Die junge, goldige Detektivin, die auf sich selber aufpassen kann
Serienfakten
- Ausführende Produzenten: Lis Rowinski, Noga Landau, Melinda Hsu Taylor, Stephanie Savage, Josh Schwartz
- Cast: Kennedy McMann, Leah Lewis, Maddison Jaizani, Tunji Kasim, Alex Saxon, Alvina August, Riley Smith, Scott Wolf
- Musik: Siddhartha Khosla
- Kamera: John S. Bartley
- Schnitt: Jesse Ellis
Über die Jahrzehnte variierte, wie proaktiv sie ist oder wie viel Glück ihr in die Karten spielt, genauso wie sich die Kernzielgruppe veränderte: In manchen Jahrzehnten als Unterhaltung für junge Kinder gedacht, gab es auch Phasen, in denen ihre Geschichten zwar familienfreundlich blieben, aber eher Jugendliche anvisierten.
Die knuffige Adaption
Vor wenigen Monaten erschien mit «Nancy Drew and the Hidden Staircase» ein Kinofilm, der die quirlig-aufgeweckte, kindliche Seite von Nancy Drew unterstreicht: Inszeniert von Katt Shea («Heimkehr in den Tod»), zeigt der Familienfilm die Titelheldin als aufgeweckte, auch dezent hibbelige 16-Jährige, die mit unschuldiger sowie unermüdlicher Energie gegen Kleingauner vorgeht, die mit den lokalpolitischen Bemühungen ihres Vaters Probleme haben. Zudem hilft sie einer älteren Frau, der Unbekannte Angst machen wollen.
Sophia Lillis, deren noch junge Karriere bislang von dunkleren Stoffen wie «Es» und «Sharp Objects» bestimmt ist, zeigt sich in «Nancy Drew and the Hidden Staircase» von ihrer unbeschwerten Seite – passend zur Regieführung und dem leicht verdaulichen Skript. «Nancy Drew and the Hidden Staircase» ist ein "flauschiger" Film, munteres Familien-Wohlfühlkino, produziert von US-Talklegende Ellen DeGeneres.
Der Fall des versteckten Kinofilms
«Nancy Drew and the Hidden Staircase» ist außerdem ein "versendeter" Kinofilm: Der Verleih Warner Bros. gab dem Neunzigminüter trotz der berühmten Produzentin und der ebenfalls sehr bekannten Hauptdarstellerin nur einen kaum beworbenen, limitierten Leinwandstart, ehe der Film ungewöhnlich rasch auf digitalen Plattformen landete. Die Beweggründe sind nicht bekannt, doch sogleich mehrere Branchenkenner mutmaßten, dass Warner den Film stiefmütterlich behandelte, damit er nicht von der diesen Herbst neu startenden The-CW-Serie «Nancy Drew» ablenkt. Denn auch wenn Warner nicht in die Produktion der Serie involviert ist, so trägt Warner das kleine US-Network zu 50 Prozent, zusammen mit seinem an der Serie beteiligten Mitbewerber CBS.
Ob diese Mutmaßungen zutreffen, werden wir wohl nie herausfinden – es sei denn, eine reale Nancy Drew nimmt sich dem Fall an. Die neuste Interpretation der fiktionalen Nancy Drew hat derweil ganz andere Dinge zu tun. Denn in ihrer neuen Serie ist sie 18 Jahre alt und wird zu Serienbeginn gemeinsam mit vier Freunden zur Zeugin eines Mordfalls. Der Polizeichef handelt die fünf Freunde zu deren Verwunderung als Hauptverdächtige – nicht zuletzt, weil er Nancy nicht leiden kann, da er sie als neunmalkluge Störenfriedin erachtet …
Die deprimierte Nancy mit aktivem Sexleben
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Zudem herrscht in ihrem Umfeld ein launenhafter Tonfall vor, wie es ihn in «Nancy Drew»-Versionen noch nicht zu sehen gab. Und auch wenn frühere «Nancy Drew»-Geschichten ab und zu von vermeintlichen Geistern handelten, die sich aber alle als Humbug herausgestellt haben, spielt die neue «Nancy Drew»-Serie (nach jetzigem Stand) als einzige Version des Stoffes in einer Welt des magischen Realismus: Sofern eine spätere Episode Ereignisse aus der Pilotfolge nicht dieserweltlich erklärt, gibt es in der Serienwelt tatsächlich Geister, wenngleich sie (nach jetzigem Stand) nichts mit Nancys zentralem Kriminalfall zu tun haben.
Halbseiden kopiert, statt eigenständig adaptiert
Manche «Nancy Drew»-Puristinnen und -Puristen werden gewiss widersprechen, aber gemeinhin ist nichts dagegen zu sagen, der gewieften Schnüfflerin die «Riverdale»-Behandlung zu verpassen. Bedauerlich ist jedoch, wie verkrampft die von Nora Landau, Josh Schwartz und Stephanie Savage erdachte Serie auf das große Vorbild schielt. Zumindest der Serienauftakt findet keine eigene tonale oder inhaltliche Persönlichkeit, so dass es weniger wie eine Neuerfindung Nancy Drews anmutet und mehr wie eine verworfene «Riverdale»-Folge. Da hat «Chilling Adventures of Sabrina», eine weitere "erwachsene" Neuinterpretation einer einstigen Kinderfigur, allein schon in der Auftaktfolge mehr Eigenständigkeit entwickelt – und dabei teilt sich die Hexenserie diverse kreative Köpfe mit «Riverdale».
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