Zur Person: Marco Schreyl
Der Erfurter Marco Schreyl verlas zunächst Nachrichten im NDR, wechselte Anfang des Jahrtausends dann zu ZDF-«hallo Deutschland». Für RTL ging es bei «DSDS» und «Das Supertalent» auf die große Showbühne, im Sportbereich präsentierte er die Vierschanzen-Tournee und eine Handball-WM. 2018 moderierte er für Eurosport eine Primetime-Sendung zu den Olympischen Winterspielen. Seine Leidenschaft gehört auch dem Radio, so ist er bei WDR2, hr1 und Deutschlandfunk Kultur zu hören.Es gab schon eine sieben Jahre lange Pause, was aber stimmt, ist: Ich war nie weg aus der Medienwelt. Ich liebe das Medium Radio und bin froh für WDR2, Deutschlandfunk Kultur und den hr moderieren zu können. wer einmal Radio gemacht hat, weiß, dass Radioliebe eine Liebe für immer ist. Für den WDR mache ich seit vier Jahren im Fernsehen das tolle Projekt «Der beste Chor im Westen», ein wunderbares Live-Format. Sozusagen hatten sich meine Aufgaben in diesen sieben Jahren etwas von RTL wegverlagert.
Waren Sie dann überrascht, als vermutlich irgendwann im Herbst 2019 das Handy klingelte und RTL am Telefon war?
In Köln braucht man da nicht zwangsläufig eine Handynummer. Man läuft sich einfach über den Weg. Wir haben uns übrigens schon im Frühjahr über dieses Projekt unterhalten. Ich finde es gut, dass wir uns wirklich lange Zeit gelassen haben – das spricht wirklich sehr für RTL. Sie wissen ja, es gab da einen Wechsel in der Senderführung. Die neue Chefetage hat sich zum Ziel genommen, ein neues Nachmittags-Programm zu etablieren und setzt dabei auf ganz bekannte Primetime-Moderatoren. Ich fühle mich in dieser Reihe mit Oliver Geissen und Steffen Henssler, die vor und nach mir senden werden, sehr wohl. Der RTL-Nachmittag ist quasi ein Haus, das momentan komplett renoviert wird.
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2020 ist ein guter Zeitpunkt, weil es in der Gesellschaft großen Gesprächsbedarf gibt.
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Marco Schreyl zur Frage warum Deutschland gerade jetzt eine neue tägliche Talkshow braucht
Ich mag in diesem Zusammenhang das Wort Daily Talk gar nicht so sehr, weil es schon sehr an frühere Sendungen erinnert. Wir werden aber mit «Marco Schreyl» nicht da weitermachen, wo einst aufgehört wurde. Daher nenne ich meine Sendung lieber ein tägliches Gespräch. 2020 ist ein guter Zeitpunkt, weil es in der Gesellschaft großen Gesprächsbedarf gibt. Es gibt viele Themen, die intensiv diskutiert werden müssen oder können. Wir wollen den Menschen dafür eine Plattform bieten.
Das erinnert so ein bisschen an die «Hans Meiser»-Ausgaben in den 90ern bei RTL, die ebenfalls teils live und gesellschaftspolitisch waren.
«Hans Meiser» hatte damals durchaus journalistisch fundierte Sendungen im Angebot, die sehr gut waren. Wir wollen ihn aber jetzt nicht kopieren. Wir werden in unserer Sendung durchaus mal über Fridays for Future sprechen, aber auch darüber, ob Kinderfotos in Soziale Netzwerke gehören. Das sind die Themen, die auch in den Wohnzimmern unserer Zuschauer oder in der U-Bahn diskutiert werden. Nah dran am Zuschauer ist uns wichtig.
Haben Sie die Daily Talks früher eigentlich selbst geschaut? Und waren Sie eher bei «Andreas Türck» oder bei «Birte Karalus» zu Hause?
Ich kenne die Formate natürlich alle, aber damals in den 90ern habe ich sie nicht gesehen. In den 90ern war ich ein Teenie, da waren Spikes, Basketbälle und Sprung-(Wurf)gruben meine Welt. Ich bin aus der Schule gekommen, habe den Ranzen in die Ecke geworfen und schon saß ich auf dem Fahrrad, um Richtung Stadion zu fahren. Ein Hardcore-TV-Gucker war ich damals also nicht.
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Ich war total begeistert, dass Senderchef Jörg Graf und Unterhaltungs-Chef Markus Küttner uns schnell die Option gegeben haben, auch live zu produzieren. Live heißt für RTL, die Produktionsfirma filmpool und mich, dass wir in diesen Sendungen ganz aktuelle Themen besprechen.
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Marco Schreyl über seine neue Gesprächssendung im Nachmittagsprogramm von RTL
Das ist richtig. Wenn man eine tägliche Sendung produziert, dann ist das vor allem erst einmal Arbeit. Es muss alles sehr gut geplant sein. Und man muss natürlich auch in gewisser Schlagzahl produzieren. Ich war total begeistert, dass Senderchef Jörg Graf und Unterhaltungs-Chef Markus Küttner uns schnell die Option gegeben haben, auch live zu produzieren. Live heißt für RTL, die Produktionsfirma filmpool und mich, dass wir in diesen Sendungen ganz aktuelle Themen besprechen.
