Was sich Peter Hutton, inzwischen in Diensten von Facebook, wohl denkt? Er war es, der damals für Eurosport zur großen Sportrechte-Offensive geblasen hatte. Dank seiner Mithilfe hatte der zu diesem Zeitpunkt recht frisch von Discovery übernommene Sportsender einige echte Coups gelandet. Darunter die exklusiven Rechte an Olympia und in Deutschland eben der Vier-Jahres-Vertrag mit der Bundesliga. Angeblich wurden dafür 70 Millionen Euro pro Saison fällig, vermutlich aber auch in aufsteigenden Raten. Im ersten Jahr klar weniger, im vierten Jahr klar mehr.
Nach zwei Jahren folgt nun die Notbremse. Aktuell weder bestätigten Medienberichten zufolge hat Eurosport die erworbenen Rechte an DAZN weiterverkauft. Hutton, der Mann des Sportrechteausbaus, der zuletzt schon ins Stocken geriet, arbeitet längst nicht mehr für Eurosport. Und Olympia ist nach einem Last-Minute-Deal mit ARD und ZDF ebenso niemals exklusiv bei Eurosport gewesen. Was bleibt? Dank der Bundesliga hat Eurosport und der Eurosport Player massiv an Bekanntheit gewonnen. Nicht umsonst sagen Branchenkenner schmunzelnd, der Rechtedeal mit der DFL war auch ein riesiger Marketing-Invest.
Die Eurosport-Entscheidung, auf halber Strecke aufzugeben, hat Signalwirkung – weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Auch in Italien, Frankreich, Spanien und (ein Stück weit auch) in England ächzen die TV-Stationen inzwischen unter den riesigen Summen, die sie an die Ligen und Vereine zahlen müssen, um das begehrte Gut Live-Fußball übertragen zu dürfen. Welche Rückschlüsse lassen sich durch das vermutliche Eurosport-Aus nun ziehen?
Newcomer verdienen mit der Bundesliga niemals Geld
Da ist erstmals das Signal an Firmen, die sich eventuell für den Rechteerwerb interessieren könnten. In den Wunschträumen mancher Manager wird bekanntlich immer noch ein Einstieg von Riesen die Amazon oder Google herbeigesehnt. Discovery hat aber ganz klar gezeigt: Wer neu ist im Karussell der Live-Rechte-Anbieter der Bundesliga, verdient selbst dann kein Geld, wenn sich die Unkosten noch im Rahmen halten. Für mögliche Investoren sind die TV-Rechte seit Mittwoch noch ein Stück uninteressanter geworden als sie es vielleicht eh schon waren. Für die Deutsche Fußball Liga (DFL) kommt die Eurosport-Entscheidung somit zu einem denkbar ungünstigen Moment. In rund einem halben Jahr beginnt die Bieterphase für die Rechteperiode 21 bis 25. Hatte man bisher im besten Fall auf einen Vierkampf um die Liverechte (zwischen Sky, Eurosport, DAZN und Telekom) gehofft, ist das Wettbieten vermutlich auf ein Duell geschrumpft. Dass Eurosport nochmal mitmischt, erscheint jetzt unlogisch, die Telekom hat aktuell den 5G-Ausbau zu wuppen (und fährt mit der Sky-Sport-kompakt-Kooperation sehr gut).
Wer heute übrigens immer noch auf Amazon hofft, der dürfte ein unverbesserlicher Optimist sein. Amazon hat mit der Bundesliga zuletzt seine Erfahrungen gemacht. Eurosport bot diese über die Amazon-Channels an. Der Erfolg kann nicht allzu groß gewesen sein. Warum also sollte sich Amazon 2021 selbst ins finanzielle Risiko stürzen, wenn man schon jetzt nicht helfend zur Seite gesprungen ist?
Nach 2007, damals machte arena nach nur einer Saison Schluss, weil die Einnahmen unterhalb der Erwartungen blieben, scheitert also auch der zweite Versuch, die Bundesliga abseits von Sky zu vermarkten.
Steigende Einnahmen ade
Für Sky, das jetzt schon die Hauptlast der TV-Gebühren trägt und knapp 900 Millionen Euro pro Saison zahlt, ist das Ende des Eurosport-Engagements eine gute Nachricht. Es lässt eben jene schillernde Träume zerplatzen, in denen die TV-Einnahmen nochmal weiter und somit ins unermessliche gestiegen wären. Die Deutsche Fußball Liga muss sich klar werden, dass das Ende der Fahnenstange vermutlich längst erreicht ist. Die aufgerufenen Summen lassen sich aktuell in Deutschland nicht verdienen; der Fan hat entschieden. Es wäre daher für alle Seiten kontraproduktiv, die Preisspirale noch höher zu drehen. Weitere Spontan-Rechte-Verkäufe würden irgendwann auch dem Ansehen der Liga schaden. So gäbe es nur Verlierer.
Pech für Joyn
Während Sky also aufatmen kann, dürfte der frisch gestartete Streaming-Dienst Joyn, betrieben von ProSiebenSat.1 und Discovery, eher eine Schnute ziehen. Geplant war eigentlich, dass der Eurosport Player, dessen wichtigstes nationales Rechte zweifelsfrei die Bundesliga war, im Winter in eine Premium-Variante von Joyn integriert wird. Die Bundesliga wäre somit eines der Zugpferde für den Dienst gewesen. Jetzt muss Joyn mit anderen Mitteln zahlende Kunden anlocken.
Sendepause für Henkel
Die Eurosport-Entscheidung kam plötzlich. Vergangene Woche tauchten erstmals leise Gerüchte auf, DAZN könnte – in welcher Form auch immer – von Discovery an Bord geholt werden. Die PR-Maschinerie von Eurosport Deutschland lief damals aber schon an. Die Spiele der ersten sechs Spieltage wurden vorsichtig für den Eurosport Player beworben. Das zeigt, wie überraschend das Bundesliga-Aus auch für das deutsche Team des Sportsenders ist. Es hat den journalistisch-bitteren Beigeschmack, dass mit Jan Henkel der vielleicht zur Zeit beste deutsche Fußball-Moderator seine Tätigkeit nicht wie geplant fortsetzen kann. Was mit ihm in den nächsten Monaten wird, ist eine der offenen Fragen. Es dürfte nicht ganz einfach werden, jetzt bei einem großen Player unterzukommen. Sowohl DAZN als auch Sky sind mit ihren Planungen vermutlich schon weit vorangeschritten.
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