zu dem jugendlichen Schriftsteller vorweisen kann. Hoult ist vor allem in der Lage, die an den Tag gelegte Leidenschaft für Fantasiegeschichten und allen voran (Fantasie-)Sprachen mit einer naturgegebenen Zurückhaltung zu kombinieren, obwohl die Passion gleichsam aus ihm herauszusprudeln vermag. Wenn Tolkien hier vor seiner Herzdame über die Schönheit des Wortes „cellar door“ (glaubt man Sprachwissenschaftlern das am besten klingende englische Wort überhaupt) philosophiert, blüht er sichtbar auf, während er gleichzeitig lange so schüchtern ist, dass er sich nicht einmal traut die Hand seiner Auserwählten flüchtig zu berühren, um bei all der Flirterei einfach mal einen Schritt weiterzugehen.

Es ist eben allen voran eine Liebesgeschichte, die hier erzählt wird. Und zwar die zwischen ihm und Edith Bratt, die Lily Collins («Love, Rosie – Für immer, vielleicht») als gleichermaßen verträumte wie resolute Frau verkörpert, die genau weiß, was sie will. Dabei hat sie so viel Einfluss auf John, dass dieser selbst in den Szenen spürbar ist, in denen gar nicht beide zusammen zu sehen sind. Sei es nun, weil es ihm nicht guten Gewissens möglich ist, eine andere Frau näher kennenzulernen, oder weil Edith ihm gerade via Brief mitgeteilt hat, dass sie jemand Anderen heiraten wird.

Wir wollen nun gar nicht weiter darauf eingehen, welchen Verlauf diese Lovestory noch nimmt, der wer nicht bereits mit der Lebensgeschichte Tolkiens vertraut ist, der wird hier gar die ein oder andere Überraschung erleben. Trotzdem sollten sich gerade jene, die sich unter «Tolkien» einen Art „Behind the «Herr der Ringe»“ erhofft haben, bewusst sein: Dieser Film ist eine Romanze. Das Problem: Damit steht der Film seinem eigentlichen Zweck, ein allumfassendes filmisches Abbild von J.R.R. Tolkiens Jugendjahren darzustellen, aber auch ein Stückweit im Weg. Hinter den romantischen Verwicklungen zwischen John und Edith muss der Rest nämlich deutlich zurückstecken. Neben der technisch chic aufgemachten aber spannungsarm inszenierten Zeit am College (hier kommen Erinnerungen an das Hawking-Biopic «Die Entdeckung der Unendlichkeit» hoch) gilt dies vor allem für die Szenen an der Front. Es sind die wenigen Momente in «Tolkien», in denen Dome Karukoski einen direkten Bezug zwischen dem Schriftsteller und seinem späteren Werk herstellt.

Dafür lässt er aus dem Schlachtfeld riesige, solide animierte und feuerspeiende Drachen emporsteigen oder berittene Krieger durch das zerbombte Ödland galoppieren. Das sieht definitiv imposant aus, zugleich wirken derartige Szenen in ihrer küchenpsychologischen Aufmachung aber auch einfach plump – nicht zuletzt, weil der echte J.R.R. Tolkien aufgrund seiner Weltkriegserfahrungen auf allzu ausgiebige und damit selbstzweckhafte Schlachtszenen verzichtete (was Peter Jackson später daraus gemacht hat, steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt). Das ist fast schon Verrat an dem, was J.R.R.

Fazit


Nicholas Hoult verkörpert den jungen J.R.R. Tolkien absolut glaubhaft, doch der Film selbst ist vor allem eine Liebesgeschichte mit szenischen Kriegsfilmeinschüben. Beides lässt bis zum Ende offen, inwiefern es den «Herr der Ringe»-Autor eigentlich zu seinen Werken inspiriert hat. «Tolkien» könnte daher auch eine ausgedachte Geschichte sein.

«Tolkien» ist ab dem 20. Juni in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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Kingsdale
17.06.2019 10:12 Uhr 1
Boah, da hatten die "Ringe"-Filme einen riesen Erfolg und nun muss man Tolkien noch mehr ausschlachten mit einen Film den keiner interessiert!
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