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Netflix-Horror - Fluch oder Segen?

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Die Eigenproduktionen von Netflix oder zumindest die Produktionen, die der Streaminggigant aufkauft und unter seiner Marke veröffentlicht, haben in der letzten Zeit spürbar zugenommen. Nicht nur «How to sell drugs online (fast)» und «Triple Frontier» machen durch ihre groß angelegte Vermarktung auf sich aufmerksam, auch der ein oder andere kleine Horrorfilm schleicht sich immer wieder, fast schon unbemerkt, in das Netflix Register. Quotenmeter hat sich den Horror aus dem Hause Netflix genauer angesehen und sagt, ob er echten Grusel bereiten kann oder qualitativ der Horror ist.

Dass sich in der Vielzahl an Netflix Produktionen zum Teil auch hervorragende Filme und Serien finden lassen, müssten «Beasts of No Nation», «Dark» und «Triple Frontier» zur Genüge bewiesen haben. Es lässt sich aber auch nicht abstreiten, dass der Streaminglöwe besonders in den letzten beiden Jahren qualitativ federn lassen musste und mehr auf eine Vielzahl an durchschnittlichen Produktionen setzte, anstatt sich ausschließlich auf geprüfte Qualität zu verlassen. Wozu zählen also nun die Netflix Horrorfilme und Serien?

Um mit dem wohl größten Positivbeispiel im Segment der Serien anzufangen, lässt sich «Spuk in Hill House» anführen. 10 Episoden in klassischer "Haunted House" Marnier, die an große Klassiker wie «Bis das Blut gefriert» (1963) und «Schloss des Schreckens» (1961) erinnern. Die Handlung rund um eine geplagte Familie, die in einem alten Herrenhaus aufwuchs, wartet nicht nur mit starken Darstellern auf, sondern erzählt eine gefühlvolle Geschichte, die sich zwar langsam, aber dafür umso atmosphärischer entfaltet. Auch wenn das Finale letztendlich enttäuscht, da es mit einer ultimativ kitschigen Entscheidung endet, ist «Spuk in Hill House» bis heute die inszenatorisch zweifelsohne beste Horrorserie aus dem Hause Netflix. Das sieht man nicht nur an der guten Rezeption innerhalb der Fans, bzw. Zuschauer, sondern auch daran, dass eine zweite Staffel bereits in Produktion ist.

Doch auf diese Ausnahmeerscheinung folgen auch wieder Beispiele, die das Bild des Netflix Horrorprogramms nach unten ziehen, wie etwa «Die Kunst des toten Mannes». Eigentlich hätte mit einem Jake Gyllenhaal als egozentrischer Kunstkritiker in einer ebenso egozentrierten Kunstgesellschaft nichts verkehrt laufen dürfen. Der Plot, der sich um die mysteriösen und grausam anmutenden Gemälde eines verstorbenen alten Mannes dreht, die zum Leben erwecken, klingt zumindest im Ansatz innovativ und hätte auf dem Papier genügend Möglichkeiten für starke Gruselmomente geboten. Doch das Ergebnis ist ein bluarmer und in Gänze vorhersehbarer Horrorfilm, der lieber auf das bekannte Schema F setzt, anstatt sich mit seiner spannenden Prämisse auf neues Terrain zu wagen.

So kann man «Die Kunst des toten Mannes» leider nicht als herausstechenden Netflix Horror bezeichnen, sondern bestenfalls als 08/15 Unterhaltung, die leise vor sich hin plätschert und wohl kaum einen Freund des Horrorfilms begeistern kann.



Doch dagegen hält «The Perfection», der seit Mai zum Streamen verfügbar ist. Ein anfangs unspektakulär wirkender Film über zwei Musikerinnen, die sich einander näher kommen, doch mit voranschreitender Laufzeit eskaliert der Horrorfilm praktisch und das Narrativ der Gewalt nimmt Überhand. Was folgt ist etwas, das nichts für schwache Mägen oder zimperliche Nerven geeignet ist, denn die Spirale aus Brutalität scheut nicht vor expliziten Darstellungen zurück. Die starke Performance der beiden Hauptdarstellerinnen und die Facetten der Story machen «The Perfection» zu einem guten, wenn auch übertriebenen Horrorfilm, der wirklich nur für die Hartgesottenen gedacht ist.

