Interview

Idris Elba: 'Ich bewundere Daniel Day-Lewis'

von   |  2 Kommentare

«Hobbs & Shaw»-Fiesling Idris Elba verrät Quotenmeter.de, weshalb Pressetouren für ihn eine Herausforderung sind und welchem übersehenen Film er mehr Aufmerksamkeit wünscht.

Zur Person: Idris Elba

  • Geboren am 6. September 1972 in London
  • Spielte eine tragende Rolle in «The Wire», die oftmals als eine der besten Serien aller Zeiten bezeichnet wird
  • Wurde mehrmals für die Krimiserie «Luther» prämiert
  • Spielte in mehreren Marvel-Filmen mit
  • Aber auch in kleineren Dramen wie «Beasts of No Nation» oder «Mandela – Der lange Weg zur Freiheit»
  • Ist außerdem als DJ und Designer tätig
Welche Beziehung haben Sie zur «Fast & Furious»-Reihe, haben sie sich schon vor ihrem Casting in «Hobbs & Shaw» mit ihr beschäftigt?
Ich würde mich eher als Novize mit dieser Reihe bezeichnen. Ich habe manche von ihnen gesehen. «Tokyo Drift» ist mir in Erinnerung geblieben und der Teil mit Charlize Theron. Sie war gut darin!

Was ist das Beste daran, der Böse in einem Film zu sein?
Böse Rollen sind oft besser geschrieben. Manchmal sind sie auch komplexer als die Helden. Ich glaube, dass sich Autoren in ihrer Vorstellung oft in düsteren Orten wiederfinden. Für mich als Schauspieler bedeutet das, dass du in diesen Rollen Dinge sagen kannst, die extremer sind – und das macht einfach Spaß. Aber Schurken sind auch voller Klischees, man kennt ja die Konventionen der Schurken: Entweder ist ein Schurke äußerst böse und er stirbt am Ende des Films. Oder er ist nicht ganz so schlimm und kommt in der Fortsetzung zurück. Diese Klischees auszubalancieren, ist schon eine Herausforderung …

Ihre Rolle in «Hobbs & Shaw» weiß, dass sie der Schurke ist, sie prahlt damit, fies zu sein. War das ein Element, das so schon im Drehbuch stand?
Ja, das kam schon im Drehbuch vor, jedoch haben wir beim Dreh beschlossen, diese Seite an Brixton noch zu verstärken. Der Gedanke dahinter war, dass er zum Teil Mensch, zum Teil Maschine ist, und dass das Publikum ins Grübeln geraten soll, welche Seite Brixtons wann das Sagen hat. Das hat mich an Brixton gereizt: Er hat außerordentliche physische Fähigkeiten, jedoch ist sein mentaler Zustand nicht gerade unversehrt. Er ist megalomanisch. Und das wollten wir mit einer gewissen Ironie anpacken. Aber wir wollten es auch nicht übertreiben: Er ist nicht der Joker …

Die Inspiration dazu, diese Rolle anzunehmen war die Aussicht darauf, einen Milliarden-Dollar-Erfolg zu haben.
Idris Elba
Gibt es denn Figuren, an die Brixton dagegen sehr wohl erinnern soll? Gab es Inspirationen, mit denen sie an diesen Film herangetreten sind?
Wir hatten eher Anti-Inspirationen für ihn – in dem Sinne, dass wir versucht haben, manchen Parallelen aus dem Weg zu gehen. So hat es sich aufgedrängt, einen Terminator-Verweis zu machen, doch wir haben das bewusst vermieden, da wir dachten, dass wir uns damit nicht messen können.

