Cast & Crew
- Showrunner: Benjamin Dupas, Isaure Pisani-Ferry
- Regie: Vladimir de Fontenay, Marie Monge
- Autoren: Benjamin Dupas, Isaure Pisani-Ferry, Sylvie Chanteux, Anne Cissé, Charlotte Sanson
- Musik: Jerôme Echenoz
- Darsteller: Oulaya Amamra, Suzsanne Clément, Mounir Amamra, Kate Moran, Juliette Cardinski, Pierre Lottin, Dylan Robert, Aliocha Schneider
So wie die 1774 geborene Martha Radescu (Suzanne Clément), die Matriarchin des in der französischen Hauptstadt lebenden Radescu-Clans. Sie und ihre Kinder sind Ausgestoßene, denn sie haben sich gegen die Gemeinschaft der Vampire gewandt. Diese Gemeinschaft lebt im Untergrund, im Geheimen, trinkt Tierblut und versucht so unauffällig wie möglich zu existieren. Darin unterscheidet sich die Gemeinschaft nicht von Marthas Familie. Aber Martha macht Csilla Nemeth (Kate Moran), die Tochter der ältesten und damit einflussreichsten Vampirin der Stadt, für das Verschwinden ihres Ehemannes verantwortlich. Obwohl sie keinen Beweis für dessen Tod hat, geht sie davon aus, dass Csilla ihren Ehemann hat ermorden lassen. Der war nämlich ein Mensch, ein Genetiker - und offenbar gefiel Csilla weder, dass ein Mensch ihrer Gemeinschaft nahe kam noch dass dieser sich als Genetiker mit dem mutationsbedingten Wesen des Vampirs auseinandersetzte.
Nun lebt Martha weitestgehend auf sich gestellt mit ihren vier Kindern in einer Banlieu. Da sind Rad (Pierre Lottin) und Irina (Juliette Cardinski) aus ihrer ersten Ehe. Sowie Andrea (Mounir Amamra) und Doina (Oulaya Amamra), ihre Kinder aus der zweiten Ehe. Rad und Irina sind äußerlich Frühdreißiger.
Wie alt sie in Wahrheit sind, wird zwar nie explizit gesagt, in einem Dialog aber erwähnt Irina, ihre Mutter würde seit 70 Jahren behaupten, ihr Vater Piotr sei ein Mistkerl gewesen. Andrea und Doina indes sind tatsächlich jung. Andrea ist Anfang 20, Doina 17. Vor allem aber sind sie etwas Besonderes: Sie können sich aufgrund ihrer halb-menschlichen Herkunft im Sonnenlicht bewegen.
Das Strecken der Handlung

Wer nun jedoch eine Mischung aus «Kindred – Clan der Vampire» und «Twilight» erwartet, wird allerdings enttäuscht. Okay, vielleicht ist es auch ziemlich beruhigend zu erfahren, dass die Fokussierung auf eine junge Halb-Vampirin nach ihrem Platz in der Gesellschaft ohne der aus «Twilight» bekannten Schwülstigkeit und Weichzeichner präsentiert wird. Nein, solche Stilmittel gibt es in dieser Serie nicht. Dafür ist sie viel zu sehr in der Gegenwart beheimatet. Hier ist nichts fantastisch. Doch bedauerlicherweise ist «Vampires» auch ein Beweis dafür, dass der Bruch mit Konventionen nicht unbedingt auch automatisch Interesse generieren muss. Das Interesse bleibt nämlich dann aus, wenn die Inszenierung vergleichsweise starr bleibt, die Figuren einfach nicht rocken wollen und die Handlung dann noch gestreckt werden muss, um überhaupt die gerade einmal sechs Episoden mit Spielzeit zu füllen.
- © Netflix
So soll zunächst ein Blick auf die Außenhandlung gerichtet werden: Das Clan-Wesen. 1996 brachte es die kanadisch-amerikanische Serie «Kindred – Clan der Vampire» bedauerlicherweise auf nur acht Episoden. «Kindred» kam vermutlich einfach zu früh, denn «Buffy – Im Bann der Dämonen» startete erst im Herbst 1997 und trat zumindest eine kleine Welle von ähnlich gelagerten Serien los, in der «Kindred» möglicherweise ein längeres Leben beschieden gewesen wäre. «Kindred» warf seinen Blick ebenfalls auf eine von verschiedenen Clans geprägte Vampirwelt, die gleichfalls im Verborgenen existiert. Sie war eine faszinierende, geschmackvoll ausgestattet Serie, die sich in erster Linie auf das oft von Machtspielen und anderen Intrigen geprägte Leben der Clans fokussierte, dabei aber inszenatorisch in der Gegenwart verhaftet blieb. «Kindred» befreite sich vom Look klassischer Vampirfilme. Zwar zitierte sie durchaus Klassiker wie «Nosferatu», aber das waren eher respektvolle Verbeugungen, die für die Handlung nur wenig Relevanz besaßen. So gelang «Kindred» die Übertragung des klassischen Vampirmythos in die Gegenwart noch vor «Buffy», weshalb sie unter Hardcore-Genrefans bis heute, trotz ihrer frühen Absetzung, einen exzellenten Ruf genießt.
Falsches Genre


