Hinter den Kulissen
- Regie und Drehbuch: Thomas Sieben
- Produktion: Henning Ferber, Stefan Gärtner, Verena Schilling
- Musik: Michael Kamm
- Kamera: Sten Mende
- Schnitt: Robert Rzesacz
Statt beispielsweise zu ProSieben oder Sat.1 zu wandern, landete «Kidnapping Stella» auf Netflix. Wobei wir es hier erfreulicherweise nicht mit einem «Mogli: Legende des Dschungels»- oder «The Cloverfield Paradox»-Fall zu tun haben, wo ein schrottiger Kinofilm rasch aus der Schusslinie gezogen und bei Netflix geparkt wurde. Ein «Auslöschung»- oder «The Babysitter»-Fall, also eine "Wieso verflixt wurde uns bei diesem Film die Möglichkeit eines Kinoerlebnisses geklaut?"-Situation, ist dies jedoch auch nicht. «Kidnapping Stella» wäre im Kino wohl ein Genre-Geheimtipp geworden, und es besteht durchaus die Möglichkeit, dass er bei Netflix schneller sein Publikum findet.
- © Netflix
«Kidnapping Stella» handelt von den Ex-Knackis Vic und Tom, die auf offener Straße eine junge Frau namens Stella entführen und in eine abgelegene, heruntergekommene, haarklein für diese Aktion vorbereitete Wohnung verschleppen. Dort fesseln sie Stella an ein Bett und drängen sie dazu, einen Hilferuf in eine Kamera zu sprechen. Doch die Entführer haben Geheimnisse voreinander und obendrein unterschiedliche Vorstellungen davon, wie man mit der Geisel umzugehen hat.
Was Genrefans jedoch wenige Augenblicke nach Filmbeginn bemerken dürften: «Kidnapping Stella» ist eine sich sehr eng an der Vorlage entlanghangelnde Neuverfilmung von «Spurlos – Die Entführung der Alice Creed». J Blakesons 2009 veröffentlichter, britischer Thriller wird zwar nicht Einstellung für Einstellung kopiert, doch die Story wird quasi unverändert übernommen, fast alle Entgleisungen der vermeintlich perfekt durchdachten Entführung sind in beiden Filmen exakt gleich und selbst das Produktionsdesign und die Kostüme ähneln sich frappierend. Für alle, die «Spurlos – Die Entführung der Alice Creed» bereits kennen, bleibt der Mehrwert, sich nun auch das Remake anzusehen, also ziemlich gering, da es keine eigene Identität entwickelt – die zwei Storyänderungen, die es in diesem Remake gibt, bleiben nämlich nahezu frei von Konsequenzen.
Das soll Jella Haases Performance nicht schmälern: Sie spielt die zwischen aufgewühlten Emotionsattacken und ruhig kalkulierten Selbstrettungsversuchen schwankende Stella gut, genauso wie von der Groeben und Schick als Entführer überzeugen. Und Regisseur Thomas Sieben sowie Komponist Michael Kamm erzeugen mit ihrer nah am Original verweilenden, trotzdem griffigen "Coverversion" dessen, was Blakeson und Komponist Marc Canham in der Vorlage gemacht haben, durchaus eine packende Atmosphäre.
Trotzdem bleibt für Kenner des Originals allein der "Dasselbe, mit anderen Schauspielern"-Reiz – und wie groß der ausfällt, hängt von der individuellen Begeisterung für das agierende Trio ab. Wer das Original aber nicht kennt und sich nach einem wendungsreichen, deutschsprachigen Kammerspielthriller sehnt, kann es zweifelsfrei deutlich schlechter treffen als mit «Kidnapping Stella».
«Kidnapping Stella» ist ab dem 12. Juni 2019 auf Netflix zu sehen.
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05.07.2019 18:00 Uhr 1
22.07.2019 21:40 Uhr 2