Filmfacts «Maleficent: Mächte der Finsternis»
- Regie: Joachim Rønning
- Produktion: Joe Roth, Angelina Jolie, Duncan Henderson
- Drehbuch: Linda Woolverton, Noah Harpster, Micah Fitzerman-Blue
- Cast: Angelina Jolie, Elle Fanning, Chiwetel Ejiofor, Sam Riley, Ed Skrein, Imelda Staunton, Juno Temple, Lesley Manville, Michelle Pfeiffer
- Musik: Geoff Zanelli
- Kamera: Henry Braham
- Schnitt: Laura Jennings, Craig Wood
- Laufzeit: 119 Minuten
- FSK: ab 12 Jahren
«Maleficent: Mächte der Finsternis» steht allerdings in einem sonderbaren Verhältnis zum Vorgänger: Einerseits verlassen sich diverse Dialogpassagen darauf, dass man das Fantasyvokabular aus dem Vorläufer sowie die exakten Bekanntschafts- und Sympathieverhältnisse der Figuren verinnerlicht hat. Doch den sperrigen Wortwechseln im Skript von Linda Woolverton, Micah Fitzerman-Blue und Noah Harpster steht der Eröffnungskommentar von «Maleficent: Mächte der Finsternis» gegenüber, der praktisch aussagt, dass Teil eins in der Filmwelt vergessen wurde. Und auch Maleficents Figurenentwicklung in dieser Fortsetzung stammt aus dem zynischen "Macht dasselbe einfach noch einmal, das Publikum wird’s schon schlucken"-Filmhandbuch.
«Maleficent: Mächte der Finsternis» beginnt damit, dass die dunkle Fee Maleficent (eine sehr affektiert spielende Angelina Jolie) grantig, aber nicht bösartig ist. Jedoch hat sie eine besitzergreifende Ader an sich, und daher reagiert sie passiv-aggressiv, als sie erfährt, dass ihr Patenkind Aurora (Elle Fanning) demnächst heiraten soll. Als Auroras Schwiegermutter in spe, Königin Ingrith (Michelle Pfeiffer), zu allem Überfluss verkündet, dass sie will, dass das künftige Ehepaar in ihr Königreich zieht, hat Maleficent einen Wutanfall. Als zugleich Auroras Schwiegervater in spe von einem Fluch getroffen wird, glauben alle, dass Maleficent wieder einmal zu harschen Mitteln greift, weil ihr jemand quer kommt. Maleficent ist von diesen Anschuldigungen so verletzt, dass ihr Geduldsfaden reißt …

«Maleficent: Mächte der Finsternis» ist in dieser Hinsicht eine Spur besser, da stringenter: Auf dem Papier erzählt dieser Fantasyfilm die Geschichte einer distanzierten, strengen, aber wohlmeinenden Person, die durch ein Missverständnis gekränkt wird und der Versuchung widerstehen muss, sich ihren schlimmsten Tendenzen hinzugeben. In der Umsetzung gerät dies aber schon wieder fahrig, da dieser klare narrative Entwurf durch die schon wieder konfus angelegte Titelfigur zerschossen wird. So, als habe das Filmteam Hauptdarstellerin Angelina Jolie je nach Tagesform gewähren lassen und so, als hätten alle drei der Drehbuchverantwortlichen einen anderen Zugang zu der Figur gefunden, findet die Persönlichkeit Maleficents einfach nicht zusammen: Ihre ständigen Sprünge zwischen streng, nachtragend, arrogant, entrückt-naiv, verletzlich mit falschem Stolz und gutherzig-missverstanden haben erzählerisch kaum Hand und Fuß.

Denn «Maleficent: Mächte der Finsternis» fehlt jegliche erzählerische Konsequenz. Figuren werden schleppend eingeführt und erzählerisch ineffizient an den Rand gedrängt. Wann immer die Schurken dieses Big-Budget-Projekts etwas drastisches tun oder ihnen etwas schlimmes widerfährt, schneiden Regisseur Joachim Rønning («Pirates of the Caribbean – Salazars Rache») und die Cutter Laura Jennings & Craig Wood frühzeitig weg – es sei denn, das Drehbuch relativiert es eh wenige Minuten später. Jüngere Kinder mag dies auf situativer Basis noch mitnehmen, weil sie nicht die mediale Erfahrung haben, solch ein Schema zu durchschauen. Aber da «Maleficent: Mächte der Finsternis» eine FSK ab zwölf Jahren hat, wird diese Relativierung nur auf wenige zutreffen, die eine Karte für den Film lösen.
Somit wird dies zu einem Film, der sich massiv verhebt, denn hinter der zahnlosen Inszenierung und mehrmaligen, plötzlichen Twists zum Guten, stecken größere Ideen. «Maleficent: Mächte der Finsternis» könnte ein Film über Intoleranz und Hassverbrechen sein, doch wie schon der erste Teil, der eine Vergewaltigungsmetapher fast bis zur Unkenntlichkeit verwässert, ist dieser Fanatsyfilm mehr damit beschäftigt, seine thematischen Elemente zu entschärfen, als mit ihnen relevante Aussagen zu treffen.
- © Walt Disney
Was «Maleficent: Mächte der Finsternis» auf der Haben-Seite bleibt, sind Ellen Mirojnicks markiges Kostümdesign, eine (!) berückend ausgeleuchtete, monochromatische Szene, die in einem Feennest spielt, eine stimmig auf die Musik geschnittene Parallelmontage im Mittelteil und Jenn Murray («Brooklyn»), die ihre schurkische Handlangerin mit fiesem Genuss spielt. Das ist bei all diesen Inkonsistenzen und all dem Leerlauf viel zu wenig, um den Film auch nur in die Nähe des passablen Bereichs zu hieven. Geschweige denn, um ihn sehenswert zu machen.
Fazit: «Maleficent: Mächte der Finsternis» ist kein derartiger kreativer Totalflop wie Teil eins, aber noch immer überwiegen die Mängel: Mit einer völlig inkonsistenten Charakterisierung seiner Titelfigur und einer ständigen Demontage der thematischen Elemente ist «Maleficent: Mächte der Finsternis» viel bemühter Lärm um nichts.
«Maleficent: Mächte der Finsternis» ist ab dem 17. Oktober 2019 in vielen deutschen Kinos zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel