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Doch das „Urquartett“ schien lange unantastbar zu sein – und selbst Quotendellen fielen scheinbar nicht sonderlich ins Gewicht. Tägliche Produktionen sind schließlich ohnehin immer im Wandel begriffen – dies zeigt sich einmal mehr in Bezug auf den Cast, einmal mehr hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung. Spätestens mit dem Wechsel in das aktuelle Jahrzehnt konnte man jedoch sehr deutlich eine Soap ausmachen, die für alle Welt deutlich sichtbar mehrere Facelifts – inklusive neuem Intro – über sich ergehen lassen musste: «Marienhof». Das Aus der Daily konnte dennoch nicht abgewendet werden: 2011 fiel die letzte Klappe.
Und im ersten Moment sah es sogar so aus, als könne «VL» als großer Gewinner aus diesen Entwicklungen hervorgehen, denn Das Erste gönnte dem Vorabenddauerbrenner (bis dato 25 Minuten/Folge) ab diesem Moment beinahe doppelt so viel Sendezeit, sprich: die Programmfarbe des Slots blieb erhalten. Manch ein Fan sieht darin im Übrigen bis heute den entscheidenden Schritt, der letztlich vier Jahre später zur Einstellung der Serie führte. Doch viele der von den Machern im Kontext der unausweichlichen Neuausrichtung getroffenen Entscheidungen waren nachvollziehbar und zeugten von einem klaren Plan: So nutzte man die Gunst der Stunde, um – aus Sicht der langjährigen Fans – „endlich“ das As aus dem Ärmel zu schütteln, auf das diese im Grunde seit 2001 gehofft hatten: Das Comeback von Clarissa von Anstetten, einer der wohl besten Antagonistinnen, die TV-Deutschland je gesehen hat.
Dass die Gräfin natürlich wieder von Isa Jank verkörpert wurde, versteht sich von selbst. Sie zunächst nicht nach Düsseldorf (Hauptdrehort war nebenbei bemerkt von Tag 1 an Köln) zurückkehren und stattdessen einige Monate auf Mallorca verweilen zu lassen, ließ zudem die Vorfreude der Treuesten der Treuen steigen, denn die warteten selbstredend nur auf eines: die nächste Runde im ewig jungen Duell „Clarissa vs. Tanja“. Das von Miriam Lahnstein gespielte zweite große «Verbotene Liebe»-Biest hatte zuvor zwar schon einen Abstecher auf die Baleareninsel gemacht, die Drehbuchautoren spielten allerdings gekonnt mit den Erwartungen der Zuschauer und zögerten das erste echte Aufeinandertreffen der beiden bewusst hinaus. Dramaturgisch alles stimmig – vorausgesetzt man gibt den sich brav geduldenden Zuschauerinnen und Zuschauern dann auch, worauf sie sich gefreut hatten. Und exakt an diesem Punkt könnte man ansetzen, um zu verstehen, warum die im Rahmen einer grandiosen Modenschau erfolgende Rückkehr der ikonischen Figur zu keinem dauerhaften, spürbaren Anstieg der Quoten beitrug:
Den Kontrahentinnen waren – gemessen an der Qualität ihrer früheren Auseinandersetzungen – regelrecht die Krallen zum Ausfahren abhandengekommen. Die eine, Tanja, zeigte sich nach ihrem Wiedereinstieg 2004 spätestens mit der Geburt ihres ersten Kindes immer häufiger wesentlich nahbarer als gewohnt und ja, für das Geschäft war sie nach wie vor bereit, viel zu tun, von der eiskalten Killerin von einst war jedoch irgendwann nur noch wenig übrig. Die Hoffnung der Fans: Mit dem Auftauchen ihrer alten Erzfeindin würde die aktuelle Gräfin Lahnstein und ehemalige Gräfin Anstetten wieder zu alter Form auflaufen. Nur: Auch Clarissa entdeckte ihre weiche Seite – als Großmutter, richtig gehört: als Oma! Selbstverständlich waren diese Entwicklungen auf der einen wie auf der anderen Seite schlüssig und fügten sich organisch in die Gesamtgeschichte ein, waren aber an einem solch entscheidenden Moment für die weitere Ausrichtung des Formats problematisch. Nun soll allerdings auch kein falscher Eindruck entstehen: Die beiden ließen keine Gelegenheit aus, um der jeweils anderen zu schaden und zur alleinigen Chefin von „Ligne Clarisse Lahnstein" zu werden, doch es fehlte eben diese Kompromisslosigkeit, dieses „Alles-auf-eine-Karte-Setzen".
