Wohl kein anderes Videospiel war in den vergangenen Jahren so populär wie Fortnite. Doch wie genau konkurrieren Games wie dieses nun mit Fernsehanbietern wie Netflix? Auf diese Frage warf eine Studie der National Research Group in den USA neues Licht. Eine Schlussfolgerung aus dieser Studie besagt: Spiele wie Fortnite sind eben nicht nur Videospiele, sondern auch ein Soziales Medium. Und als solches steht es im Wettbewerb mit all den anderen Plattformen, die sich in einem Kampf um die Aufmerksamkeit der Nutzer befinden, der immer hitziger wird. Der Hintergrund ist klar: Bei immer mehr Möglichkeiten, seine Freizeit zu verbringen, aber einem gleichbleibenden Zeitbudget der Nutzer, müssen sich die Angebote, die um die Aufmerksamkeit buhlen, immer mehr ins Zeug legen.
Fortnite gräbt anderen Plattformen das Wasser ab
Wenn Personen ihre Freizeit zubringen, Fortnite oder andere Videospiele zu spielen, haben sie automatisch weniger Zeit für andere Angebote. Die angesprochene Studie wies nach, dass Fortnite-Spieler mehr Zeit mit dem Überlebens-Spiel verbringen als mit Facebook, Instagram, YouTube oder eben Netflix. Dass Netflix-CEO Reed Hastings schon im Januar 2019 Sorgen um die Fortnite-Übermacht aussprach, war berechtigt. Mittlerweile stellt das Spiel ein globales Phänomen dar, mit über 250 Millionen aktiven Nutzern, von denen 82 Prozent unter 35 Jahre alt sind und damit in etwa im Alter der Kernzielgruppe von Netflix.
Klassische Fernsehanbieter und auch Streaming-Dienste wie Netflix bekommen ein Problem, wenn Spiele wie Fortnite ihre Spielerfahrung als soziales Erlebnis konzipieren. Das war von Anfang an das Ziel des Spiels, wie Tim Sweeney, CEO der Videospielfirma Epic Games, erklärte. Mittlerweile finden in Fortnite nämlich längst nicht mehr bloß Überlebenskämpfe statt. Im Februar richtete der EDM-DJ Marshmello beispielsweise ein Konzert in der virtuellen Welt des Spiels aus, dem zehn Millionen Zuschauer beiwohnten. Mit solchen Aktionen wird Fortnite vom Spiel zur Plattform und steigt voll in den Kampf um die endlichen Zeitbudgets der Nutzer ein.
Soziale Elemente verschaffen Videospielen einen Vorteil
Vergleich: Mediennutzung vor und seit Fortnite
- Andere Videospiele: 22%/16%
- Social Media: 17%/14%
- Streaming: 19%/16%
- Kino: 11%/8%
- Musik/Podcasts: 14%/11%
- Ohne Bildschirm: 17%/14%
Medium: vorher / nachher (Anteil an der Freizeit pro Tag)
Besonders die sogenannten Tweens, also Kinder zwischen etwa 10 und 14 Jahren, spricht das Videospiel an. Die NRG-Studie zeigte, dass 53 Prozent aller Befragten zwischen zehn und zwölf Jahren mindestens wöchentlich Fortnite spielen – deutlich mehr als Kinder in diesem Alter, die angaben, Facebook oder Instagram abzurufen. Der Anteil an wöchentlichen YouTube- oder Netflix-Nutzern liegt in aber selbst in dieser Altersgruppe aktuell noch höher.
Welche Schlüsse ziehen TV-Anbieter?
Diese Medien nutzen Tweens in den USA
- Fortnite: 62%
- YouTube: 60%
- Netflix: 55%
- Facebook: 51%
- Hulu: 49%
- Instagram: 49%
- TikTok: 47%
- Twitch: 45%
NRG-Studie
Seit Ende vergangenen Jahres experimentiert Netflix verstärkt mit Interaktivität. Zuerst erschien der Netflix-Film «Bandersnatch» aus dem «Black Mirror»-Universum. Die technische Errungenschaft dieses Choose-Your-Own-Adventure-Films, der im Grunde wie ein sehr simples Videospiel daherkam wurde gelobt, der Inhalt kam bei Nutzern dagegen weniger gut an. Im April erschien dann die interaktive Survival-Serie «Du gegen die Wildnis» mit Bear Grylls, die allerdings nur wenig Aufmerksamkeit erzeugte. Weiter Projekte sollen folgen, aber auch im Bereich Streaming sind die Möglichkeiten begrenzt und nicht so vielfältig wie in Videospielen.
Noch ist nicht klar ob die Popularität von Spielen wie Fortnite weiter ansteigt oder eine Grenze bald erreicht ist. Will Netflix dem Videospiel beikommen, müsste es den Charakter seiner Plattform deutlich ändern, etwa Live-Ausstrahlungen einführen, die Chat- oder Voting-Möglichkeiten enthalten. Doch selbst diese wären nicht gleichwertig mit einem Spiel, in dem Nutzer eigene Avatare steuern, mit denen sie tun können, was sie möchten.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel