Die Kritiker

«Tatort - Das perfekte Verbrechen»

von

Mord im High-Class-Studentenmilieu - der «Tatort - Das perfekte Verbrechen» ist allerdings nicht ganz so High-Class.

Hinter den Kulissen

  • Regie: Brigitte Bertele
  • Drehbuch: Michael Comtesse
  • Cast: Meret Becker, Mark Waschke, Peter Kurth, Frank Pätzold, Johannes Scheidweiler, Lukas Weilcher, Anton von Lucke
  • Produktion: Sophia Aldenhoven, Dieter Ulrich Aselmann
  • Kamera: Timon Schäppi
  • Musik: Sven Rossenbach, Florian van Volxem
  • Schnitt: David J. Rauschning
Ein belebter Platz mitten in der Stadt, 12:00 Uhr mittags. Gerade winkt die Studentin Mina Jiang (Yun Huang) noch ihrer Kommilitonin Luise (Paula Kroh) von Weitem zu, als sie plötzlich tot zusammenbricht. Ein Schuss in den Hinterkopf führt die Kommissare Rubin (Meret Becker) und Karow (Mark Waschke) in die historische Mitte Berlins, genauer: zur "Berlin School of Law", einer privaten Elite-Hochschule zur Ausbildung von Juristen. Vier Studenten rücken ins Visier der Ermittlungen: Quembach (Franz Pätzold), Falkenstein (Lukas Walcher), Wolfram Liere (Max Krause) und Godlewsky (Johannes Scheidweiler), die hier dem sogenannten „inneren Zirkel“ angehören. Rubin und Karow finden heraus, dass die Mitglieder des Colloquiums jedes Jahr ein neues Mitglied auswählen, das für die Aufnahme bestimmte Prüfungen bestehen muss. In diesem Jahr ist es Benjamin Renz (Anton von Lucke), der aus Oberschöneweide kommt und keinem elitären Elternhaus entstammt. Er ist mit Luise befreundet, die den geheimen Männerbund nicht akzeptiert. Zwei Mutproben hat er bereits bestanden, aber was hat es mit der Probatio Nr. 3 auf sich? Und hat er möglicherweise etwas mit Minas Ermordung zu tun?

Ein sogenanntes „perfektes Verbrechen“ beschreibt eine Straftat, deren Urheber nicht gefasst wird. Sind dem Zuschauer die Voraussetzungen dafür bis dato noch nicht aus Filmen wie «Das perfekte Verbrechen» von Gregory Hoblit (ein durchaus sehenswerter Thriller mit Ryan Gosling und Anthony Hopkins!) oder «Basic Instinct» bekannt, so erklärt sie einer der Verdächtigen in dieser neuen «Tatort»-Episode aus der Hauptstadt Berlin noch einmal in aller Ausführlichkeit: keine Tatwaffe, keine Leiche, keine Verbindung zum Opfer – dann, so sagt er, ist es nahezu unmöglich, dem Täter eines Mordes auf die Spur zu kommen. Wem das alles nur allzu bekannt vorkommt, der sei direkt vorgewarnt: «Tatort – Das perfekte Verbrechen» verläuft leider tatsächlich so generisch wie diese bekannte Formel hier klingt. Hinzu kommt außerdem, dass das Milieu, in dem die Kommissare Rubin und Karow in ihrem nunmehr neunten Fall ermitteln, ebenfalls nicht neu ist: Bei geheimen Schüler- und Studentenzirkeln, in deren Mitte sich ein Todesfall ereignet, fällt uns zum Beispiel ad hoc die Folge «Die Elite-Clique» der TV-Serie «Castle» ein. Doch wie immer gilt: Nur weil es etwas schon einmal gab – egal wie oft – muss eine Wiederholung desselben ja nicht zwingend schlecht sein.

