Zur Person: Frank Beckmann
Der 1965 geborene Journalist ist Programmdirektor des NDR und zugleich für den Vorabend im Ersten zuständig. Vorher, seit 1998 war Beckmann beim Ki.Ka in Erfurt: zunächst als Redaktionsleiter der Eigenproduktion, ab Juli 2000 als Programmgeschäftsführer. 2008 wechselte er zum NDR.Die erste Idee war eine interaktive Quizshow. Es gab damals die „Quizduell“-App, die unglaublich populär war. Dann kam Jörg Pilawa mit dem Vorschlag, daraus eine TV-Variante zu machen. Das war der Türöffner. Denn wir haben gesehen, dass Quiz um 18:00 Uhr und dass Interaktivität funktioniert – selbst wenn unsere eigens dafür konzipierte App in der ersten Sendewoche noch nicht reibungslos mitgespielt hat. Darauf baute dann alles auf. Kai Pflaume kam dann mit «Wer weiß denn sowas?» zu uns – schon damals übrigens mit seinen überzeugenden Teamkapitänen Bernhard Hoëcker und Elton. Ich erinnere mich noch gut, mit welcher Frage er uns im Pitch überzeugt hat: Wodurch zeichnet sich ein finnischer Reisepass aus.
A) Er muss temperaturbeständig sein – die Finnen gehen ja gerne in die Sauna.
B) Er hat ein Daumenkino – mit einem für Finnland typischen Elch.
C) Die Nationalhymne Finnlands ist ganz klein aufgedruckt. Die ist nämlich recht lang und damit alle Finnen sie kennen, ist sie dort zu lesen.
Oh, schwierig. Ich denke B ist zu naheliegend. Wenn die Nationalhymne so lang ist, dann passt sie vielleicht nicht drauf. Ich würde A tippen.
Sehen Sie, so haben wir sofort auch diskutiert. Und das war ein Zeichen für mich, dass das Spiel funktioniert.
Was stimmt denn nun?
Das sage ich Ihnen vielleicht am Ende des Gesprächs.
Herr Beckmann, wir müssen das jetzt schon klären, sonst bin ich nicht bei der Sache.
In Ordnung. B) war richtig. Sehen Sie: Jeder unserer Zuschauerinnen und Zuschauer hat bei allen Fragen immer eine Idee, was stimmen könnte – und liegt leider oft auch daneben. Aus den Fragen ergeben sich super Geschichten. Die Zuschauerinnen und Zuschauer erzählen am nächsten Tag oder noch am selben Abend im Freundeskreis, was sie bei uns gelernt haben. Weil jeder mit dieser Sendung so viel Spaß hat, ist sie so erfolgreich. Dass sie aber so erfolgreich werden würde, konnte damals keiner ahnen.
Das heißt, die erste Sendung sah gar nicht so viel anders aus als jetzt die 500.?
Das war recht ähnlich: Frank Elstner war dabei - für uns ein tolles Signal, wenn einer der größten Quizmaster beim Auftakt einer neuen Sendung dabei ist (schmunzelt). Und Christine Neubauer saß noch im Panel – wir hatten gleich zu Beginn absolut hochkarätige Gäste – und das ist bis heute so geblieben.
- NDR/Morris Mac Matzen
Das Ratespiel mit Kai Pflaume feiert seine 500. Folge am Samstag in der Primetime des Ersten. Frank Beckmann, Vorabendkoordinator des Ersten, erinnert sich noch an den Pitch der Show: "Schon im Pitching habe ich diese unglaubliche Energie der Show gespürt. Es macht einfach Spaß, sich mit diesen absolut skurrilen Fragen zu beschäftigen, die den Markenkern der Sendung ausmachen."
Wann war Ihnen klar, dass das Ding durch die Decke geht?
Schon im Pitching habe ich diese unglaubliche Energie der Show gespürt. Es macht einfach Spaß, sich mit diesen absolut skurrilen Fragen zu beschäftigen, die den Markenkern der Sendung ausmachen. Das zeigt auch der Erfolg der «Wer weiß denn sowas?»-Bücher, die es auf die Bestseller-Listen geschafft haben. Und auch der Kalender für das kommende Jahr findet reißenden Absatz. Wir scheinen also echt einen Nerv getroffen zu haben.
