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Insbesondere bei der Produktion einer zweiten Staffel kommt sehr schnell der Punkt, an dem klar sein muss, welchen Weg man einschlagen möchte. War die erste ein voller Erfolg, wird die Angelegenheit noch etwas schwieriger als ohnehin schon – oder vielleicht doch nicht? Wenn man im Negativen herausstellen kann, dass im Internet gerne und häufig verlautbart wird, was Person XY nicht gefällt – am besten ohne Begründung –, so muss man unbedingt ebenso anführen, dass man mit Sicherheit auch jede Menge Kommentare finden wird, in denen die Dinge hervorgehoben werden, die dem Verfasser oder der Verfasserin gefallen haben. Sprich: Das Erwartbare ist stets leicht zu identifizieren.
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Was ist von Staffel 1 geblieben? James (Alex Lawther), der Junge, der gerne einmal jemanden umbringen wollte, und Alyssa (Jessica Barden), die er als sein Opfer auserkoren hatte, die auf einem der kuriosesten Roadtrips der TV-Geschichte eine Tankstelle überfallen und außerdem einen Psychopathen (Jonathan Aris), der Freude am Quälen von Frauen und Schlimmerem hat und die junge Protagonistin vergewaltigen wollte, töten, nachdem sie in dessen Haus eingebrochen sind. Darüber hinaus das Austricksen eines Tankwarts, ihre „speziellen“ Eltern (Christine Bottomley und Steve Oram) – inklusive Abstecher zu Alyssas Vater (Barry Ward) – sowie der Showdown mit der Polizei, der in dem Schuss auf James gemündet ist.
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Nun ganz einfach: Zum einen hat Schauspielerin und Drehbuchautorin Charlie Covell, der kreative Kopf hinter «TEOTFW» diesmal komplett ohne Vorlage gearbeitet. Interessant daran ist, dass man hier sehr schön sehen kann, welch einen Unterschied es offenbar doch macht, was adaptiert wird. Denn dass «GoT» auf einer Romanreihe basiert, hat sich spätestens ab dem Moment herumgesprochen, als sich HBOs liebstes Kind auch nur ansatzweise anschickte, zum Welthit zu werden. «The End of the F***ing World» hingegen basiert auf einem Comic, genauer gesagt einer Graphic Novel. Diese wiederum ist eine Zusammenstellung von Web-Comics, die aus der Feder von Charles Forsman stammen. Covell nahm dessen Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes als erste Skizze. Das Endergebnis entspricht bekanntlich nahezu nie dem ersten Entwurf, und dennoch stößt man bei einem Vergleich schnell auf die Dinge, die von Anfang an offenbar als die mit der höchsten Priorität angesehen worden sind und die sich nur unwesentlich von dem Ausgangskonzept unterscheiden.
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Und im Falle der ersten Staffel von «TEOTFW» ließen sich sicherlich einige Gründe finden, warum letztgenannter Punkt durchaus zutrifft. Aber viel wichtiger als die „Einbruchparty“, der Mord oder das Aufsuchen von Alyssas Vater ist die Tatsache, dass die Tonalität des Comics mehr als nur getroffen wurde. Diesem Umstand ist es nämlich im Wesentlichen zu verdanken, dass man das Gefühl bekommt, dass die erzählte Geschichte durch den Medienwechsel noch besser wirken, den Zuschauer noch besser packen kann. Die fehlenden Farben respektive der Schwarz-Weiß-Look geben beispielsweise zwar ihr Bestes, um die Tristesse und die innere Leere, die das Leben der Protagonisten offenbar schon lange bestimmt, für den Leser so greifbar zu machen, wie es nur irgendwie geht, allerdings wirkt Stille einfach noch etwas mehr als etwas rein visuell Vermitteltes. Ein Voiceover wirkt mehr als Gedankenblasen. Und wenn die Kamera auf das Duo oder nur einen von ihnen hält, und gerade niemand spricht beziehungsweise keine Hintergrundmusik zu hören ist, dann sind die eben beschriebenen Emotionen und Eindrücke allgegenwärtig. Da sich Situationen dieser Art im Laufe der Handlung konsequent in abgewandelter Form wiederholen, verfestigt sich das angesprochene Gefühl bei den Zuschauenden, und wird dadurch eben zum Grundton dieses gelegentlich an eine Tragikomödie erinnernden Titels.
Gleichzeitig haben Schauspieler selbstverständlich ein viel größeres Repertoire an Mitteln als gezeichnete Figuren, um umgekehrt zu verdeutlichen, in welchen Momenten der inneren Leere echte Hoffnungsschimmer entgegengesetzt werden. Das kann ein Lächeln sein, ein Lachen, die Betonung eines Wortes/Satzes oder die Art, wie man jemanden ansieht. Und dieser Kontrast, dieser Wechsel zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit oder Sinn und Sinnlosigkeit, das ist der eigentliche Kern von «The End of the F***ing World». Und damit das Ganze nicht nur in Extremen erzählt wird, setzt man auf einen sehr speziellen Humor, der – meist unterstützt durch Musik – besonders makabere, brutale oder beklemmende Szenen so abschwächt, dass das Publikum sie nicht so ernst nehmen kann, wie es sie eigentlich nehmen müsste.
Erfahren Sie auf der nächsten Seite, inwiefern sich die Hauptcharaktere im Vergleich zur ersten Staffel verändert haben und welche Rolle dabei die neue Figur Bonnie spielt.
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