In wie vielen Ausgaben wird es um Vaterschafts-Tests gehen? Oder weniger Augenzwinkernd gefragt: Welche Themen werden Sie behandeln?
Ganz ohne Augenzwinkern geantwortet: Solche Themen sind ganz weit weg.
In den 90er-Talks ähnelten die Studios mehr oder weniger immer großen Wohnzimmern; mit Sesseln, Sofas – wartende Gäste saßen zeitweise in einer Art Kaffeeküche. Wie sieht Ihr Studio aus?
Grob gesagt: Wir haben eine Publikumsfläche, wir haben genug Raum, um uns auf der Bühne für Gespräche zu bewegen und wir haben auch eine Fläche, in der vier Promis/Experten sitzen, die ebenfalls zu dem jeweiligen Thema sprechen. Aber sehen Sie, ich komme ja auch aus dem Radio. Da hat der Moderator, der nicht gepudert und nicht geschminkt ist, ein Mikro vor der Nase und macht den Regler auf und redet los. Da zählt nicht die Optik, sondern nur der Inhalt. Und so halten wir es auch. Wichtig ist, dass das, was gesagt wird, Hand und Fuß hat. Oder sagen wir es mal anders: Es gab vielleicht früher schon mal Talkshows, wo man vor allem über die Sitzmöbel gesprochen hat. Aber das ist nicht mein Ziel. Wenn ich in eine Bar gehe, dann bin ich dort wegen der Drinks und wegen der Gespräche, die ich da führe, aber nicht, weil mir der Stuhl gefällt.
Im besten Fall passt beides.
Wohl wahr.
Haben Sie denn weiterhin Zeit für WDR2?
Natürlich. Zu meiner Radio-Liebe kommt nun einfach auch wieder viel TV-Liebe hinzu. Bei WDR2 habe ich meine Hauptsendung immer sonntags. Da überschneidet sich nichts. Und werktags habe ich hin und wieder auch weiter Zeit. Sicherlich, da kommt viel Arbeit auf mich zu. Aber ich werde deshalb niemals jammern. Es gibt genug Leute, die würden sich darum reißen, diesen Job zu machen und ich darf all das tun.
Wie bewerten Sie die Situation im Radio? Es gab ja mal Zeiten, da wurde zwar auch Wert auf Content und Talk gelegt, aber bitte nicht länger als 90 Sekunden. Sind diese Zeiten vorbei?
Das kommt sicherlich immer auf den Sender an.. Radio soll ein Begleiter sein und wird in den meisten Fällen eingeschaltet der Musik wegen Logisch haben wir Moderatoren und Redakteure dann Regeln, wie lang unser Wort sein soll. Wir können bei einer Begleitwelle im Tagesprogramm kein Sieben-Minuten-Interview machen. Aber Sender wie WDR2, hr1 oder auch Deutschlandfunk Kultur, für die ich arbeite, haben Sendeplätze für tiefergehende Gesprächssendungen. WDR2 hat Jörg Thadeusz, der im Feierabendprogramm ausführliche Gespräche führt. Auch in meiner eigenen Sonntagssendung ist dafür Platz. Und wir heben solche tiefergehenden Gespräche jetzt ins Fernsehen. Wir haben die Fläche, um relevante Dinge zu besprechen und für den Zuschauer einen Mehrwert zu kreieren. Nicht nur meine Gäste im Studio und das Publikum dort, sollen diesen Mehrwert spüren, sondern auch die Zuschauerinnen und Zuschauer daheim vor dem Fernseher.
Gibt es für Sie als erfahrenen Talker einen Gast, den Sie gerne mal bei sich hätten. Ein Gespräch, bei dem Sie aufgeregt oder voller Vorfreude wären?
Das ist eine schwierige Frage, denn in der Regel stehen die Gesprächspartner fest, mit denen ich mich beschäftige. Selten wünschen wir uns Gesprächsgäste. Aber sehen Sie, Herr Weis, ich höre sehr genau zu, was unser Bundespräsident in diesen Tagen sagt, wenn es um das Gedenken des Holocausts geht. Er findet da die absolut richtigen Worte. Ich höre auch Überlebenden der fiesesten und schlimmsten Zeit unseres Landes sehr genau zu. Diesen schweren Rucksack auch heute noch zu tragen, das beschäftigt mich. Ich würde daher gerne über genau diese Thematik mit unserem Bundespräsidenten reden. Genauso begeistern mich aber auch die Geschichten von ganz normalen Menschen. Ich höre bei Holocaust-Überlebenden ganz genau zu. Man darf da nicht wegsehen und -hören. Es sind aber auch Geschichten wie die des Extremsportlers Andy Holzer, die mich begeistern. Er ist blind und hat den Mount Everest bestiegen. Mit ihm habe ich im Radio darüber sprechen können, wie das geht. Sie und ich, wir beide stünden wohl da oben und würden die Aussicht genießen, das Glitzern des Schnees. Welche Eindrücke konnte er da oben gewinnen? Und wie schafft man es als Nicht-Sehender überhaupt auf den Gipfel?
Herr Schreyl, alles Gute für den Start Ihrer täglichen Sendung.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
08.02.2020 14:20 Uhr 1
08.02.2020 15:43 Uhr 2
08.02.2020 19:59 Uhr 3