Ein Satz, den die meisten Leser sicherlich schon einmal gehört haben werden. Und obwohl er so gebräuchlich erscheint, ist es schwer ihn genauer zu definieren. Denn der Horrorfilm selbst hat noch einmal unzählige Subkategorien, die sich im Laufe der Jahrzehnte herausgebildet haben: der Monsterfilm, Haunted House Horror, Rape and Revenge Filme, Anthology Horror, um nur ein paar zu nennen. Doch der Ursprung des Horrorfilms liegt viel weiter zurück, als die Entstehung seiner Subtypen.
Das Jahr 1896. Das Medium Film hat sich gesellschaftlich noch lange nicht durchgesetzt und sorgt mehr für verängstigte als für begeisterte Menschen, da man laufende Bilder bis vor Kurzem noch für Phantasie hielt. Doch das hindert den Pionier und Urvater des Films, George Méliès, nicht «Le Manoir du diable» (Bild) auf die Menschen los zu lassen. Ein dreiminütiger Stummfilm aus Frankreich, der allgemein als das erste filmische Werk gilt, das in die Richtung des klassischen Horrorfilms geht. Anfangs verwandelt sich eine Fledermaus in einem Mann und es werden Dinge wie Skelette und Hexenkessel heraufbeschwören. Übernatürliche Dinge, die wiederum auf das Ursprungsmaterial des Horrorfilms schließen lassen, das sich wie so oft in der Literatur findet.
Auch wenn «Le Manoir du diable» nicht direkt auf einer literarischen Vorlage beruht, sind doch gewisse Ähnlichkeiten zur Gothic Literatur des 18. Jahrhunderts nicht von der Hand zu weisen. So ist es auch kein Zufall, dass besonders die frühen Horrorfilme auf eben jenen Büchern basieren. Die Vorlagen für Tod Brownings «Dracula» (1931) und James Whales «Frankenstein» aus demselben Jahr sind bekannt, wobei insbesondere Mary Shelleys Roman Frankenstein seinen Einfluss schon früher in der Filmgeschichte geltend machte. Und das auch noch in Deutschland zu Zeiten der Weimarer Republik, in den Nachwehen des Ersten Weltkrieges.
«Das Cabinet des Dr. Caligari» (1920), der einflussreichste deutsche Film in der Nachkriegszeit des ersten weltumspannenden Krieges (Quotenmeter berichtete) und der mitunter größte Wegweiser des Horrorfilms. Zugleich ist es mit seinen skurrilen und bedrohungsvollen Szenenbildern der bedeutendste Vertreter des expressionistischen Films, einer Kunstform, die man zuvor nur in der Malerei oder der Literatur von vergleichsweise Kafka fand. Filmwissenschaftler wie Siegfried Kracauer sehen den deutschen Expressionismus im Film nicht nur als ergänzende Kunstform zu den bereits etablierten, sondern als eine eigenständige Entwicklung, die durch den ersten Weltkrieg zustande kam. Die deutschen Filmemacher, die nach dem Krieg von Zerstörung, Reparationszahlungen und weiteren Nachwehen geprägt war, verarbeiteten diese Erfahrungen in dem Medium, mit dem sie sich auskannten. Nach Kracauer war das Ergebnis der expressionistische Film, eine Verarbeitung des Erlebten, gebannt auf Zelluloid. Der Horror des Krieges übertragen auf einen Film. Und die Speerspitze dieser Bewegung: «Das Cabinet des Dr. Caligari».
Die Handlung dieses Films weist mit seinem zombieähnlichen Cesare, der fremdgesteuert wird und durch eine Kleinstadt ziehend Morde verübt, deutliche Parallelen zum berühmten Frankenstein Monster auf. Ein vom Menschen manipuliertes Wesen, das dem Zwang unterliegt einer ihr unbekannten höheren Macht gehorchen zu müssen. Nicht umsonst nennt die mittlerweile verstorbene Filmkritikerikone und Pulitzer Preis Gewinner Roger Ebert «Das Cabinet des Dr. Caligari» den ersten richtigen Horrorfilm.
Doch der deutsche Expressionismus hat noch weitere Filme hervorgebracht, die sich eindeutig dem Horrorgenre zuordnen lassen. Spätestens mit Friedrich Wilhelm Murnaus revolutionärem «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens» (1922) lässt sich von einem etablierten Horrorfilm sprechen. Ein Vampir als Antagonist, verstörende Bildsprache, ein Spiel aus Licht und Schatten und nicht zu vergessen der unheimliche Darsteller Max Schreck, der den Nosferatu mit einer unheimlichen Intensität spielte und als Horrorikone gilt. Der Grundstein für den Horrorfilm wurde durch George Méliès und seinen Dreiminüter gelegt, doch die letztendliche Geburt erfolgte im Deutschland der 20er Jahre zwischen düsteren Szenenbildern, Licht und Schatten.
Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten Anfang 1933 verließen viele Regisseure und Filmemacher das Dritte Reich. Ein Großteil wanderte primär in die Vereinigten Staaten aus und trugen den Geist des expressionistischen deutschen Films mit sich in die dortige Filmlandschaft. Das starke Spiel zwischen Licht und Schatten und die unheimliche, fast schon bedrückende Atmosphäre lebte somit in den US-amerikanischen Werken von deutschen Regisseuren wie Fritz Lang weiter.
Mit den britischen Hammer Film Productions begann die Popularität des Genres Mitte der 1950er Jahre förmlich zu explodieren. Das Filmstudio schmückte sich damit immer wieder Grenzüberschreitungen auf der Leinwand zu zeigen. Blut, nackte Haut, Gewalt, exzessive Thematiken, die man in dieser Form in den noch immer etwas prüden Vereinigten Staaten nicht kannte. Und welche Charaktere trugen die Horrorfilme der Hammer Studios? Natürlich diejenigen, die ihre Krallen ohnehin schon in dem Genre stecken hatten.
Die drei primären Reihen der Hammer Studios handelten von drei der bekanntesten Figuren des Horrorfilms und erfreuten sich internationaler Beliebtheit weit über die britischen Grenzen hinaus. Einer der wegweisendsten Filme für das Studio war «Frankensteins Fluch», auch als «The Curse of Frankenstein» bekannt, der 1957 auf die Leinwand kam. Es war nicht nur der erste Farbfilm des britischen Studios, sondern auch der internationale Erfolg, der den „Hammer Horror“ international berühmt machte. Zugleich wurde in «Frankensteins Fluch» eine weitere Konstante etabliert, nämlich Schauspiellegende Christopher Lee. Verkörperte der englische Darsteller im ersten Farbfilm des Studios noch die Frankenstein Kreatur, war es ein Jahr später in «Dracula» die titelgebenden Figur. Die Rolle des Vampirs ist nicht nur eine der prägendsten in Lees Schauspielkarriere, sondern auch das populärste Filmmonster der Hammer Studios. Während die Frankenstein-Filme, die erste Monsterreihe des Studios, zwischen 1957 und 1974 sieben Ableger hatten, kam die Reihe rund um Dracula auf insgesamt neun Teile.
Die dritte und im Vergleich jüngste Reihe des Studios orientierte sich an dem originalen Film «Die Mumie» von 1932. Der Schauspieler, der damals den einbalsamierten Pharao verkörperte, war niemand geringeres als der legendäre Boris Karloff, der unter anderem auch das Frankenstein Monster in dem gleichnamigen Film von 1931 verkörperte. Die Hammer Studios griffen «Die Mumie» wieder auf und produzierten Mitte der 1960er Jahre drei Mumien-Filme, deren Produktionswerte jedoch nicht allzu hoch waren und nicht mit den anderen beiden Monsterreihen konkurrieren konnte.
- © Universal Pictures
Zeitgenössisches Filmplakat
An der Filmographie des Hammer Studios erkennt man leicht, welchen Stellenwert die literarischen Vorlagen Frankenstein und Dracula haben. Selbst in der heutigen Kinolandschaft tauchen die Charaktere immer wieder sporadisch auf, zuletzt versuchte sich Tom Cruise 2017 an dem Reboot «Die Mumie» (die Quotenmeter-Kritik ist hier zu finden) und auch Frankensteins Monster hält sich mit Auftritten wie der Serie «The Frankenstein Chronicles» (2015-laufend) im Gespräch. Dazu ist Dracula eine der schillerndsten Kreaturen des Kinos, dessen künstlerische Geschichte seit 1931 kein Ende genommen hat. Zahlreiche Remakes und Neuinterpretationen sind unter dem Namen des Vampirs entstanden, zum Teil auch von namhaften Regisseuren wie Francis Ford Coppola inszeniert.
Die ältesten Charaktere haben also immer noch nicht an Einfluss verloren. Die große Popularität, die sie unter anderem durch die Hammer Films erlangt haben, spricht für die Begeisterung, die Horrorfilme und ihre Wesen auf das Publikum haben. Doch wie sieht die weitere Entwicklung des Genres aus? Wie sieht die Geschichte des Horrorfilms in den 1970er Jahren aus, nachdem die Hammer Studios an Bedeutung verloren haben? Im zweiten Teil der Quotenmeter-Horrorreihe werden diese Fragen geklärt und gezeigt, wie es zum modernen Horror der 2000er Jahre gekommen ist.
Kommende Woche folgt Teil 2 der Reihe. Dann geht es um den Horror der 1960er Jahre.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
22.07.2019 09:28 Uhr 1
Ich konnte beispielsweise mit "Heradetary" oder wie dieser "Zungenbrecher" Horrorfilm sich nennt, null was anfangen!
22.07.2019 10:01 Uhr 2
Allerdings gibt es eine Figur die bisher nur wirklich ein Mal eine gute Verfilmung bekam und bis heute Ableger hatte die mehr als nur dämlich waren. Damit meine ich nun nicht die Chichi-Vampirchen aus Twilight! Es ist der Werwolf. Wenn man da schaut, was ein Blödsinn es da alles gibt. Werwölfe die sich verwandeln können, wann sie wollen, im Rudel sind, ohne Schnauzen oder auf zwei Beinen rumlaufen. Alles recht Lächerlich. Da sollte man doch Beispiel am Film American Werewolf nehmen, der eigentlich ihn so zeigt wie man ihn sehen will!
Doch mit was wird man gerade Überschüttet? Mit den Zombies! Jeder Billigfilmer gibt da seinen Senf dazu und auch als Serien. Aber man ist schon sehr Übersättigt und es sollte nun auch mal gut sein.