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Das deutsche Serienjahr 2019

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Das deutsche Serienjahr 2019 war turbulent, politisch und vielfältig. Quotenmeter.de sagt, wie die deutschen Serien dieses Jahr qualitativ abgeschnitten haben und welche Ausreißer es nach unten und oben gibt.

"Für eine deutsche Serie ist das schon ziemlich gut." - Ein Spruch, der mit Sicherheit vielen geläufig ist. Doch gerade dieses Serienjahr hat gezeigt, dass diese Floskel altmodisch ist und nicht mehr länger auf die deutsche Serienlandschaft angewendet werden kann. Denn 2019 brachte Deutschland Serien hervor, die auch international großen Zuspruch und entsprechende Kritiken fanden. Darunter findet sich etwa «How to Sell Drugs Online (Fast)».

Zwei pubertierende Jugendliche gründen den größten Online-Drogenversand Europas von einem Kinderzimmer aus. Das ist die Prämisse der Serie, die sich vergleichsweise leicht in einem Satz zusammenfassen lässt. Hinzu kommen die klassischen Narrativen, die man im Coming-of-Age Genre bereits kennt, nämlich die obligatorische Liebschaft, die man zurückerobern möchte. Allerdings gibt «How to Sell Drugs Online (Fast)» der Materie einen derartigen neuen und frischen Anstrich, dass die bekannten Handlungselemente kaum negativ ins Gewicht fallen. Besonders durch den fantastischen Schnitt der Serie, der zwischen wahnsinnig schnell und angenehm langsam wechselt, bleibt die Serie über ihre sechs Episoden jederzeit unterhaltsam. Eine zweite Staffel wurde bereits für 2020 bestätigt. Die Serie, die tatsächlich auf wahren Begebenheiten beruht, bekam starke Kritiken. Sowohl Die Welt, als auch das englische Film- und Serien Fachmagazin Decider lobten die Serie für ihre humorvollen Momente und das jederzeit richtige Erzähltempo. Was immer wieder in den Kritiken spürbar war, war die zweifelhafte Moral der Serie, da man letztendlich immer noch mit einem Drogenhändler und Straftäter mitfiebert. Nichtsdestotrotz zeichnet sich «How to Sell Drugs Online (Fast)» durch pointierten Humor dank spitzen Dialogen aus und zeigt, dass deutsche Serien auch international auf einem hohen Niveau mitspielen können.

Schon die erste Staffel von «Dark» sorgte bei ihrem Release 2017 für Aufsehen. In dieselben Fußstapfen traten auch die neuen acht Folgen der zweiten Staffel, die im Juni dieses Jahres auf Netflix veröffentlicht wurden. Die Geschichte rund um Zeitreisen in der Kleinstadt Winden wird fortgeführt und nimmt immer größere Ausmaße an. Es werden neue Zeitebenen hinzugefügt, neue Charaktere und insbesondere neue Rätsel, die aber nicht alle zufriedenstellend aufgelöst werden, sodass man auf die dritte Staffel warten muss. Sollte man die erste Staffel von «Dark» nicht gesehen, haben, dann wird man mit der zweiten nichts anfangen können, da die Charakterkonstellationen zu komplex und die Handlung zu verschachtelt ist. Diejenigen, die die erste Staffel mochten, werden der zweiten Staffel wahrscheinlich noch positiver gegenüberstehen. Selten hat sich eine Serie in einer fortführenden Staffel so weiterentwickelt, wie es bei «Dark» der Fall war. Und dazu behält sich die Serie ihre extravagante Optik bei, die zudem mit fantastischen Kameraeinstellungen und Bildkompositionen glänzt. Die zweite Staffel von «Dark» ist in ihrem Genre einzigartig, konnte auf voller Linie überzeugen und zählt zweifelsohne zu den besten deutschen Serien der letzten Jahre. Ob aber auch alle Fragen angemessen aufgelöst werden oder ob mein ein Ende á la «Lost» erhält, muss man mit der nächsten Staffel noch herausfinden.

