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Vor allem der Handlungsfaden rund um Samuel Finzis Nils profitiert davon: Er erfährt zu Beginn des Films, dass ihm seine langjährige Ehefrau fremd gegangen ist, und muss diesen Umstand während des Trips zu einer Beerdigung verarbeiten. Das Skript arbeitet zwar in manchen Szenen gegen Finzi (seine Figur ist der Vernünftigste im Protagonisten-Trio und benimmt sich trotzdem manchmal selbst auf Comedy-Logikebene betrachtet unplausibel bockig bis leichtsinnig). Doch Finzi verleiht den ruhigen, nachdenklichen Momenten rund um seine Rolle eine glaubwürdige Reue, genauso wie er in den verrückten Szenen die Pointe mehrmals genau auf den Kopf trifft, was ihm im Vorgänger der hektische Schnitt nahezu unmöglich gemacht hat. Finzi wird somit zum Rückgrat dieses Films – und seine Szenen sind seicht-schöne RomCom-Unterhaltung.
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Insgesamt bleibt «Die Hochzeit» noch immer hinter Schweigers frühe Regiejahre zurück. Wie in all seinen Erwachsenenfilmen ab «Kokowääh» werden auch hier manche Gags altbacken angefangen, dann mit einem relativ frischen Dreh versehen und daraufhin in Grund und Boden gerammt, bis der potentielle Schmunzler längst wieder aufgegeben wurde. Und es fehlt einfach an der Mischung aus unverbrauchter Energie und Ebenbürtigkeit mit Schweigers Rollen, die die "Gegenspieler" des Schweiger-Protagonisten anfangs im Schaffen des gebürtigen Freiburgers aufgewiesen haben. Gleichwohl lässt «Die Hochzeit» Schweigers Erwachsenenschaffen der vergangenen Jahre hinter sich. Anders als die «Kokowääh»-Filme, «Honig im Kopf» und seine Remake sowie «Klassentreffen 1.0» kommt «Die Hochzeit» beispielsweise narrativ zum Punkt, ehe der Plot völlig durchgenudelt ist. Und die rührselig gemeinten Szenen arten nie in verkrampften Kitsch aus, obwohl die Musikuntermalung zuweilen arg dick aufträgt.
- © Warner Bros.
Und dann … Ja, dann ist da noch die Sache mit dem Product Placement, das in späten Schweiger-Regiearbeiten und -Star-Vehikeln völlig penetrant geworden ist. In «Die Hochzeit» mutieren die Produktplatzierungen zu einem ganz neuen Biest: In der Welt von «Die Hochzeit» trinken Leute das Til-Schweiger-Wasser Barewater, gehen in die Til-Schweiger-Pizzeria Henry Likes Pizza ("Beste Pizza der Stadt!", sagt eine der Figuren), kippen Til-Schweiger-Bier ("Boah, ist das lecker!", ruft Milan Peschel erfrischt, nachdem er einen kräftigen Schluck genommen und das Etikett deutlich lesbar gen Kamera gehalten hat), genießen mehrere Til-Schweiger-Weine, sind im Stil von Til Schweigers Wohnidee-Marke Barefoot Living eingerichtet und überlegen bei einer Autopanne, die mit Til Schweigers Konterfeit verzierte App einer Versicherung zu nutzen, die aktuell mit Til Schweiger wirbt.
Es ist penetrant und es ist unfassbar dreist – aber es ist derart dreist und penetrant, dass es den ärgerlich-peinlichen Werbefaktor von Filmen wie des "Bei McDonald's gibt es jetzt auch Hot Dogs!"-Actioners «Hot Dog» hinter sich lässt und in Michael-Bay-sieht-Produktplatzierungen-als-Kunstform-an-Gefilde übergeht, wie sie in «6 Underground» oder «Transformers: Ära des Untergangs» zu beobachten sind. Irgendwie ist es einfach lustig, wie unverschämt die ganze Til-Schweiger-Produktwelt vorgestellt wird, und es ist ästhetisch wenigstens einheitlich und für das uninformierte Auge daher leichter zu übersehen als die fiktive Alternative, in der Peschel ein Bitburger ext, Finzi eine Allianz-App nutzt und Jeanette Hain bei Domino's isst.
Fazit: Na bitte, geht doch: «Die Hochzeit» zeigt nach Jahren der Fehlgriffe, dass irgendwo im modernen Til Schweiger noch immer der Til Schweiger schlummert, der sich einen Namen als gefälliger Mainstream-Regisseur gemacht hat. Mit einem Durcheinander aus altem Können und aktuellen Macken wird sich «Die Hochzeit» zwar noch immer viel Schelte gefallen lassen müssen, doch wer Schweigers frühes Schaffen unterhaltsam fand, zuletzt aber genervt war, wird hier wieder schmunzeln und auch ab und zu lachen können. Und wer weiß, wo bei dieser Lernkurve der dieses Jahr anstehende dritte Teil landet ..? Über die Fantasie mit der aufreizenden Kritikerin unterhalten wir uns dann vielleicht ein anderes Mal ...
«Die Hochzeit» ist in vielen deutschen Kinos zu sehen.
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27.01.2020 15:24 Uhr 1