Zur Person: Rainer Matsutani
1964 in Hockenheim geboren, schreib und inszenierte Matsutani unter anderem « 666 – Traue keinem, mit dem du schläfst!». Weitere Werke von ihm sind: «Das Papst-Attentat», «Der Vollgas-Mann» oder auch zahlreiche Folgen der ZDF-Serie «Dr. Klein».Sie haben als Kind den 1956 entstandenen Science-Fiction-Klassiker «Die Dämonischen» gesehen, den Sie als Inspirationsquelle für «Spides» nennen. Warum hat sie gerade dieser Film so sehr beeinflusst?
Ich erinnere mich noch gut daran. Meine Eltern waren auf einem Elternabend. Ich schlich mich vor den Fernseher und da lief «Invasion of the Bodysnatchers». Ich war total begeistert, das war das Beste, was ich je gesehen hatte. Der Film war ein ganz wichtiger Einfluss für mich und ich habe mit Spannung die Remakes verfolgt, die über die Jahre gedreht wurden. Ich fand diese heimliche, gefährliche Unterwanderung immer ein ergiebiges Thema, weil man viel hineininterpretieren kann. Bereits der Originalfilm war eine Parabel auf die Angst vor dem Kommunismus und der "roten Bedrohung". Nun ist «Spides» natürlich kein Remake, aber ich fand, es wäre an der Zeit, den Gedanken der heimlichen Unterwanderung wieder aufzunehmen.
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In SPIDES wird die deutsche Hauptstadt zum Schauplatz einer düsteren Verschwörung welche die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen lässt. Hauptdarstellerin Rosabell Laurenti Sellers („Game of Thrones“) enthüllt in der brandneuen Science-Fiction-Serie, wie Aliens die Bevölkerung unterwandern.
Sie sehen also eine Analogie zur heutigen Zeit im Invasionsthema?
Ganz klar, ja. Heute haben wir natürlich gegen andere, multikausale Kräfte zu kämpfen, wovon die Angst vor dem kommunistischen Riesen China nur ein Thema ist. Durch die Globalisierung, Klimakrise und Digitalisierung scheint die Welt, wie sie einmal war, aus den Fugen zu geraten und ich glaube, unsere Serie stößt mit ihrer Prämisse direkt in dieses unsichere Lebensgefühl der heutigen Zeit.
Man kann in der Serienlandschaft durchaus von einem neuen deutschen Selbstbewusstsein sprechen. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die international erfolgreiche Serien wie «Babylon Berlin» oder «Das Boot» mitproduzieren, scheint sich aber niemand wirklich an phantastische Stoffe zu wagen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Das hat verschiedene Ursachen. Die deutsche Filmbranche hat in Bezug auf Genrefilme schon immer ein wenig gefremdelt. Das hat meiner Meinung nach sowohl kulturgeschichtliche, als auch mentalitätsbedingte Gründe. Wir unterscheiden in der Kunst immer noch zwischen dem "E" für ernst und dem berüchtigten "U" für Unterhaltung, wobei Unterhaltung oft als Schund abgetan wird. Das trifft vor allem auf die Genres Science-Fiction, Horror, Mystery und Fantasy zu. Wenn man sich die Liste der 100 erfolgreichsten Filme aber näher anschaut, stellt man fest, dass 95% dieser Filme in der Art von «Avatar», «Herr der Ringe» oder «Harry Potter» sind. Nur in Deutschland weicht man diesen erfolgreichen Genres noch immer viel zu gerne aus.
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Immer mehr Filmschüler drehen Horror- und Science-Fiction-Filme und machen unter anderem über soziale Netzwerke auf sich aufmerksam.
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Rainer Matsutani über das Zutrauen, ungewöhnliche Stoffe zu entwickeln
Rainer Erler war ein Einzelkämpfer und ich fühle mich oft genug sehr ähnlich. Es ist schwer, aber ich bin der Meinung, dass sich die Situation gerade ändert. Die jüngere Generation hat da überhaupt keine Berührungsängste mehr. Immer mehr Filmschüler drehen Horror- und Science-Fiction-Filme und machen unter anderem über soziale Netzwerke auf sich aufmerksam.
Wo sehen Sie persönlich die Vorteile in Bezug auf Streamingdienste, oder Spartensender wie Syfy?
Die Medienlandschaft ändert sich gerade rasant und schafft natürlich auch neue Gelegenheiten für Filmemacher. Vor fünf Jahren hätte ich «Spides» niemals machen können. Auch eine deutsche Serie wie «Dark» wäre undenkbar gewesen. Die junge Zuschauergeneration liebt solche Serien. Bezahlsender wie Syfy haben das große Potential schon vor vielen Jahren erkannt und sind weltweit erfolgreich damit. «Spides» wird entsprechend auch in über 40 Ländern weltweit zu sehen sein und ich bin sehr dankbar für diese Chance.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Mehr über die Drehbuchentwicklung und: Wo liegen die großen Unterschiede bei der Arbeit an einer Serie wie «Spides» und Projekten wie etwa «Dr. Klein».
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