Die Wunder gehen noch weiter: Der von Außenstehenden auch gerne mal als Wunder-Mann bezeichnete Al-Masih kann sich in Gedanken der Protagonisten hacken, weiß intime Details anderer Menschen, verschwindet plötzlich spurlos und kann sogar Leute auferstehen lassen. Zumindest ist es das, was seine Anhänger sehen (wollen). Al-Masih hat zudem für praktisch alles eine spirituelle Antwort auf Lager – auch wenn die ein oder andere ziemlich abgegriffen daherkommt. Gott ist immer mit dir, Gott hat einen Plan mit uns. Ob der angebliche Messias wirklich der ist, für der er sich ausgibt, ist der Dreh- und Angelpunkt der Serie. Blöd nur, dass sich gleich in den ersten Episoden so viele unglaubliche Ereignisse überhäufen, das es mitunter durchaus schwer fällt, noch daran zu glauben, Al-Masih könne ein Betrüger sein. Hier hätten weniger Wunder bestimmt für mehr Spannung gesorgt.
Die CIA-Agentin Eva Geller (Michelle Monaghan, «True Detective») hat den vermeintlichen Messias von Anfang an auf dem Radar: Sie traut dem mysteriösen Mann nicht über den Weg. Ist er etwa nur ein riesiger Schwindler vor dem Herrn? Oder wird er gar zu einem neuen Anführer einer terroristischen Organisation? Fragen, die die Ermittlerin herumtreiben. Man kommt einfach nicht drumherum, hier Parallelen zu «Homeland» zu ziehen. Arbeit geht bei Geller immer vor, obwohl sie sich gesundheitlich in einem sehr schlechten Zustand befindet. Hinzu kommt ein gestörtes Verhältnis zu ihrem Vater. Allzu viele Emotionen sollte man von ihr generell nicht erwarten. Später kommt noch der israelische Ermittler Aviram Dahan (Tomer Sisley) dazu, der seine ganz eigenen Ermittlungsmethoden hat und ebenfalls mit emotionalen Problemen zu kämpfen hat. Dahan und Geller funktionieren dabei nicht gut als Team, ein stereotypischer Konflikt scheint hier vorprogrammiert zu sein.
- © Netflix
«Messiah» behandelt einige der großen Fragen der Menschheit. Die offensichtlichste: Was würde passieren, wenn der Messias in der Welt von heute auftaucht? Wie verändert sich dann der Glaube der Menschen? Kommt es zu Unruhen oder finden die Menschen allmählich wieder zueinander? Ist alles, was passiert, durch Schicksal – durch Gott – vorherbestimmt? «Messiah» gibt darauf keine endgültige Antwort, das wäre auch vermessen. Die Serie gibt lediglich Impulse zum Nachdenken und zeigt, wie die Figuren mit diesen Fragen umgehen.
«Messiah» fällt trotzdem weniger durch spektakuläre Folgen auf, sondern eher damit, dass im Netz damit einige Gemüter erhitzt werden: Serienmacher Michael Petroni werden respektloser Umgang mit Religion sowie anti-islamische Propaganda vorgeworfen. Ebenfalls im Fokus der Kritik ist, dass der Name Al-Masih ad-Dajjal im islamischen Glauben so viel wie „falscher Messias“ bedeutet, der wiederum vergleichbar mit dem Antichristen ist. In einer Online-Petition sprechen sich bereits an die 5.000 Menschen gegen die Netflix-Produktion aus (Stand: 05.01.2020).
«Messiah» könnte eigentlich eine hochspannende Angelegenheit sein, wären da nur nicht die zahlreichen Nebenplots um die Ermittler und andere Personen im Umfeld, die weniger interessant sind und vom großen Ganzen ablenken. «Messiah» legt ohnehin ein sehr behäbiges Erzähltempo an den Tag. Wirkliche Überraschungen bleiben größtenteils aus. 2020 beginnt demnach nicht mit einem großen Knall bei Netflix.
Es gibt 6 Kommentare zum Artikel
05.01.2020 13:00 Uhr 1
Generell muss man aber sagen(ich hab die erste Hälfte von Folge 1 gesehen) besser als der ganze andere Netflix-Müll wie Dark,Stranger Things, Orange is the new black etc pp.
Achja und wehe einer der folgenden Kommentatoren erwähnt dass die nächste Dekade erst 2021 beginnt....
05.01.2020 13:43 Uhr 2
05.01.2020 14:54 Uhr 3
06.01.2020 02:04 Uhr 4
Zur Serie. mann kann sich, wenn ma NUR möchte, an die Untetitel gewöhnen!! Ich gucke das Ding eigentlich fast NUR wegen Frau Monaghan....
17.01.2020 15:30 Uhr 5
Danke für die Info - dann muss ich ja keine Zeit verschwenden. Auch wenn Narcos noch so gut ist, bin ich nach 4 Folgen ausgestiegen - das war mir einfach zu viel Text ...
17.01.2020 15:59 Uhr 6