Doch nicht alles war hervorragend, was das deutsche Serienjahr hervorgebracht hat. Ein Negativbeispiel ist die Netflix Serie «Wir sind die Welle». In dieser treffen Gymnasialschüler aufeinander, die eine politische Bewegung gründen. Ihr Ziel ist es die gesellschaftlichen Umstände aufzuzeigen und öffentlich zu kritisieren. Dafür schreckt die junge Truppe auch nicht vor radikalen Aktionen zurück und die Öffentlichkeit nimmt die Gruppe, die sich selbst "Die Welle" nennt, ins Visier. Die zunehmende Radikalisierung zieht demnach auch immer größere Risiken mit sich. Die Thematik von «Wir sind die Welle» erinnert stark an den Spielfilm von «Die Welle». Das liegt daran, dass sowohl der Film, als auch die Serie auf dem Roman von Morton Rhue basieren. Nur hat sich die Serien nur lose an dem Roman orientiert und im Nachhinein wäre ein solches Fundament sinnvoller gewesen. Denn «Wir sind die Welle» ist mehr ein seichtes Plätschern als eine ernsthafte Welle. Der Serie fehlt die politische Bissigkeit und an manchen Stellen die Diversität, auch wenn sie sich darum bemüht. Das Potential war aufgrund der spannenden Ausgangslage zwar gegeben, genutzt wurde es leider nicht. Man darf darauf hoffen, dass sich eine zweite Staffel in eine bessere Richtung entwickelt.

Ein zweischneidiges Schwert dieses Jahr war «Skylines». Die deutsche Serie behandelte das Thema Hip-Hop auf eine sehr angebrachte Weise und näherte sich dem Medium als da, was es letztendlich ist, eine Kunstform. «Skylines» spiel in Frankfurt am Main und orientiert sich an Jinn, einem jungen und talentierten Hip-Hop-Produzenten. Das Label Skylines Records macht ihm ein Angebot, doch kurz darauf kehrt der Bruder des Labelgründers zurück. Jinn rutscht schnell in kriminelle Ebenen ab und merkt, dass sich die Frankfurter Hi-Hop-Szene und das Verbrechen sehr nahe sind. Die Geschichte, dass ein Unwissender im Sumpf der Kriminalität versinkt, ist nichts innovatives und wurde bereits in allen Formen und Medien mehrfach erzählt. Und auch wenn «Skylines» diesem Plot nichts Neues hinzufügen kann, zeigt die Serien die Hip-Hop-Kunst doch aus einer angenehm klischeefreien und diversen Perspektive. Gerade hier wäre eine zweite Staffel wünschenswert gewesen, damit die Handlung neue und weniger ausgetretene Pfade einschlagen kann, allerdings entschied sich Netflix anders und es wird nur bei den ersten sechs Folgen bleiben.

Eine Serie, bei der die hellen Seiten deutlich überwiegen, ist «Der Pass», eine deutsch-österreichische Produktion von Sky. Dabei ist der Name der Serie bedeutend, denn auf einem Bergpass zwischen Deutschland und Österreich wird eine entstellte Leiche gefunden. Während die deutschen Behörden die junge Ellie Stocker zur Lösung des Falls entsenden, wartet auf der österreichischen Seite nur Gedeon Winter, ein abgebrühter und unnahbarer Inspektor. Winter hat kein großes Interesse an einer Zusammenarbeit und kämpft auch abseits davon mit seinen inneren Dämonen. Und diese Chemie - auch wenn sie nicht zwischen den Charakteren besteht - spürt man deutlich zwischen den Darstellern. «Der Pass» ist fantastisch gefilmt und kann mit grandiosen Bildern überzeugen. Das gilt sowohl für die Szenen innerhalb der Wälder, als auch für alles innerhalb von den meist düsteren Gebäuden. Neben der Optik ist «Der Pass» durch seine Atmosphäre eine einzigartige Serie. Auch wenn die Geschichte rund um zwei ungleiche Ermittler mehrfach erzählt wurde, schafft es die Serie einen melancholischen Ton zu treffen, der eine beinahe depressive Stimmung auf den Zuschauer überträgt. Nichtsdestotrotz hat Sky mit «Der Pass» eine qualitativ hervorragende Serie geschaffen, die den anderen Eigenproduktionen «Das Boot» und «Babylon Berlin» in nichts nachsteht.

