Stab
- Darsteller: Pearl Thusi, Kate Liquorish, Vuyo Dabula, Loyiso Madinga, Chi Mhende, Sechaba Morojele, Otto Nobela, Khatu Ramabulana, Rob van Vuuren,
- Showrunner/Chefautor: Kagiso Lediga
- Regie: Kagiso Lediga, Tebogo Malope
- Produzenten: Kagiso Lediga, Tamsin Andersson, Luke Henkeman, Anna Walton
- Kamera: Motheo Moeng
Die 80er und 90er richten schöne Grüße aus
Allein die Tatsache, eine Actionserie auf Neflix zu entdecken, die in ihren reichhaltigen Aktionsmomenten den Actionfilm der 80er und 90er wieder aufleben lässt, ist schon eine Überraschung. Action ist nicht unbedingt das Genre, das Netflix – aber auch andere Streamingdienste oder klassische TV-Sender, unbedingt schätzen. «Jack Ryan» von Amazon Prime mag eine der wenigen Ausnahmen darstellen, doch «Jack Ryan» ist auch ein Hochglanzprodukt, ein Aufmerksamkeitserreger. Im Vergleich dazu ist «Queen Sono» weitaus bodenständiger, geradliniger, auf eine angenehme Art und Weise auch etwas simpler.
Dass Netflix die Serie hierzulande recht still und heimlich hochgeladen hat, zeugt leider von fehlendem Vertrauen in das Funktionieren von «Queen Sono» hierzulande. Zwar mag das Motto „make local global“ von Netflix tatsächlich ernst gemeint sein, denn wo sonst werden Serien aus Frankreich, Island, Spanien so prominent ins Programm gehoben? Startet eine neue Serie, dann erscheint sie in der Regel recht groß auf dem Bildschirm und erregt schon durch diese Präsenz eine gewisse Aufmerksamkeit. Doch offenbar denkt man dann doch nicht ganz so global, wenn es um eine Serie wie «Queen Sono» geht – einer Serie aus Südafrika.
Natürlich hat Netflix sie zunächst einmal für den afrikanischen Markt gedreht – das belegen unter anderem die Außendrehs jenseits von Südafrika in Tansania, Kenia oder auch Nigeria. Alles Schauplätze, an denen die Agentin Queen Sono den Spuren einer Terrororganisation folgt, die direkt zur Sicherheitsfirma eines russischen Oligarchen führen, der etwas zu aktiv auf dem afrikanischen Kontinent seinen Geschäften nachgeht. Dabei ist der nur eine Nebenfigur, denn die tatsächliche Gegenspielerin von Queen Sono ist seine Tochter Ekatarina. Sprich: Der Heldin der Geschichte steht eine Antagonistin gegenüber. Frau gegen Frau.
Man kann an diesem Punkt kritisieren, dass die Fronten etwas schnell etabliert werden. Andererseits aber ist dies in den meisten Bond-Filmen auch der Fall. Und es tut eigentlich einmal gut, dass die Seite der Bösen nicht zu sehr durchpsychologisiert wird. Vielmehr traut sich «Queen Sono» etwas, das sich vergleichbare amerikanische oder britische Produktionen schon lange in dieser Radikalität nicht mehr trauen: Böse Menschen, die böses tun, einfach als verkommene, böse Menschen darzustellen. So ist Ekatarinas Vater ein durch und durch verkommenes Subjekt. Ein Mann, der den Krieg liebt, weil er ihn reich gemacht hat. Und weil Reichtum nicht ausreicht, denn eine Milliarde Dollar fühlt sich einsam, wenn nicht eine zweite Milliarde zu verdienen ist, ist es im Interesse eines Menschen wie ihm, Konflikte und Gewalt am köcheln zu halten. Sie sind sein Einkommen.
Ein bisschen grau
«Queen Sono» ist, und das ehrt die Serienmacher, allerdings auch nicht so schwarz und weiß, wie die kurze Inhaltsbeschreibung denken lässt. Ja, es ist klar, wer die böse Strippenzieherin im Hintergrund ist. Und wer die Heldin. Aber dazwischen gibt es dann sehr wohl die grauen Töne. Und die sind bitter. Queen Sono arbeitet im Auftrag der Special Operations Group. Nach und nach wird klar, dass dieser Geheimdienst nicht existieren dürfte. Ursprünglich als Instrument des Apartheidsregimes zur Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung gegründet, ist dieser offiziell nach dem Ende der Apartheid aufgelöst worden. Doch da ist Dr. Sid, ein ehemaliger Kämpfer des ANC, der eine Art Schattenstruktur innerhalb des Sicherheitsapparates geschaffen hat. Auch und gerade, da er den eigenen Leuten nicht traut. Zu recht. So ist der fiktive Präsident dieses durchaus realen Südafrikas ein bis ins Mark korrupter Ex-Widerstandskämpfer, der die Demokratie als Beute für sich und seine Kumpanenbrigade betrachtet und das Land als Wertmasse, die man den meistbietenden verhökert. Queen Sono entstammt selbst, wenn man dies so nennen möchte, dem Widerstands-Adel, obwohl ihre Mutter als so genannte Farbige gesellschaftlich zwischen allen Stühlen stand. Doch ihre Mutter galt als zielstrebig, aufrichtig und vor allem – nicht korrumpierbar. Sie starb durch die Hand eines weißen Rassisten. Eine Geschichte, die Queen allerdings nie glauben wollte. So ist sie im Grunde ein äußerst misstrauischer Mensch. Trau, schau, wem!
Grundsolide Action
So steht auch Queen zwischen allen Stühlen. Sie kämpft für ein Land, dessen eigener Präsident ihr in den Rücken fällt und mit korrupten, gierigen Männern (und einigen Frauen) all die Werte, für die ihre Mutter gekämpft hat, verrät. Sie ist Mitarbeiterin eine Organisation, die es gar nicht geben sollte und der sie auch nicht zu 100 Prozent vertraut. Und die, gegen die sie kämpft, sind eigentlich viel zu mächtig als dass sie wirklich etwas gegen die ausrichten könnte.
Aber es sind genau diese Hintergründe, die der Serie dann eben ihr Kraftfutter verleihen – jenseits der klar gezogenen Gut-Böse-Linien, die immer dann, wenn sie wieder klar gezeichnet werden, Platz für grundsolide, handgemachte Action liefert.
Warum Netflix die Serie auf dem deutschen Markt nur wenig bis gar nicht beworben hat? Das ist schwer zu ergründen. Natürlich ist der Blick auf das Geschehen sehr südafrikanisch geprägt. Die korrupten Politikereliten und ihr fast lächerlich zur Schau gestellter Protz: Das alles wirkt schon etwas – bizarr. Aber gleichzeitig ist dies ein Blick aus Südafrika auf Südafrika. Hier haben keine Filmemacher von Außen irgendwelche Klischeebilder erstellt. Es sind Südafrikaner, die Südafrikaner darstellen. Gut, der deutsche Zuschauer mag keine Untertitel. «Queen Sono» ist zwar deutsch synchronisiert, aber das gilt nur für die Szenen, in denen in der Originalfassung Englisch gesprochen wird. Südafrika ist ein Vielvölkerstaat und entsprechend werden unterschiedliche Sprachen gesprochen. Und manchmal kann es da sogar passieren, dass mitten im Dialog die Sprachen gewechselt werden. So etwa in Gesprächen, die Queen Sono mit ihrer Großmutter führt, bei der sie aufgewachsen ist. Meist sprechen sie Englisch. Doch mittendrin wechseln sie in Xhosa. Die Bösen spreche gerne mal Russisch miteinander. Oder es gibt eine Episode mit sehr vielen in Afrikaans gesprochenen Dialogen. Doch da liest man lieber die Untertitel als Dialoge in britischen Filmen zu hören, in denen Briten Russen spielen und diese Russen statt Russisch Englisch mit einem grauenhaften Akzent sprechen.
- © Netflix
«Queen Sono» - seit 28. Februar bei Netflix
Nach sechs Episoden ist «Queen Sono» kein verkanntes Meisterwerk. Am Anfang braucht die Serie etwas Zeit, um ihren Hauptfiguren etwas Konturen zu verschaffen. Das hätte man unter Umständen etwas straffen können. Doch spätestens ab Episode drei zieht der Spannungsbogen gewaltig an und gönnt sich keinerlei nennenswerte Hänger bis zum Schluss, der direkt auf eine zweite Staffel zielt. «Queen Sono» ist ganz einfach gut gemachte Unterhaltung, die gerne etwas mehr Aufmerksamkeit erfahren darf.
«Queen Sono» ist auf Netflix verfügbar.
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