Ich gehe mal davon aus. Wir haben natürlich ein echtes Luxusproblem. Wir haben für die erste Schiene am Vorabend im Ersten ja gleich drei starke Formate. Zu den beiden schon angesprochenen Formaten kommt auch noch «Gefragt – Gejagt». Ich bin damit sehr glücklich, weil alle drei Sendungen völlig unterschiedliche Temperaturen haben. «Wer weiß denn sowas?» ist das sehr humorvolle und unterhaltende Ratespiel. «Gefragt – gejagt» drückt ordentlich auf’s Tempo, ist also sehr schnell und sehr kompetitiv – hier kommt es wirklich auf´s Gewinnen an. Das «Quizduell» ist sehr interaktiv, vor allem die junge Zielgruppe nutzt die Chance, über die ARD Quiz App Einfluss auf das Geschehen im Studio nehmen zu können. Die gelungene Mischung der drei Formate ist auch Teil des Erfolgs. Auf der anderen Seite ist Ihnen ja schon aufgefallen, dass die aktuelle «Wer weiß denn sowas?»-Staffel mit 150 Folgen die bisher längste ist. Wir haben einfach gemerkt, dass die Marktanteile mit fortwährender Staffeldauer steigen. Und wir haben immer dann eine Staffel beendet, wenn die Werte am besten waren. Jetzt wollen wir mal sehen, ob noch mehr geht.
Steuert auch «Gefragt – gejagt» Rekorden entgegen?
Sie haben «Gefragt – gejagt» angesprochen, das vergangenen Sommer auch sehr erfolgreich war. Aber es läuft halt nur im Sommer und durch die 150 Folgen der Pflaume-Show wird es auch 2020 wieder bis in die wärmeren Monate dauern, ehe es zurückkehrt…
Das ist das angesprochene Luxusproblem. Andererseits verweise ich gerne darauf, dass wir sehr genau darauf achten, dass die Sendungen, die gerade nicht im Vorabend des Ersten zu sehen sind, in unseren dritten Programmen wiederholt werden. «Wer weiß denn sowas?» ist sicherlich unser größtes Zugpferd, aber wir wollen generell mit unseren Quizshows die Strategie von längeren Staffeln testen.
Das heißt, dass es auch bei «Gefragt – gejagt» eine Rekordstaffel geben wird, was die Episodenzahl angeht?
Wir beraten gerade über die neue Staffel. Ich möchte da nicht vorgreifen. Im Prinzip wollen wir aber bei den jeweiligen Formaten die Frequenz erhöhen. Sehen Sie, im fiktionalen Bereich ist der Vorabend im Ersten abwechslungsreich. Jetzt haben wir auch die Chance, im Bereich der Quizshows für Abwechslung zu sorgen. Das hat den Vorteil, dass wir einer gewissen Abnutzung vorbeugen. Es schlagen da schon zwei Herzen in meiner Brust, weil «Wer weiß denn sowas?» natürlich das erfolgreichste Format ist. Aber wir sehen auch, dass «Gefragt – gejagt» von Staffel zu Staffel erfolgreicher wurde. Es gibt schlimmeres, als mit diesem Luxusproblem umgehen zu müssen.
Da läuft momentan «Quizduell Olymp» und vorher Doppelfolgen von «Gefragt - Gejagt» – beides erfolgreich. Zur Wahrheit gehört aber, dass auf dem Sendeplatz in der Vergangenheit einige Formate leider nicht so reüssieren konnten. Wir haben daher entschieden, dass wir in diesem sehr kompetitiven Umfeld nur noch Dinge testen wollen, die einen gewissen Reifegrad haben. Deshalb haben wir dieses Jahr einen Entwicklungstopf ins Leben gerufen, der aus Finanzmitteln des Vorabends finanziert wird. Daraus entwickeln wir neue Quizformate, die wir zunächst in den dritten Programmen ausprobieren werden. Geplant sind Produktionen aus unterschiedlichen Landesrundfunkanstalten. Im NDR Fernsehen starten wir am 16. Dezember mit «Hätten Sie’s gewusst?» mit Jörg Pilawa. Das produzieren wir auch mit Blick auf eine mögliche Perspektive für Das Erste. Wir probieren also «Hätten Sie’s gewusst?» im NDR, schauen uns die Folgen und auch Zuschauerresonanz an und überlegen dann, ob und wie wir das Format weiter entwickeln können. Wir folgen damit dem Vorbild von «Gefragt – Gejagt». Auch das startete im NDR Fernsehen und kam im Anschluss ins Erste. Mit dem gemeinsamen Entwicklungstopf haben wir jetzt eine Art Versuchslabor für neue Vorabendformate im Ersten verabredet.
