Interview

Basketball-Kommentator Körner: „Die deutsche Sportberichterstattung besteht zu 99% aus Fußball. Da müssen sich natürlich auch die Medien hinterfragen“

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Am Samstag beginnt die Basketball-Weltmeisterschaft in China. Deutschland geht mit seinem vielleicht besten Team an den Start. Für alle frei überträgt MagentaSport. Über die Bedeutung des Sports und die Übermacht des Fußballs haben wir mit Deutschlands bekanntestem Basketball-Reporter, Michael Körner, gesprochen. Er wird bei dieser WM direkt aus China berichten.

Wenn über den FC Bayern, den BVB, über Jürgen Klopp jeden Tag Dutzende Berichte geschrieben, Hunderte Social Media Beiträge erstellt werden, wenn Tag für Tag jedes noch so unwichtige Thema wiedergekäut wird, dann hat man natürlich die Öffentlichkeit irgendwann dahingehend dressiert, dass alles andere unwichtig erscheint. Darunter leidet nicht nur der Basketball, darunter leiden alle anderen Sportarten, die nicht Fußball heißen.
Michael Körner, Basketball-Kommentator für MagentaSport
Die Basketball-WM steht in den Startlöchern, die ganz große Aufmerksamkeit scheint das Turnier aber nicht zu bekommen. Liegt das nur an den fehlenden ganz großen deutschen Namen?
Mir fällt aktuell kein großer deutsche Name auf, der fehlen würde. Tatsächlich spielt die am besten besetzte deutsche Nationalmannschaft aller Zeiten. Noch nie gab es eine solche Breite an guten Spielern. NBA-Profis, Euroleague-Spieler, etc. etc. Die Absage diverser NBA-Profis für das Team USA ist sicherlich nicht hilfreich. Die große Aufmerksamkeit ist bisher auch deswegen noch nicht gegeben, weil deutsche Sportberichterstattung zu 99 Prozent aus Fußball besteht. Da müssen sich natürlich auch die Medien hinterfragen. Das hat mittlerweile Ausmaße angenommen, die in keinem Verhältnis mehr stehen. Wenn über den FC Bayern, den BVB, über Jürgen Klopp jeden Tag dutzende Berichte geschrieben, hunderte Social-Media-Beiträge erstellt werden, wenn Tag für Tag jedes noch so unwichtige Thema wiedergekäut wird, dann hat man natürlich die Öffentlichkeit irgendwann dahingehend dressiert, dass alles andere unwichtig erscheint. Darunter leidet nicht nur der Basketball, darunter leiden alle anderen Sportarten, die nicht Fußball heißen. Hinzu kommt, dass der Basketball-Fan nicht unbedingt überaktiv in den sozialen Medien unterwegs ist. Er möchte im Wesentlichen seinen Sport konsumieren. Das macht ihn aus meiner Sicht unglaublich sympathisch.

Dieses ewige Schreien nach ARD und ZDF habe ich eh noch nie verstanden. Hat sich eigentlich irgendjemand beschwert, dass «Game of Thrones» nicht bei ARD oder ZDF zu sehen ist?
Michael Körner über den ewigen Ruf nach Sportübertragungen bei ARD und ZDF
MagentaSport wird die WM – komplett alle Spiele – kostenlos für Jedermann bereitstellen. Ist das das beste Argument für diejenigen, die die WM lieber bei ARD oder ZDF sehen wollen würden?
Das ist sicherlich ein sehr gutes Argument. Dieses ewige Schreien nach ARD und ZDF habe ich eh noch nie verstanden. Hat sich eigentlich irgendjemand beschwert, dass «Game of Thrones» nicht bei ARD oder ZDF zu sehen ist? Die Nutzung von Plattformen wie Netflix, Magenta TV, Amazon, YouTube ist doch heute viel mehr der Standard als lineares Fernsehen über öffentlich-rechtliche Sender. Und wie sollen denn ARD/ZDF bitte 92 Spiele abbilden? Ich finde auch den Weg konsequent zu sagen, nein, wir geben die deutschen Spiele nicht sublizensiert ins öffentlich-rechtliche Fernsehen. Wir zeigen lieber die Stärke und Qualität unserer Plattform.

So überträgt MagentaSport

MagentaSport sendet für alle kostenlos - im Web, der App oder am TV. Somit gibt es 92 Spiele in HD. Dazu: Die tägliche Highlight-Show „WM Kompakt“ sorgt jeweils um 19 Uhr für den kompletten Überblick über das aktuelle Geschehen. Anett Sattler und Sascha Bandermann begrüßen in der 60-minütigen Sendung im Studio bei München ausgewählte Gäste und Experten. Weitere Eindrücke vom Turnier sowie den Blick hinter die Kulissen des deutschen Lagers liefern tägliche Formate wie u.a. das „WM-Tagebuch“, die „News des Tages“ oder die „Highlights“ aller Spiele.
Michael Körner und Benni Zander berichten von vor Ort über die deutschen Spiele. Darüber hinaus begleiten bekannte Basketball-Kommentatoren wie u.a. Alex Frisch, Markus Krawinkel, Stefan Koch und Chris Schmidt alle weiteren WM-Spiele am Mikrofon. Als Moderatoren werden Anett Sattler, Jan Lüdeke und Sascha Bandermann im Einsatz sein. Bei ausgesuchten Topspielen und den deutschen Begegnungen werden Experten wie Pascal Roller und Alex Vogel im Einsatz sein.
Welche Pläne haben Sie und ihr Sender für die Übertragung?
Produziert wird die Übertragung ja nicht von der Telekom, sondern von der Produktionsfirma thinxpool bzw. dem Sender myteamTV, der es dann auf der Magenta TV-Plattform verbreitet. Zwei Dinge stehen da aus meiner Sicht im Vordergrund. Da wir mit einem Team vor Ort sein werden, wollen wir dem Zuschauer die maximal mögliche Nähe insbesondere zur deutschen Mannschaft vermitteln. Das sind sensationell sympathische Typen, die deutlich mehr Aufmerksamkeit verdienen. Wir haben große Erwartungen in das sportliche Abschneiden und wollen das so kompetent und so nah wie möglich nach Deutschland transportieren.