Einen Verlust musste die deutsche Serienlandschaft dieses Jahr auch hinnehmen. Nach drei Staffeln fand die Serie «4 Blocks» ihr zufriedenstellendes Ende. Ein Verlust ist es dennoch, zeichnete sich die Serie doch durch klischeefreie Plots aus, was angesichts der Thematik besonders schwierig ist. Denn «4 Blocks» dreht sich um Ali Hamady, den Anführer eines arabischen Familienclans, der in beinahe allen Verbrechensarten beteiligt ist. Trotz dieser Ausgangssituation gab es in «4 Blocks» nie einen politischen Bias und es wurden alle politischen Perspektiven angemessen behandelt. Somit wurde die Dramaserie gleichzeitig zu einem Politikum, verlor dabei aber nie die spannenden Elemente. Die Kritiken sprachen schon von den deutschen «The Sopranos» und da ist es umso trauriger, dass die Ausnahmeserie schon nach drei Staffeln ihr Ende fand. In ihrem Metier bleibt «4 Blocks» unangefochten, insbesondere wenn die Konkurrenz ein klischeehaftes und undifferenziertes «Dogs of Berlin» ist.

Abschließend lässt sich sagen, dass das deutsche Serienjahr ein sehr starkes war und auf dem vorherigen aufgebaut hat. Während «Dark» schon 2017 das Fundament legte, zog man nun mit einer noch stärkeren Staffel nach. Ähnliches gilt für «4 Blocks», dass auf bereits zwei nahezu perfekte Staffeln zurückblicken kann, bevor die Serie mit der dritten endete. Gleichzeitig wurden mit «How to Sell Drugs Online (Fast)» und «Der Pass» die Weichen für die Zukunft gestellt. Qualitativ sieht diese vielversprechend aus, sofern sich einzelne Serien in eine bessere Richtung entwickeln. Gleich zu Beginn des nächsten Jahres steht bereits ein heiß erwarteter Titel an: die dritte Staffel der vielfach gelobten Serie «Babylon Berlin». Diese wird Ende Januar veröffentlicht und die Erwartungen sind hoch, haben die ersten beiden Staffel rund um Deutschland in den 1920er Jahren doch eine hochspannende und politische Geschichte erzählt.

Die Zukunft der deutschen Serie sieht - abgesehen von kleineren Ausreißern nach unten - sehr gut aus. International ist sie inzwischen anerkannt und macht von sich reden. Zudem ist sie divers, deckt mehrere Facetten und Bereiche ab und steigt bei vielen auf ein international hohes Serienniveau an. Wann das erste deutsche «Game of Thrones» kommt, ist also nur noch eine Frage der Zeit.

«Babylon Berlin» ist ab dem 24.1 auf Sky verfügbar.
«How to Sell Drugs Online (Fast)», «Dark», «Wir sind die Welle» und «Skylines» sind auf Netflix verfügbar.
«4 Blocks» ist über Amazon Prime, iTunes, Sky Ticket, Sky Go und Google Play erhältlich.
«Der Pass» ist auf Amazon Prime, Sky Ticket und Sky Go verfügbar sowie in der ZDF Mediathek

Kurz-URL: qmde.de/114596
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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
28.12.2019 17:04 Uhr 1
Einzig und allein hat mich nur "Skyline" interessiert, was ich sogar dann leider auch nach Folge 3 abgebrochen habe...
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