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„Wir scheinen auf ein Geschäft mit sehr margenschwacher Struktur im Allgemeinen für die Bündelung von Inhalten zuzugehen, und es gibt vielleicht keinen guten Ausweg, wenn man bedenkt, dass einige der Akteure nicht wirklich das Ziel haben, Geld zu verdienen“, sagte Wall Street-Analyst Doug Creutz, der den Mediensektor für die Agentur Cowen abdeckt. Für ihn ist sicher, dass nicht alle auf das große Geldverdienen angewiesen sind – wie beispielsweise Apple.
Das im April vorgestellte monatliche Angebot von Disney+ von 6,99 Euro setzt die Messlatte für die neue Welle von Video-on-Demand-Diensten, die sich dem Markt nähern. Obwohl Disney der erste Player war, der seine Pläne in diesem Jahr bekannt gab, werden sie weder die ersten neuen noch die billigsten auf dem Markt sein. Apple, das Disney bereits preislich unterboten hat, wird am 1. November, also elf Tage früher, an den Start gehen. Mit kostenlosen Jahresabonnements für jeden, der ein neues Apple-Produkt kauft, wird man schnell einen riesigen Kundenstamm aufbauen.
„Apple verlangt nicht wirklich viel von den Leuten“, sagte Reichard Greenfield, Medienanalyst bei LightShed Partners. „Sie bekommen Millionen von Menschen, die Apple Produkte kaufen und somit kostenlosen Zugang zu Apple TV+ haben“. Gratis-Angebote machen die Kunden glücklich, aber die Wall Street ist misstrauisch. Goldman Sachs bezweifelt die Streaming-Strategie von Apple. So senkte das Unternehmen sein Kursziel der Aktie von 187 auf 165 US-Dollar und projiziert, dass das einjährige Geschenk die Gewinne, den Bruttogewinn und die durchschnittlichen Verkaufspreise belasten würde. Die Anmerkung zwang die Verantwortlichen in Cupertino, ihr Werbeangebot nur wenige Tage nach der Enthüllung öffentlich zu verteidigen.
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TiVo, das Set-Top-Hard- und Software an Kabelnetzbetreiber weltweit verkauft, sieht den Anstieg der internetbasierten Videodienste als Segen für sein Geschäft. Denn die TiVo-Plattform kann einen Mehrwert schaffen, indem sie es den Nutzern ermöglicht, Inhalte aus verschiedenen Quellen zu finden und anzusehen. Ähnlich operiert in Deutschland auch Sky mit seinem SkyQ. „Zum ersten Mal in meiner Karriere freue ich mich über das ganze OTT-Chaos auf dem Markt“, sagte Shull, der auch lange Zeit Chef des Weather Channels war.
Es ist zweifellos ein starker Wettbewerb. Es gibt nur so viele monatliche Abonnements, die die Budgets der Verbraucher tragen. Der US-Markt hat bereits rund 60 Millionen Netflix-Kunden und 151 Millionen weltweit, während Amazon im vergangenen Jahr die 100-Millionen-Marke der globalen Prime-Abonnements überschritten hat. Hulu, das nun vollständig von Disney kommt, wird versuchen, seine 28 Millionen Abonnenten auszubauen. Mit Disney+ und ESPN+ soll es einen Kombipreis von 12,99 US-Dollar geben.
Das kleine Preisschild von Apple TV+ ist vor allem durch ein kleines Angebot gekennzeichnet: weniger als zehn neue Serien. Das ist weit entfernt von dem umfangreichen Paket an Serien, Filmen und Archiv-Ware, das Disney+ bei seiner Markteinführung haben wird. Auch Netflix haut monatlich mehrere neue Serien raus, um seine Bibliothek wachsen zu lassen.
Der Barclays-Analyst Kannan Venkateshwar untersuchte den aktuellen Streaming-Markt und die Geschichte der Kabelnetze. Er glaubt, dass viele Experimente bevorstehen, die die Skalierung der einzelnen Dienste beeinflussen könnten. Er bezweifelt aber stark, dass das begrenzte Angebot von Apple unerschwinglich sein wird. Die Investoren gehen davon aus, dass Apple einen Dauertiefpreis anbieten wird.
WarnerMedia, im Besitz von AT&T, befindet sich in einer einzigartigen Situation. HBO hat wohl geschätzte 38 Millionen US-Abonnenten. Das ist etwas anderes, als einen Streamingdienst von Grund auf neu zu starten und deshalb werden wohl viele bereit sein, etwas mehr zu bezahlen, um eine ganze Menge neuer Inhalte zu bekommen.
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Die Details von HBO Max werden am 29. Oktober bekannt gegeben, dann lädt AT&T zum Investor Day. Ein Bericht des „Wall Street Journal“ spricht von einem zu erwartenden Preis von 16 bis 17 US-Dollar. Vertrauliche Quellen äußerten gegenüber „Variety“, dass der Preis intern immer noch diskutiert wird.
Analyst Creutz glaubt nicht, dass es darauf ankommen wird, wie die Preise jetzt aussehen, sondern vielmehr darauf, wie die Gebühren in Zukunft aussehen werden. Netflix hob zuletzt mehrfach die Preise an und erlebte den ersten inländischen Abonnentenverlust seit acht Jahren. Amazon hat seine Gebühr im vergangenen Jahr zuletzt erhöht.
Für die Analysten der Wall Street ist klar: Apples Zukunft hängt nicht von Apple TV+ ab. Das ist ein Posten, der notfalls abgeschrieben werden könnte. Netflix' Überleben hängt hingegen stark von den Einnahmen aus dem Abonnement-Geschäft ab. So oder so, die Streaming-Kriege versprechen, die Verbraucher vom traditionellen Pay-TV fernzuhalten – meint zumindest Analyst Greenfield. In den Vereinigten Staaten von Amerika sind die Abo-Gebühren für Kabel immer noch sehr hoch. Würden die Kunden das Kabelangebot kündigen und dafür Streamingdienste abonnieren, würden sie damit so gesehen also noch Gebühren sparen.
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