Stattdessen muss sich Sat.1 gewissermaßen den Vorwurf gefallen lassen, nach dem für die Primetime geplanten «Fittest Family», das letztlich am Samstagmittag versteckt wurde, nun das nächste Format auf einem Randslot zu verheizen. Ganz so schlimm ist es nicht; für den Medizin-Talk, der nun um zehn Uhr beheimatet ist und die Zuschauer vom «Frühstücksfernsehen» mitnehmen soll, liefen in den zurückliegenden Tagen doch etliche Trailer. Und ein Medizin-Talk in der heutigen Zeit hat sogar definitiv seine Daseinsberechtigung; die komplette Welt spricht in Zeiten von Corona immerhin über Gesundheit. Ein Corona-Special von Dr. Johannes Wimmer in seiner eigenen Sendung wird wohl so schnell nicht zu realisieren sein; die erste Staffel seines Formats ist abgedreht, angesichts der Platzierung um zehn Uhr (wo vorher Re-Runs liefen) dürfte eine Fortsetzung des Geschehens wohl eher unwahrscheinlich sein.
Und so ging es also am Montag direkt mit sehr zeitlosen Themen an den Start; jeweils etwas mehr als 20 Minuten besprach Wimmer die Bereiche Sex und Orgasmus sowie Migräne. Gut möglich, dass sich das Themenfeld Sex auf YouTube und als generelles Aufklärungsvideo gut schlagen wird. Morgens um zehn wirkte es aber Deplatziert, weil vor allem die Männer die angesprochenen waren. Kurzum: Natürlich haben Themen wie dieses ihre Berechtigung in einem Talkformat, in dem es um Körper, Gesundheit und Ausklärung geht. Ob gleich die erste Sendung damit aber aufmachen muss, ist doch fraglich. Möglicherweise war die Kalkulation ‚Sex sells’ hierfür ausschlaggebend. Deutlich informativer und spannender wurde es in der zweiten halben Stunde, als Wimmer eine junge Frau zu Gast hatte, die seit ihrem siebten Lebensjahr unter schlimmen Migräne-Attacken leidet. Woher kommt Migräne, wo sitzt sie, was passiert im Körper und vor allem: Was kann helfen?
Back to the roots
Allgemeines
- Produziert wurden vom Format 20 Folgen.
- Der Hamburger Dr. Johannes Wimmer ist 36 Jahre alt und wirklich Mediziner.
- In Lübeck forschte er und schrieb dort seine Doktorarbeit. Die Ergebnisse seiner Forschung präsentierte er weltweit.
- Auch VOX-Zuschauer kennen ihn, er trat in «Wir sind klein und ihr seid alt» als Experte auf.
- Zudem ist Dr. Wimmer Buchautor.
- © Sat.1
Egal, ob Orgasmus der Frau, Ernährung, Kopfschmerzen oder Hautausschlag - bei Dr. Wimmer wird gelacht, gestaunt und aufgeklärt. Denn: Wissen ist die beste Medizin.
Es ist aber eben ein klarer Stilbruch innerhalb eines Senders, der danach oder um «Die Dr. Wimmer Show» wieder das aufgeregte «Klinik am Südring» oder nachgestellte Polizisten-Einsätze mit bewusst zugespitzten und rasant erzählten Verläufen anbietet. Genau das ist wohl auch der Grund, weshalb nicht der Mut vorhanden war, Dr. Johannes Wimmer am Nachmittag anzubieten. Da die besprochenen Themen jedoch auch nichts anbieten, was sich nicht irgendwo im Web in (vielleicht schlechterer) Qualität finden lässt, würde dem Zuschauer auch nichts entgehen, sollte er vormittags um zehn nun keine Zeit für Wimmer finden.
Das fehlende Puzzlestück
Grundsätzlich ist die Show ein weiteres Beispiel dafür, dass beim Sender Sat.1 nicht in allen Eventualitäten gedacht wird. Freilich: Als die Show produziert wurde, hätte wohl niemand eine Pandemie des Ausmaßes von Corona auch nur im Ansatz für möglich gehalten. Aber andere tagesaktuelle Medizin-Themen hätte man einplanen können. Durch den großen Zeitversatz zwischen Produktion und Ausstrahlung geht dem Format letztlich das verloren, was es von YouTube-Tutorials hätte unterscheiden können: Aktualität und darüber kommend ein Stück Relevanz.
Schade ist es um Entertainer Dr. Johannes Wimmer, der sich in jedem Fall für Weiteres empfiehlt und den sich Sat.1 schnell für weitere Projekte sichern sollte.
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