Und sonst … Die Inspiration dazu, diese Rolle anzunehmen war die Aussicht darauf, einen Milliarden-Dollar-Erfolg zu haben. (schmunzelt) Es ist, was es ist: Ich wollte Spaß haben. Ich wollte mit David Leitch zusammenarbeiten. Ich wollte mit Dwayne und Jason zusammenarbeiten, die richtig stark in dieser Art Film sind, von der ich bislang nicht so viele gemacht habe. Und das ist es doch, was bei der Arbeit wichtig ist: Dass du mit Leuten zusammenarbeitest, die das beherrschen, was sie tun, und die man respektiert. Meine Karriere besteht ja aus diesen verschiedenen Arten von Filmen. Ich drehe kleine, obskure Filme, wie «Second Coming». Und dann drehe ich so etwas wie «Hobbs & Shaw». Daran habe ich Spaß, an diesem Mischmasch – ich mag es, dass ich als Schauspieler in der Auswahl meiner Projekte unberechenbar bin.

Wenn Sie einen Ihrer kleineren Filme plötzlich ganz groß machen könnten … Keine Ahnung, sie schnippen mit den Fingern und auf einmal haben alle, die den Film nicht gesehen haben, den inneren Drang, ihn nachzuholen … Welchen Ihrer Filme würden Sie aussuchen?
(denkt lange nach) Da gab es diesen Film namens … «Legacy»? Ja, genau, er heißt «Legacy»! Ein ganz kleiner Film, ich selber hatte ihn fast schon vergessen! Das ist ein total übersehener Film von Regisseur Thomas Eromose Ikimi. Es geht um einen Soldaten, der in einem Hotelzimmer ins Grübeln gerät. Ich habe mich bei dem Film enorm ins Zeug gelegt, habe mich da richtig hineingesteigert. Ich muss zugeben: Ich habe ihn noch gar nicht gesehen. Vielleicht ist er ja doch nicht so gut, wie ich ihn mir ausmale? (lacht)

Und was ist mit ihrer Regiearbeit «Yardie»? Sind sie enttäuscht, wie der Film abschnitt? Haben sie weiterhin Interesse daran, Regie zu führen?
Oh ja. Ich bin sehr stolz auf den Film! Kommerziell hätte er natürlich besser laufen können. Er hätte sich öfter an Verleiher verkaufen können, zweifelsohne. Aber mit ihm als Kunstwerk bin ich sehr zufrieden – ich würde kaum etwas an ihm ändern. Ich will gerne häufiger Regie führen. Und als Filmemacher habe ich einen anderen Drang als Schauspieler. Als Schauspieler mag ich ja, wie gesagt, beide "Welten". Aber als Regisseur ziehe ich die kleinen, menschlichen Dramen vor und ich bin ja auch noch ein eher unerfahrener Regisseur, daher habe ich kein Problem damit, vorerst auf kleine Projekte beschränkt zu bleiben. Doch wer weiß, vielleicht werde ich eines Tages auch so einen Film wie «Hobbs & Shaw» inszenieren?

In der Theorie ist das Kino der beste Ort, um sich einen Film anzuschauen, aber in der Praxis ist VOD durchaus eine sehr gute Sache.
Idris Elba
Brauchen Filme Ihrer Meinung nach die große Leinwand? Oder sind Sie auch damit einverstanden, wenn Filme direkt bei einem Streamingdienst landen?
Dieser Film muss im Kino gesehen werden, dafür wurde er gedacht. Dennoch finde ich, dass Straight-to-VOD eine tolle Entwicklung ist, weil es mehr Menschen ermöglicht, ihre Geschichten zu erzählen und genauso haben dank Streaming mehr Menschen die Chance, sich viele Filme anzuschauen. In der Theorie ist das Kino der beste Ort, um sich einen Film anzuschauen, aber in der Praxis ist VOD durchaus eine sehr gute Sache.

Sie sind ja seit nunmehr einigen Jahren die Wunschwahl vieler Filmfans, um Daniel Crags Nachfolge als James Bond anzutreten. Können Sie dieses Thema eigentlich noch hören? (lacht)
Ach, ich wäre langsam froh, wenn sich die Akte mal schließen würde. Wann immer es angesprochen wird, entsteht darum so ein großer Wirbel … Das macht mir keinen Spaß mehr.

