Als Filme noch der gigantische Publikumsmagnet waren
Noch liegt jene Zeit nicht so weit zurück. Aber es ist möglich, dass wir uns in zehn, 20 Jahren an Jüngere wenden werden und verwirrt angeblickt werden, wenn wir ihnen erzählen: "Kannst du dir das vorstellen? Es gab eine Zeit, da haben über sieben Millionen Menschen am Sonntagabend vor dem Fernseher gesessen, um die Free-TV-Erstausstrahlung eines Hollywood-Blockbusters zu sehen!" Natürlich sind Filmausstrahlungen noch immer für tolle Quoten zu haben, vor allem ProSieben erreicht regelmäßig ein großes Publikum mit seinem Megablockbuster-Programmfenster. Doch das, was der Münchener Sender heute mit US-Spielfilmen generiert, ist ein müder Schatten dessen, was noch zu Beginn der 2010er-Jahre möglich war.
Der größte Reichweitenhit, den ProSieben das gesamte Jahrzehnt über hatte, war Roland Emmerichs Weltuntergangsspektakel «2012». Am 8. Januar 2012 lockte die Free-TV-Premiere des Popcorn-Krachers mit John Cusack, Amanda Peet und Chiwetel Ejiofor 7,92 Millionen Menschen an die Mattscheiben, darunter befanden sich 5,78 Millionen Umworbene. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen: Eine Filmausstrahlung umgarnte mehr 14- bis 49-Jährige als das mit seinem riesigen Erfolg Medienschlagzeilen schreibende Finale von «The Masked Singer» im Sommer 2019 insgesamt Fernsehende fesselte.
Und wenn wir schon bei diesem Stichwort sind: Der Rückblick auf die größten ProSieben-Hits der 2010er-Jahre unterstreicht extrem deutlich, wie sehr die Reichweiten der Vollprogramme zurückgegangen sind. Denn nicht nur, dass ProSiebens größte Erfolge des Jahrzehnts aus einer Programmsparte stammen, die heutzutage durch günstige DVDs, Blu-rays sowie durch Video-on-Demand-Plattformen abgegrast wird: ProSiebens Megahits aus den ersten paar Jahren der 2010er-Dekade sind so groß, dass das hoch gejubelte «The Masked Singer»-Finale nicht einmal in den Top Ten der meistgesehenen ProSieben-Sendungen seit 2010 zu finden ist.
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ProSieben ließ bei der Ausstrahlung die Szene weg, die nach dem Abspann folgt und einen wichtigen Handlungsstrang abschließt. Der Aufruhr war so groß, dass er bei «TV total» aufgegriffen wurde: Stefan Raab versprach in der Show mehrmals, die ausgelassene Szene zu zeigen – nur um am Ende der Show zusammen mit Elton auf einen nicht abgefilmten Bildschirm zu schauen, auf dem die Sequenz lief. Das «TV total»-Publikum bekam also nur zu sehen, wie sich der Gastgeber und sein Sidekick die Szene anschauten.
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Die restlichen Top Ten füllen der Will-Smith-Superheldenfilm «Hancock» (5,38 Mio. am 9. Januar 2011), «Percy Jackson: Diebe im Olymp» (ebenfalls 5,38 Mio. am 15. April 2012) und «Karate Kid» (5,23 Mio. am 15. Juli 2012) aus.
Als Sat.1 weit davon entfernt war, ein Sorgenkind zu sein
Eine Randbemerkung zu unserer Methode
Da Sat.1 seine Champions-League-Zahlen nicht komplett angegeben hat, sondern auf Halbzeiten aufgeteilt, haben wir der Übersicht halber Mittelwerte für die Sat.1-Partien errechnet. Anderweitig bestünde unsere Hitliste aus vielen zweiten Halbzeiten und gelegentlich aus der ersten Halbzeit einer bereits erwähnten Fußballbegegnung.
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Aufmerksame Lesende haben es sicher bemerkt: Einen Rang haben wir ausgelassen, nämlich Platz acht. Denn unser Rückblick streift noch einen vergangenen, kurzen Abschnitt der deutschen TV-Historie: Die Periode, in der Alexandra Neldel womöglich der größte Schauspielstar Deutschlands war und die Kombination aus ihr und einem reißerischen Titel am 5. Oktober 2010 9,75 Millionen Menschen zu Sat.1 beförderte: «Die Wanderhure» kam auf 31,2 Prozent Marktanteil insgesamt und wurde mehrfach fortgesetzt. Zur Einordnung: Der größte Sat.1-Reichweitenhit 2019 war «Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind» mit 3,08 Millionen Fernsehenden – also weniger als einem Drittel dessen, was die «Wanderhure» erreichte.
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