«In aller Freundschaft» – ab ins Krankenhaus
Da sind wir ja thematisch schon fast beim Thema Krankenhaus. «In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte» hat Ihren Donnerstagvorabend auf der zweiten Schiene gewissermaßen gesund gemacht.
Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung. Wir konnten das Potential der Krankenhausserie ja sehr gut durch die erfolgreiche Hauptabendserie am Dienstag einschätzen. Dann ist es der Fernsehspielchefin des MDR, Jana Brandt, gelungen, daraus erfolgreich eine neue Vorabendmarke zu kreieren. «In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte» haben ein junges Ensemble und sind für den Sendeplatz optimiert. Zudem hat die Serie auch Repertoire-Wert. Als Programmchef im NDR bin ich immer froh, wenn wir im Tagesprogramm einen Doppelpack aus «In aller Freundschaft» und «In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte» spielen können. Und bei mehr als 40 neuen Folgen pro Jahr erreichen wir mittlerweile auch Stückzahlen, die den Dritten eine tägliche Programmierung ermöglichen. Das ist Teil der Gesamtstrategie: Anders als früher verschränken wir alle Sendeflächen. Die Dritten entwickeln Vorabendformate für Das Erste, Das Erste produziert aber auch Inhalte, die wir dann nochmal in den Dritten zeigen. Der Hauptabend im Ersten liefert Vorlagen für neue Vorabend-Serien.
- ARD/Tom Schulze,
Mit Populären Gesichtern und Figuren zum Erfolg. Wolfgang Berger (Horst Guenter Marx), Sarah Marquardt (Alexa Maria Surholt) spielen im «Die jungen Ärzte»-Ableger von «In aller Freundschaft» mit. Frank Beckmann, beim Ersten für den Vorabend zuständig, sagt: "Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung. Wir konnten das Potential der Krankenhausserie ja sehr gut durch die erfolgreiche Hauptabendserie am Dienstag einschätzen. Dann ist es der Fernsehspielchefin des MDR, Jana Brandt, gelungen, daraus erfolgreich eine neue Vorabendmarke zu kreieren."
Sie haben Ende 2018 einen weiteren Krankenhaus-Ableger rund um Krankenschwestern gezeigt und planen jetzt für Anfang 2020 eine zweite Staffel. Was haben Sie geändert, die Quoten lagen unter dem Niveau der «jungen Ärzte».
Bei einer neuen Entwicklung, gerade im Bereich Fiktion, kommt es immer auch auf das Potential an. Und das sehe ich bei «In aller Freundschaft – Die Krankenschwestern». Die Serie ist nochmal jünger gemacht als «Die jungen Ärzte». Und sie stellt die Menschen in den Fokus, ohne die kein Krankenhaus funktionieren könnte – ein sehr sympathischer Ansatz, finde ich.
Während «Die jungen Ärzte» mit über 40 Folgen pro Jahr zu sehen sind, kommen «Die Krankenschwestern» auf acht. Gleicht sich das mal an – oder kommt man zumindest auf ein 30:15-Verhältnis?
Das ist eine Option. Aber ich würde auch nicht ausschließen, dass man bei «In aller Freundschaft – Die Krankenschwestern» nach guter zweiter Staffel auch über einen anderen Sendeplatz nachdenkt. Es ist doch gut, wenn man so eine starke Idee in petto hat, falls mal irgendwo Bedarf herrscht – die Konkurrenz schläft ja schließlich auch nicht.
[infobox 23734[/infobox]Apropos Einbruch. Mit diesem hatte man bei «Hubert und Staller» rechnen können, als der Staller verloren ging und daraus «Hubert ohne Staller» wurde. Es konnte ja wirklich keiner damit rechnen, dass die veränderte Serie sogar noch stärker wird.
Zunächst einmal hätten wir Helmfried von Lüttichau natürlich gern weiter an Bord gehabt. Nun geht es aber auch ohne ihn erfolgreich weiter. Das zeigt für mich, dass starke Formate auch unabhängig von einzelnen Mitgliedern des Ensembles funktionieren können. Das ist übrigens ein beruhigendes Signal für alle. Wissen Sie, so eine Serienproduktion bindet die Schauspielerinnen und Schauspieler und ist sehr anstrengend. Da ist es auch für die Hauptdarstellerinnen und Hauptdarstellern gut zu wissen, dass eine Serie von allen getragen wird.
Es holt vielleicht den ein oder anderen Schauspieler auch auf den Boden zurück.
Es macht vielen das Leben leichter. Ich glaube, dass mancher Schauspieler Projekten auch deshalb treu bleibt, weil er sich seinem Team verpflichtet fühlt, mit dem er jahrelang gearbeitet hat. Er fühlt sich dann verantwortlich und denkt sich: Wenn ich jetzt gehe, haben andere ein Problem. «Hubert ohne Staller» zeigt, dass es nicht so sein muss.
«WaPo Berlin» startet am 28. Januar 2020
Sie starten einen «WaPo»-Ableger in der Hauptstadt. Wie sind Ihre ersten Eindrücke?
Vielversprechend. Schon die «WaPo Bodensee» war für uns auf dem immer schwierigen Sendeplatz am Dienstag ein großer Erfolg. Mit der neuen Serie zeigen wir jetzt mal eine ganz neue Perspektive von Berlin. Wir haben ein tolles Ensemble, große Schauwerte, Spannung und eben die Hauptstadt, wie man sie sonst nur selten sieht. Ich habe die erste Folge schon gesehen und sie gefällt mir sehr, sehr gut. Wir starten damit am 28. Januar 2020 und freuen uns schon sehr. Die «WaPo» ist auch ein schönes Beispiel für unsere Strategie. Wenn wir ein erfolgreiches Format gefunden haben, dann wollen wir es erweitern.
Ein Erfolgsrezept.
Sehen Sie, wir sind auch mit der zweiten Schiene am Vorabend im Ersten inzwischen zweistellig. Sie kennen die Zahlen ja sicher ähnlich gut wie ich. Wenn wir uns überlegen, wo wir vor einigen Jahren standen und wie stark wir uns entwickelt haben, kann man eigentlich jeden Tag nur sehr demütig auf die großartige Zuschauerresonanz schauen.
- ARD/Daniela Incoronato
Ab Ende Januar 2020 verstärkt ein Berliner «WaPo»-Ableger die Schiene um 18.50 Uhr im Ersten. Grundsätzlich ist Frank Beckmann, Vorabendkoordinator des Ersten, mit dem Sendeplatz sehr zufrieden. Im Exklusiv-Interview mit Quotenmeter.de sagt er: "Wenn wir uns überlegen, wo wir vor einigen Jahren standen und wie stark wir uns entwickelt haben, kann man eigentlich jeden Tag nur sehr demütig auf die großartige Zuschauerresonanz schauen."
Lassen Sie noch kurz einen Blick auf den Montag zu, wo sich der Klassiker «Großstadtrevier» und das im Vergleich eher junge «Morden im Norden» abwechseln.
Die Situation ist hier ähnlich wie auf den anderen Plätzen Wir wollten die Anzahl der Neuproduktionen erhöhen und haben daher auch dort eine zweite Serie platziert. Mit «Morden im Norden» haben wir ein Format gefunden, das von der Atmosphäre her gut zum «Großstadtrevier» passt. Die Geschichten spielen auch im Norden, an der Küste. Bei «Morden im Norden» geht es – wie der Name schon sagt – allerdings eher um klare Krimigeschichten. Beim «Großstadtrevier» erzählen wir nach wie vor die Geschichten aus dem Revier, von großen Haien und kleinen Fischen – klassisch, wie Sie sagen, aber dennoch modern. Beide Serien befruchten sich in meinen Augen, was auch die Entwicklung der Quoten zeigt: Die aktuelle Staffel «Morden im Norden» liegt auf Rekordniveau. Und ich bin gespannt, wie die neue Wache vom «Großstadtrevier» beim Publikum ankommt.
«Großstadtrevier»: Nach der Explosion
Wann sehen wir’s?
Die neue Wache wird mit dem Start der kommenden Staffel am 27. Januar eröffnet. Und ich kann versprechen: Der Umzug hat sich gelohnt. Die Dreharbeiten haben gezeigt: Wir können nochmal deutlich anders erzählen. Durch das neue Setting im Studio wird die Bildsprache der Produktion nochmal moderner. Ich sehe da große Chancen, wenngleich es immer auch ein Stück weit gefährlich ist, wenn man so etablierte Marken verändert. Wir sind da aber sehr behutsam vorgegangen. Und nun erfreuen wir uns der neuen Möglichkeiten, die das Studio bietet – sei es bei Kamerafahrten oder beim Licht. Die Ausstattung der Zelle stammt übrigens original aus „Santa Fu“ (das Hamburger Gefängnis in Fuhlsbüttel). Mehr „Original“ geht nicht.
Danke für das Gespräch, Herr Beckmann.
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