Tatsächlich wird viel geredet. Aber echte Emotionen bleiben lange Zeit ebenso behauptet wie tatsächliche Spannung. Dass die Figur der Martha, obwohl doch als Mutter der Familie, in einer von gerade einmal sechs Episoden nicht einmal einen einzigen Auftritt absolviert, spricht Bände für die Zerfahrenheit der Inszenierung, die nie so ganz genau weiß, in welche Richtung sie sich denn nun bewegen möchte.
Das eigentliche emotionale Zentrum
Mal steht Doina derart dominierend im Mittelpunkt des Geschehens, dass fast alle anderen Figuren in Vergessenheit geraten. Dann plötzlich wird Andreas Suche nach seinem Vater in den Mittelpunkt gerückt. Andrea glaubt nämlich nicht, dass sein Vater ermordet wurde. Welche Anhaltspunkte er dafür hat, wird aber nie wirklich offengelegt. Das gilt übrigens auch für die Anhaltspunkte, die Martha glauben lassen, er sei tot. Und dann gibt es auch mal einen Blick in das Innere des Nemeth-Clans, der zwar eine gewisse Machtposition innehat, aber letztlich auch nicht in einem Schloss á la Versailles residiert, sondern im Grunde mehr Schein als Sein präsentiert. Vielleicht war der Clan mal eine bedeutende Familie in einer Zeit vor der Industrialisierung, bevor eine bürgerliche Gesellschaft entstand. Tatsächlich lebt man von seinem einstigen Glanz, der längst Grünspan angesetzt hat. Diese Demontage der im geheimen agierenden Gesellschaft kann durchaus punkten, denn in dem Moment, in dem es wirklich um die Gesellschaft der Vampire geht und ihr Selbstverständnis der Realität, in der sie leben, gegenübergestellt wird, da gelingt es «Vampires» dann tatsächlich echtes Interesse zu erzeugen. Wie überlebt eine in überkommenen Denkmustern gefangene Gemeinschaft eigentlich in einer modernen Gesellschaft? Leider wird dieser interessante Gedanke erst gegen Ende dieser ersten Staffel tatsächlich aufgegriffen und dann leider auch nur in einer kleinen Nebenhandlung.
Das große Scheitern

Durch Schauwerte lässt sich dies alles nicht ausgleichen, denn Schauwerte gibt es keine. Die Inszenierung erinnert eher an ein französisches Sozialdrama, bei dem die Kamera auf den Figuren klebt. Spezialeffekte, die vielleicht ein wenig kaschierend einspringen könnten, gibt es ebenso wenig. Allein die Musik von Jerôme Echenoz, einem Musiker, der seine Karriere mit House Music begann, setzt einige Akzente und erinnert in ihren besten Momenten an klassische Horrortracks eines John Carpenters. Leider aber bieten ihm die eher langweiligen Bilder selten die Möglichkeit, mehr als eine begleitende Musik über die Szenerie zu legen.
Kurz vor Schluss
Auf den allerletzten Metern, da gelingt der Geschichte ein wirklich überraschender Coup. Mit einem echten WTF-Moment verabschiedet sich die erste Staffel und kreiert einen wirklich grandiosen Cliffhanger. Ob der jedoch jemals aufgelöst werden wird? Nach sechs Episoden blutenleeren Vampirgebeiße, das eher zum sanften Dahinschlummern einlädt als zur Wiederholung eines Binge-Marathons in der Blutsaugergemeinschaft einer französischen Vorstadt, ist dies eher zu bezweifeln.
«Vampires» ist auf Netflix verfügbar.
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