«Brittany Runs a Marathon»
- Start: 24. Oktober 2019
- Genre: Tragikomödie
- FSK: 6
- Laufzeit: 104 Min.
- Kamera: Seamus Tierney
- Musik: Duncan Thum
- Buch & Regie: Paul Downs Colaizzo
- Darsteller: Jillian Bell, Jennifer Dundas, Patch Darragh, Alice Lee, Erica Hernandez, Max Pava
- OT: Brittany runs a Marathon (USA 2019)
Was zunächst einmal zählt: Anders als die im Spielfilmsegment nicht immer überzeugende Konkurrenz von Netflix haben die Kreativen hinter Amazon Prime ein deutlich glücklicheres Händchen in der Projekteauswahl. «Brittany Runs a Marathon» ist eine charmante Tatsachen-Komödie mit Biss, in der insbesondere Hauptdarstellerin Jillian Bell («22 Jump Street») brilliert.
Ratschlag vom Doktor
Die New Yorkerin Brittany Forgler (Jillian Bell) ist amüsant, kontaktfreudig und immer bereit, Spaß zu haben. Sie scheint jedermanns beste Freundin, außer vielleicht ihre eigene. Mit 27 holen sie ihr exzessives Nachtleben, ihr chronischer Mangel an bezahlter Arbeit und ihre ungesunden Beziehungen ein. Als sie einen Arzt aufsucht, um sich Ritalin zu beschaffen, bekommt sie eine Therapie verordnet, nach der sie nicht gefragt hatte: Werde gesund. Zu pleite für ein Abo im Fitness Studio und zu stolz, jemanden um Hilfe zu bitten, ist Brit aufgeschmissen, bis ihre scheinbar gut sortierte Nachbarin sie überredet, ihre Chucks zu schnüren und unter Schweißausbrüchen einmal um den Block zu rennen. Am nächsten Tag schafft sie zwei. Und kurz nachdem sie ihre erste Meile zurückgelegt hat, setzt sie sich ein schier unerreichbares Ziel: den New York City Marathon.
Ein Film mit einer Prämisse wie sie uns «Brittany Runs a Marathon» präsentiert, macht sich natürlich auf den ersten Blick angreifbar. In der auf den realen Erlebnissen der New Yorkerin Brittany Forgler basierenden Komödie geht es schließlich darum, dass eine nicht dem durch die Medien propagierten Schönheitsideal entsprechende Frau erst dann wieder rundum glücklich mit ihrem Leben zu sein scheint, wenn sie am Ende des Films nur noch halb so viel wiegt wie zuvor und auch nur aus diesem Grund in der Lage ist, den New York Marathon mitzulaufen. Wir erinnern uns: Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich die Amy-Schumer-Comedy «I Feel Pretty» in ein ganz ähnliches Fettnäpfchen setzte; und mit aus heutiger Sicht absolut fragwürdigen Produktionen der Marke «Schwer verliebt» wollen wir am besten gar nicht erst anfangen.
Doch Regisseur und Drehbuchautor Paul Downs Colaizzo («McGyver») lässt sich gar nicht erst vor den Karren irgendeiner Seite spannen. «Brittany Runs a Marathon» ist weder ein Film, der explizit die „Body Positivity“-Bewegung unterstützt, noch einer, der rückständig irgendein falsches Schönheitsideal zu unterstreichen versucht. In seinem Film steht einzig und allein die Reifung seiner unkonventionellen Heldin Brit im Mittelpunkt. Und die hat mit dem Gewicht oder den Körpermaßen nun mal überhaupt nichts zu tun (im Gegenteil: Brit gewinnt zwar vor allem an Fitness, ist am Ende des Films aber noch immer nicht rank und schlank), sondern allen voran mit Gesundheit, Wohlbefinden und innerem Gleichgewicht.
Kein falsches Körperbild

- © DCM
Erleben wir diese nämlich ganz zu Beginn noch als mit großer Klappe und viel Selbstbewusstsein ausgestattete Frohnatur, die in den Tag hinein lebt und sich nicht um ihre Zukunft schert, gewinnt sie durch die Vorbereitungen auf den Lauf und den durch die (Teil-)Erfolge hervorgerufenen Ehrgeiz nach und nach an Gespür für ihre eigenen Bedürfnisse, auch außerhalb von Gesundheit und Fitness.

Dabei hätte man gerade von ihren sie ständig begleitenden Laufpartnern Seth (Micah Stock) und Catherine (Michaela Watkins) gern noch ein wenig mehr erfahren. Einfach auch, um ein noch größeres Gespür für die Gründe zu entwickeln, weshalb Menschen – abseits klassischer Gewinnambitionen – überhaupt einen Marathon laufen wollen. Gedreht wurden die Aufnahmen bei diesem übrigens bei einem echten Lauf in New York. Hier gewinnt der Film dann auch endlich mal an jenen Leinwandausmaßen, die eine Auswertung im Kino rechtfertigen. Denn zumindest inszenatorisch ist der unauffällige «Brittany Runs a Marathon» dann doch eher Streamingkost.
Fazit
«Brittany Runs a Marathon» geht als klassische Aufsteigerstory über eine junge Frau, die völlig unverhofft einen Marathon läuft, kaum neue Erzählwege. Doch nicht nur eine tolle Jillian Bell macht die Tragikomödie sehenswert. Paul Downs Colaizzo geht gleichermaßen ehrlich wie einfühlsam mit seiner Hauptfigur ins Gericht und verhilft seinem Feel-Good-Film dadurch zu reizvollen Ecken und Kanten.
«Brittany Runs a Marathon» ist ab dem 24. Oktober in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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