Ende des letzten Jahres landete das Streamingportal mit der hauseigenen Produktion «Bird Box – Schließe deine Augen» einen Megahit. Die Popularität des Films rief zahlreiche memes hervor, popkulturelle Referenzen und Parodien. Doch der eigentliche Plot rund um Sandra Bullock und eine schleierhafte internationale Krankheit konnte nur mit seinem ersten Drittel überzeugen. Während die Protagonistin Malorie sich nur mittels einer Augenbinde durch die Welt bewegen kann, muss sie sich nicht nur vor mysteriösen Monsterwesen schützen, sondern auch abwägen, wenn sie trauen kann und wer ein potentieller Feind ist. Die vielversprechende Ausgangssituation wird jedoch leider nicht richtig ausgenutzt, sodass am Ende ein Horrorfilm bleibt, der mehr wie „Malen nach Zahlen“ wirkt, anstatt wie eine innovative Produktion. Trotz der großen Popularität hat Netflix qualitativ mit «Bird Box – Schließe deine Augen» keinen großen Treffer gelandet.



Während Sandra Bullock mitsamt ihrem Film massiv beworben wurde, geriet eine der zahlreichen Netflix Produktionen immer mehr ins Hintertreffen. Und das, obwohl niemand geringeres als die Ikone Stephen King die Vorlage für den Horrorfilm lieferte. Die Rede ist von «Das Spiel», ein simpler deutscher Titel, hinter dem jedoch deutlich mehr steckt. In «Gerald's Game», wie er im Englischen heißt, möchte ein älteres Paar seine Sexualleben wieder aufpeppen. Dafür fesselt Gerald seine Ehefrau Jessie an das Bett eines abgelegenen Ferienhauses. Doch es geschieht ein Unfall, Gerald schlägt sich den Kopf an und anstatt erotische Liebesspiele sieht sich Jessie nun ihrem verbluteten Ehemann gegenüber. Und da diese katastrophale Situation noch nicht ausreicht, nimmt der Horror erst seinen Lauf, denn Jessie kann sich nicht vom Bett befreien.

Stephen King und Regisseur Mike Flanagan, der sich mit «Spuk in Hill House» seine Sporen bei Netflix verdient hat, haben einen einzigartigen Horrorfilm geschaffen, der sich von einer kleinen und unscheinbaren Geschichte zu einem großartigen Drama rund um die Themen Familie, Vergangenheit und Schuld entwickelt. An dieser Stelle soll für diejenigen, die «Das Spiel» noch nicht genießen durften, nicht zu viel vorweg genommen werden, doch so viel sei gesagt: im Hinblick auf die Qualität und Inszenierung ist es zweifelsfrei der bis dato beste Horrorfilm von Netflix.

Doch es stellt sich die Frage, ob das US-Unternehmen seine Marketingstrategien nicht anders hätte gestalten können. «Bird Box – Schließe deine Augen» hätte mit Sicherheit nicht in dem werbetechnischen Umfang, den der Film hatte, beworben werden müssen und wäre auch so zu großer Popularität gelangt. «Das Spiel» hingegen blieb weitestgehend unbekannt und hätte von mehr Werbung definitiv profitiert. «Spuk in Hill House» ist eine angenehme Abwechslung im Segment der Serien, vor allem weil man das Horrorgenre nicht allzu häufig abseits von Filmen findet. Mit der angekündigten zweiten Staffel muss Netflix aber zeigen, dass sie die Qualität der ersten zehn Folgen halten können, was durchaus eine Herausforderung darstellt.

Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass der Streaminganbieter im Bereich des Horrors auf dem richtigen Weg ist. Produktionen wie «The Perfection» und «Das Spiel» zeigen, dass starke Horrorfilme immer noch ihren Platz haben, obwohl manche Netflix Produktionen das Gesamtbild trüben. Auch in Zukunft wird man sich auf Netflix gruseln können, besonders, wenn man abseits der populären Filme sucht.

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