Der «Tatort – Das perfekte Verbrechen» ist dafür allerdings nicht unbedingt ein Beispiel. Dabei fängt der Sonntagskrimi sehr vielversprechend an. Zunächst mit einer Szene aus einer Art „Untergrund-Fight-Club“, in der scheinbar Ahnungslose von der Straße gekidnapped werden, um sich unfreiwillig als Prügelknabe für brachiale Kämpfer zur Verfügung zu stellen; im Anbetracht des Milieus dürfte nicht verwundern, worauf dieser Aufbau später hinausläuft, aber immerhin kurz sorgt dieses Bild für mächtig Eindruck. Anschließend wird am Berliner Gendarmenmarkt hinterrücks eine junge Frau erschossen. Und so beiläufig wie die nach «Die Pfalz von oben» zum zweiten Mal für einen «Tatort» tätige Regisseurin Brigitte Maria Bertele («Der Brand») diesen Anschlag sowie die daraus resultierenden Folgen inszeniert, sorgt das ganze Szenario für einen wahrlich beklemmenden Auftakt. Die Asiatin mit der Kurzhaarfrisur sackt plötzlich in sich zusammen. Es gibt keinen hörbaren Schuss, kein sichtbar in den Hinterkopf des Opfers eintretendes Ventil. Wir sehen lediglich eine zusammenbrechende und verblutende Frau sowie die all das hilflos mitansehende Freundin. Unnützer und vor allem feiger ließe sich ein Verbrechen kaum abbilden.

Doch spätestens wenn die Ermittler ihre Spur an die private Jura-Universität (25.000€ Studiengebühr pro Monat!) führt, von wo aus der tödliche Schuss gekommen sein soll, zerfasert das Skript von Michael Comtesse (sein vierter «Tatort» in vier Jahren) zusehends. Dabei ist „zerfasern“ eigentlich der falsche Terminus, denn auch wenn in «Das perfekte Verbrechen» der Mord an der Studentin Mina Jiang aufgeklärt werden soll, rückt der Krimi doch relativ schnell von ihr als Figur ab; sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass nach kurzer Beratschlagung ziemlich sicher ist, dass man sich an der „Berlin School of Law“ nur lang genug umschauen muss, um den Täter zu finden. Gleichwohl geht es nach der bemerkenswert respektvollen Fokussierung eines Frauentods später nur noch darum, wer von den Zirkel-Angehörigen mehr Dreck am Stecken hat. Dass es unter den jungen Männern nämlich jeder sein könnte, kehren manche von ihnen durch ihr offensichtlich zwielichtiges Spiel hervor, andererseits inszeniert Bertele das Milieu auch selbst unheilvoll genug, sodass man alsbald glaubt, jeder hier hätte einen an der Klatsche. Geköpfte Ratten und goldene Todesmasken? Come on!

Doch anstatt die ohnehin immer einen leicht skurrilen Touch besitzende Lage dafür zu nutzen, das Ganze hemmungslos zu überzeichnen und aus dem «Tatort – Das perfekte Verbrechen» gar so etwas wie eine Satire zu machen, belassen es die Macher beim Spiel mit Klischees und nutzen dafür jedes erdenkliche Motiv, das auch allzu Ahnungslosen bei dem Gedanken an Studentenverbindungen und geheimen Zirkeln als Erstes in den Sinn kommt. Die eigentliche Aufklärung des Mordfalls gerät dabei eher ins Hintertreffen. Meret Becker («Babylon Berlin») und Mark Waschke («Dark») erden das Ganze durch ihr gewohnt solides Spiel und bewahren auch bei allzu gestellten Dialogen (aus dem Nichts wird zum Beispiel plötzlich die Behauptung „Der Täter spielt mit uns!“ aufgestellt, was fortan von allen Seiten als gesetzt hingenommen wird… ) ihre Authentizität als am Geschehen interessierte Ermittler. Wer am Ende übrigens nur bedingt verstanden hat, wer hier denn nun wirklich die Schuld hatte: Keine Sorge! Vielmehr als die Antwort auf die Frage, wer Mina ermordet hat, ging es am Ende ja allen Beteiligten darum, den Snob von seinem hohen Ross herunterzuholen. Schade, dass für diese eigentlich nobel-gesellschaftskritische Intention am Ende nur ein sehr mäßiger Film dabei herausgekommen ist.

Fazit


Einmal sämtliche Klischees zu High-Class-Studentenverbindungen im gediegenen Sonntagabend-Format, bitte! Dagegen können auch die wie immer souveränen Hauptdarsteller nicht viel ausrichten.

«Tatort - Das perfekte Verbrechen» läuft am 15. März 2020 um 20:15 Uhr in der ARD.

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