Heutzutage sind Übertragungen von vor Ort in der Sportberichterstattung leider nicht mehr alltäglich. Zweitens gilt es den Zuschauer an die Hand zu nehmen und bei 92 Spielen die Übersicht zu bewahren. Daher werden wir auf mehreren Kanälen übertragen, aber auf dem Hauptkanal sozusagen die zentrale Anlaufstelle für alle Fans produzieren. Dort gibt es mit «WM kompakt - das Highlightstudio» ein tägliches Live-Studio, Vorberichte, Hinweise auf aktuell laufenden Spiele auf den Parallelkanälen etc. etc.

Wo sehen Sie momentan die deutsche Liga, die BBL, im internationalen Vergleich? Kann man da noch von einem Aufschwung sprechen?
Die Situation in der deutschen Liga hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Die Strukturen in den Vereinen sind professioneller geworden, die Hallen moderner und insbesondere der sportliche Nachwuchs ist internationale Spitzenklasse. In anderen Ligen, wie in Spanien oder der Türkei, ist allerdings noch mehr Geld im Umlauf. Das liegt aber an Strukturen, die wir in Deutschland teilweise so gar nicht wollen. Es gibt in den genannten Ländern viel mehr Querfinanzierungen durch zum Beispiel finanzstarke Fußball-Abteilungen oder Milliarden schwere Familien-Holdings. Oder auch steuerlich deutlich günstigere Grundvoraussetzungen für die Vereine. Für die kleineren Vereine in Deutschland ist es zudem sehr schwer überregionale Sponsoren zu finden. Nimm einen gar nicht mal so kleinen Verein wie Brose Bamberg, die auch nur aufgrund des umfangreichen Engagements des Hauptsponsors über Jahre in der Lage waren, an der europäischen Spitze mitzuspielen. Fließen dann ein paar Millionen weniger, kann das von regionalen Sponsoren nicht aufgefangen werden. Auch nicht vom Ticketing, nicht vom Merchandising, nicht von den TV-Lizenzen.

Basketball-WM 2019

  • Zeitraum: 31. August bis zum 15. September 2019
  • Ausgetragen in: China
  • Teilnehmer: 12x Europa, 5x Afrika, 7x Amerika, 8x Asien/Ozeanien
  • Deutschland: spielt in Gruppe G. Gegner sind Frankreich, Jordanien und die Dom. Rep.
Welche Nationen sind für Sie jetzt bei der WM die Favoriten und was wäre ein Erfolg für die deutsche Mannschaft?
Mein persönlicher Favorit ist Serbien. Die haben eine fantastische Mannschaft. Und mit ihrer Art zu spielen, liegen sie den Amerikanern auch überhaupt nicht. Team USA ist zwar nicht mit der ersten Garde da, aber in jedem Fall auch ein Anwärter. Die Griechen bringen den wertvollsten Spieler der vergangenen NBA-Saison mit, die sind komplett euphorisiert. Leider haben die Deutschen eine sehr schwere Auslosung erwischt, spätestens im Viertelfinale drohen die USA oder Griechenland. Das Erreichen des Viertelfinales ist auch kein Spaziergang, da in der Zwischenrunde starke Gegner warten. Tatsächlich wird das allererste Spiel der Vorrunde gegen Frankreich schon die Richtung zeigen. Die Franzosen haben in der Vorbereitung stärker gespielt als ich gedacht habe.

Es gibt sicherlich das ein oder andere, das der deutsche Basketball noch von den Amerikanern lernen kann – was aber muss er aus Ihrer Sicht aus Übersee lernen?
NBA-Basketball ist ein Multi-Milliarden-Geschäft, daher fällt es schwer, einen Vergleich zu ziehen. Die Amerikaner sind sicherlich im Bereich Vermarktung absolute Spitzenklasse. Zudem sieht das Endprodukt einfach sehr wertvoll aus, tolle Arenen, perfektes Licht, starker Eventcharakter. Mir wäre es wichtiger, dass wir nicht von den Amerikanern lernen, sondern dass der Basketball sich weltweit einheitlicher präsentiert. Sie dürfen nicht vergessen, dass in der NBA nach anderen Regeln gespielt wird. Das Spielfeld ist etwas größer, die Spielzeit deutlich länger. Wir haben konkurrierende europäische Verbände was bereits jetzt katastrophale Folgen auf allen Ebenen nach sich zieht. Das ist mit großem Abstand die Haupt-Baustelle des Profi-Basketballs.

Danke für das Gespräch, Herr Körner.

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