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Es tut sich also spürbar etwas in TV-Deutschland. Als Beleg dafür kann etwa der vergangene Freitag im Ersten herhalten: Mit «Der Club der singenden Metzger» lief dort nämlich zur besten Sendezeit der neue Zweiteiler von «Das Adlon. Eine Familiensaga»-Regisseur Uli Edel als XXL-Programmierung am Stück und bewies einmal mehr, wie vielfältig, hochklassig und berührend Fernsehunterhaltung im Jahre 2019 sein kann, und wie groß die Nachfrage nach adaptionswürdigen Romanen ist. Denn – Sie ahnen es – auch auf diese Geschichte aus der Feder von Louise Erdrich hätte man in einer gut sortierten Buchhandlung stoßen können. Diese Anstrengungen sind allerdings auch zwingend nötig, wenn man perspektivisch das jüngere Publikum nicht komplett an Streamingdienste verlieren will. Gerade der jüngste Rechtepoker (Champions League, Olympia oder Fußball-Europameisterschaft) hat schließlich gezeigt, dass es für klassische Sender immer schwieriger werden wird, attraktiven Live-Sport exklusiv anbieten zu können. Deshalb ist es umso wichtiger, sich im Unterhaltungssektor nicht abhängen zu lassen. Dass man bei den Öffentlich-Rechtlichen seine Mediatheken weiter optimieren möchte und die Privaten mit TVNOW und Joyn zeigen, dass sie gewillt sind, mit der Zeit zu gehen, unterstreicht, dass man es damit auch wirklich ernst meint.
Die Streamingdienste ihrerseits werden jedoch ebenfalls nicht lockerlassen, da neue Player wie Apple TV+ oder Disney+ natürlich gleichbedeutend mit einem sich weiter intensivierendem Wettbewerb sind. Die Suche nach dem nächsten Hit endet auch hier oft bei Buchreihen. Wobei man es sich eindeutig zum Ziel gesetzt hat, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, jeder und jedem und insbesondere auch Teenagern und jungen Erwachsenen eine Auswahl an auf sie zugeschnittenen Programmen anbieten zu können. Und deswegen werden dann eben auch Serien wie «Tote Mädchen lügen nicht» oder «You – Du wirst mich lieben» produziert. Auf diese verweisen wiederum entsprechende Sticker, mit denen sich kurz vor oder nach Release die zugehörigen Romane schmücken dürfen – neues Cover in der Regel inklusive. Die von Amazon Prime gerettete ursprüngliche Syfy-Produktion «The Expanse» hingegen wird mit Sicherheit in erster Linie deswegen von Anhängern anspruchsvoller Science-Fiction-Storys so geschätzt, weil Daniel Abraham und Ty Franck ein sehr durchdachtes literarisches Fundament gelegt haben, von dem Mark Fergus und Hawk Ostby bei der Verwirklichung ihrer Bewegtbild-Vision massiv profitiert haben und nach wie vor profitieren.
Und auch all die passionierten Gamer, die mit viel Freude die „The Witcher“-Teile an der heimischen Konsole durchgespielt haben, dürften spätestens seit dem 20. Dezember 2019 wissen, dass ihr geliebtes Videospiel lediglich an Geschichten anschließt, die allesamt Andrzej Sapkowski erdacht hat und schon viele Jahre in Gestalt zweier Kurzgeschichtensammlungen und einer Haupt-Pentalogie vorliegen. Und da es sich, wie weiter oben ausführlich dargelegt, schon mehrfach ausgezahlt hat, viel Geld in die Entwicklung von Filmen und Serien zu stecken, wenn deren Macher aus dem Vollen schöpfen können, ist es vollkommen logisch, wieso Netflix sich die Rechte an der „Geralt-Saga“ gesichert hat. Bei Amazon Prime dagegen wird bereits fleißig an einer «Der Herr der Ringe»- und einer «Das Rad der Zeit»-Serie gearbeitet. Woran man wieder sieht: Die ganz großen Hoffnungen werden vor allem in Fantasy-Stoffe gesetzt – sogar in welche, die als Film schon gefloppt sind, wie im Falle der BBC und HBO, denen mit ihrer «His Dark Materials»-Version das zu gelingen scheint, was dem Abendfüller von 2007 nicht gelungen war: die Handlung aller drei von Philip Pullmann erdachten Bände zu erzählen, und nicht nur die des ersten („Der goldene Kompass“).
- © Netflix
Über all diese Produktionen wird aktuell berichtet, im Netz wird über sie diskutiert und gestritten, über sie werden Rezensionen verfasst, Fans können das passende Merchandise und eben die Bücher erwerben. Kurz: Ihr „Name" hat Gewicht, und das gilt im Prinzip für alle der in diesem Beitrag intensiver beleuchteten Titel. Wir leben nämlich nicht nur im Zeitalter der Bilder, sondern auch – es wurde schon erwähnt – in dem der großen „Franchises“, und die wiederum würde es in vielen Fällen überhaupt nicht geben, wenn bestimmte Autorinnen und Autoren nicht irgendwann Kapitel für Kapitel ihre Einfälle niedergeschrieben hätten. Wir leben folglich also auch im Zeitalter der Bücher – wir müssen es uns nur hin und wieder bewusst machen. Und nachdem wir das getan haben, vielleicht einmal wieder in die kleine Buchhandlung unseres Vertrauens gehen und uns ein Buch empfehlen lassen, auf dem eines Tages womöglich das nächste globale Fiktionsphänomen basieren wird.
PS: In Deutschland heißen sie Comics und haben bei Weitem nicht den Stellenwert, den sie etwa in Frankreich oder den USA haben, wo sie bekanntlich – nicht ohne Grund – als „comic books“ bezeichnet werden, aber dazu ein anderes Mal mehr.
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