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Es gebe zwar keinen Zwang, einen Messenger zu nutzen, allerdings sei der gesellschaftliche Druck hoch. „Wer in einer WhatsApp-Gruppe sein möchte, zum Beispiel im Sportverein oder an der Schule, hat keine andere Wahl, als diesen Messenger-Dienst zu installieren – egal was der Konzern mit den eigenen Daten macht“, sagte Barley im Juni 2018 der „Welt“. WhatsApp, das einst Facebook für mehrere Milliarden US-Dollar erwarb, ist mit rund 1,5 Milliarden Nutzern (Stand Januar 2018) immer noch das beliebteste Angebot. Telegram sagt von sich selbst, dass es monatlich auf bis zu 200 Millionen Nutzer kommt.
Bundesjustizministerin Barley glaubt allerdings nur an eine europäische Lösung: „Das müsste man gesetzlich auf europäischer Ebene regeln und die Betreiber verpflichten, entsprechende Schnittstellen zu öffnen.“ Ziel sei es „dass zum Beispiel WhatsApp-Nutzer auch mit den Nutzern anderer Messenger-Dienste wie zum Beispiel Threema oder Signal kommunizieren können.“ Obwohl WhatsApp inzwischen eine Verschlüsselung der Daten vornimmt, ist der Dienst umstritten. Mehrere Sicherheitslücken und die geplante Einführung von Werbung sorgen nicht gerade für Attraktivität.
Erst vor wenigen Tagen veröffentlichten die Ökonomen Erik Brynjolfsson, Avinash Collis und Felix Eggers eine Studie, in der sie den Wert der Internetdienste Anhand von Probanden berechnen. Das Ergebnis, das in der Zeitschrift der Akademie der Wissenschaft in den USA veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Menschen im Schnitt für 536 Euro auf einen Monat WhatsApp verzichten würden. Facebook wäre ihnen 97 Euro wärt, Instagram 6,79 Euro und Twitter gar nichts.
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Der Vorschlag von Barley ist derzeit in der Europäischen Union nicht wirklich im Gespräch. Tatsächlich wäre es allerdings ein großer Gewinn für die Nutzer, wenn sie ihren Messenger und deren Sicherheitseinstellungen frei wählen könnten. Ein Telegram-Nutzer könnte seinen Bekannten bei WhatsApp schreiben, ohne ihm die sämtlichen Daten seiner Kontakte offenzulegen. „Beim Telefonieren auf dem Handy kann zum Beispiel der eine bei Vodafone sein und der andere bei der Telekom – das spielt keine Rolle, das merkt man nicht einmal“, sagte die Bundesjustizministerin der „Welt“. Aber ganz so einfach ist dieser Vorschlag auch nicht, wie es Katarina Barley erläutert. „Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz prüft weiterhin, wie die Interoperabilität zwischen Messengerdiensten verwirklicht werden kann. Wir loten aus, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um die verbraucherfreundliche Idee der Interoperabilität zu realisieren“, teilte das Justizministerium Quotenmeter mit.
„Der europäische TK-Kodex lässt nur einen sehr begrenzten Spielraum, eine Interoperabilität zwischen Messengerdiensten verbindlich vorzuschreiben. Die Interoperabilität muss außerdem im Einklang mit Datenschutz und hohen Sicherheitsstandards stehen“, so die Behörde weiter. „Wir klären ab, wie sich diese Anforderungen miteinander vereinbaren lassen und welche Maßnahmen auf nationaler oder europäischer Ebene ergriffen werden sollten.“ Das könnte noch dauern, aber Schnellschüsse würden dem komplexen Thema eher schaden.
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