Was noch bedauerlicher ist: Man hätte mit Leichtigkeit diese so populäre, sich durch einen ausgeprägten Hass auszeichnende Beziehung zum ersten echten „Intrigen-Dreieck" Deutschlands ausbauen können, denn in dem Clarissa-losen Jahrzehnt betrat schließlich eine Person die Bühne, die in vielerlei Hinsicht als legitimer Nachfolger der Grand Dame der Gemeinheiten durchgeht: Ansgar Graf von Lahnstein (Wolfram Grandezka). Auf dem Papier sah auch alles danach aus, als hätte man die Schachfiguren alle exakt so platziert, dass besagter Schritt der unausweichliche nächste Zug hätte sein müssen. Und irgendwie erfolgte er auch, nur leider etwas halbherzig. Der gerissene Geschäftsmann war es schließlich, der die ewige Rivalin seiner doppelten Ex-Frau ausfindig und sie als ideale Verbündete im Kampf gegen Tanja – und all die Mitglieder seiner Familie, die ihn am Erreichen seiner Ziele hinderten – ausgemacht hatte. Dass es natürlich zu wechselseitigen Bündnissen kommen würde, lag auf der Hand, und zu denen kam es auch, jedoch blieben die ganz großen, die denkwürdigen Momente aus. Was hingegen blieb, war das uneingelöste Versprechen Clarissas nach ihrer abermaligen „Abreise“, eines Tages in die Rheinmetropole zurückzukehren und sich zu rächen.
Allerspätestens ab diesem Moment Anfang 2013 verlor sich die Glamour-Soap mehr und mehr im Klein-Klein. So konnte man in vielen Fällen gar nicht mehr von echten Intrigen sprechen, da es sich oftmals eigentlich nur um kurzfristige „taktische Manöver“ – gern auch innerhalb der Familie von Lahnstein – handelte und die eine große dramatische Geschichte fehlte. Als man diese über Familie Berg, Alexa (Henrike Fehrs) und deren Vater (Bernd Reheuser), nachzureichen versuchte, fühlte es sich dann bedauerlicherweise auch genau so an: Das Pacing stimmte einfach nicht und darüber hinaus sprach wenig dafür, dass sich hieraus eine neue langanhaltende Rivalität entwickeln würde. Hinterher ist man selbstredend immer schlauer und beweisen lässt sich diese These ebenfalls nicht, nur: Die Daily, die man von der Tonalität womöglich am ehesten mit «Verbotene Liebe» vergleichen könnte, ist «The Bold and The Beautiful» («Reich und Schön»), eine der weltweit bekanntesten, langlebigsten (seit 1987 on air) und erfolgreichsten „Soap Operas“ überhaupt. Und dort dreht sich alles seit jeher um die Forresters und die Logans – und gelegentlich auch um weitere „Clans“ wie die Spectras oder Spencers.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie es zum endgültigen Aus von «Verbotene Liebe» kam.
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
19.11.2019 11:30 Uhr 1
Kann ich alles so unterschreiben.
Ich weiß noch genau, ich bin Anfang '13 bei VL ausgestiegen, es fiel ständig aus wegen Wintersport und war sowieso so öde, dass ich zu den uralt Listra-Wiederholungen um 18:00 Uhr auf One (oder damals noch Eins Festival) gewechselt bin, die waren spannender als VL und wenn dort VL-Wiederholungen gelaufen wären, hätte ich auch die lieber gesehen ...
Und als ich ausstieg, war Clarissa sogar noch dabei, aber es hat mich einfach nicht interessiert, da von Anfang an klar war, dass sich nichts an dem Gefüge in Düsseldorf ändern wird: Charlie war nicht mehr die treu ergebene Sidekick-Freundin, sondern hielt zu den Lahnsteins, Ludwig ließ sich natürlich auf seine alte Jugendfreundin Clarissa ein, was ihr wenigstens den verdienten Platz auf dem Schloß gesichert hätte und somit einen Platz an der Tafel neben Tanja und gerechterweise hätte man diesnal ja die für ne Zeit in Pause schicken und Clarissa gewinnen lassen können - aber neeeeiiiin, hier bleibt alles so wie es ist!
Die Autoren haben wirklich alles falsch gemacht und aufgrund ihrer Enkel konnte Clarissa eh die ganze Zeit nur mit angezogener Handbremse agieren ...
Nicht zu vergessen diese unsäglichen Telenovela-Paare wie die dicke Martha & Juri oder dieses 3er-Gespann mit der Brillenschlange und dem häßlichsten Model der Welt, Giselle