Dann zur Abwechslung eine völlig andere Frage: Ich hatte noch nie die Gelegenheit mit dem amtierenden 'Sexiest Man Alive' zu sprechen – bis jetzt! (lacht) Wie haben Sie auf diese Wahl reagiert? Schenken Sie sowas überhaupt Beachtung?
Ich war extrem geschmeichelt, als mir das mitgeteilt wurde. Aber mit fortschreitender Zeit finde ich es eher unterhaltsam – das ist schon komisch, solch einen Titel zu tragen. Aber es hat meinem Ego gut getan, vor allem, weil ich ja mit Dwayne gedreht habe, der vor zwei Jahren den Titel hielt. Das war am Set das Sprungbrett für viel gegenseitige Neckereien.

Und wen würden Sie sich als Nachfolger wünschen?
(lacht) Ohje, ich weiß nicht … Daniel Craig?

Die Tage des rätselhaften, geheimnisumwitterten Künstlers, der sich nur für seine Darbietungen ins Licht der Öffentlichkeit wagt, sind mehr oder weniger gezählt.
Idris Elba
Was ist für Sie die größte Herausforderung am Dasein als Schauspieler, mit der sie vorab nicht gerechnet haben? Ist es vielleicht das Umgehen mit ständigen Drehbuchrevisionen, oder womöglich der Stress solcher Pressetouren wie dieser hier – oder, oder, oder ..?
Ich glaube, die größte Herausforderung ist die Erwartung, ständig in der Öffentlichkeit stehen zu müssen. Charakterlich tendiere ich dazu, verschlossen zu sein. Was wohl niemand von mir denken würde, schließlich wird von Schauspielern erwartet, dass sie sich auch abseits ihrer Rollen sehr darum bemühen, im Rampenlicht zu stehen. Heutzutage ist dieser Druck besonders groß. Die Tage des rätselhaften, geheimnisumwitterten Künstlers, der sich nur für seine Darbietungen ins Licht der Öffentlichkeit wagt, sind mehr oder weniger gezählt. Das Publikum verlangt, dass du aus dir rausgehst und viel mit Leuten und den Medien interagierst, dass du ständig Dinge von dir preisgibst. Und das liegt mir nicht so. Ich liebe es, zu schauspielern, aber ich tu mich schon schwer damit, mich so in die Öffentlichkeit zu begeben, wie es verlangt wird.

Das heißt, wenn Sie einen Karrierewunsch frei hätten, wären Sie der zurückgezogen lebende Künstler, der dennoch große Aufmerksamkeit mit seiner Arbeit generiert?
Absolut. Ich bewundere Daniel Day-Lewis dafür, wie er genau das schafft. Es ist echt unfassbar, wie er sich zurückziehen kann und dennoch Beachtung erhält.

Vielen Dank für das Gespräch.
«Fast & Furious präsentiert: Hobbs & Shaw» ist ab dem 1. August 2019 in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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Nr27
01.08.2019 16:03 Uhr 1
Sid, was mich interessieren würde: Kommt es eigentlich vor, daß du von deinen Interviewpartnern am Ende gelobt wirst oder sie sich für die Gesprächsführung bzw. für die Fragen ausdrücklich bedanken oder etwas in der Art?



Denn ich kann es natürlich mangels eigener Erfahrung nicht wirklich beurteilen, aber wenn man auch nur ansatzweise weiß, wie viele Interviews speziell Schauspielstars bei Promotouren geben müssen und dabei immer wieder die gleichen, oft oberflächlichen Fragen gestellt bekommen, dann denke ich mir, daß die richtig glücklich sein müssen, wenn sie tatsächlich mal tiefergehend über ihre Arbeit sprechen dürfen, oder? Schließlich sind viele von denen doch letzen Endes genau die gleichen Nerds wie unsereins (bilde ich mir zumindest ein :D ). Ich an ihrer Stelle wäre jedenfalls sehr froh darüber ...



(P.S.: Ja, das darfst du ruhig als Kompliment für deine Interviews verstehen, auch wenn ich nicht schleimen will).
Anonymous
01.08.2019 16:40 Uhr 2
Ach, das kommt schon vor, aber ich würde da auf einfach eine generelle Höflichkeit schließen. Aber vielen, vielen Dank für das Kompliment, ich sitze gerade hochrot vor dem Bildschirm. :blush:
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