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TV-Warm-Upper in der Corona-Krise: ,Haben quasi über Nacht unsere Arbeit verloren'

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Sie bringen das Studio-Publikum in Stimmung, bevor die Kameras angehen. Aber was machen TV-Warm-Upper in Zeiten, in denen sämtliche TV-Formate ohne Zuschauer produziert werden? Wir haben bei zwei der erfolgreichsten Warm-Upper des Landes nachgehört, wie sie die aktuelle Situation erleben...

Wenn schon Schwergewichte wie Oliver Pocher und Mario Barth nicht über 17.000 Leute kommen, dann würde ich dort erst recht nicht stattfinden. Mit so etwas könnte man sich nicht über Wasser halten, dafür finden wir Warm-Upper zu sehr unter dem Radar statt.
René Travnicek auf die Frage, warum er keine eigene Online-Show macht.
Auf den Fernsehbühnen der Republik hat René Travnicek schon das Publikum von Günther Jauch, Dieter Bohlen und Luke Mockridge unterhalten. Bekannt sein dürfte Travnicek den allermeisten Menschen trotzdem nicht - und das hat einen einfachen Grund. Als Warm-Upper bringt René Travnicek das Studio-Publikum in Stimmung, bevor die Kameras angehen. Wenn die Kameras wegschauen, in der Werbepause zum Beispiel, hält er die Zuschauer vor Ort bei Laune und gibt Informationen. Doch in Zeiten, in denen Produktionen ohne Publikum stattfinden oder sogar komplett abgesagt werden, braucht es keine Warm-Upper. Die Corona-Krise fordert ihn heraus.

Gemeinsam mit anderen TV-Warm-Uppern hat Travnicek daher einen Brief aufgesetzt und diesen an Sender und Produktionsfirmen geschickt. „Wir haben den Verantwortlichen darin erklärt, dass wir quasi über Nacht unsere Arbeit verloren haben. Weiter haben wir darum gebeten, dass sie nicht vergessen sollen, was sie an uns haben“, erklärt Travnicek im Gespräch mit Quotenmeter.de. Daran hätten sich die Sender auch gehalten. Den Umgang mit ihm findet er sehr fair. „Für Sendungen, die ohne Publikum produziert werden, werden wir von Produktionsfirmen und Sendern teilweise trotzdem vergütet. Die sind uns schon wohlgesonnen und machen es sich nicht leicht“, sagt er.

In der Produktion einer eigenen Sendung über Instagram sieht er übrigens keine Alternative. „Wenn schon Schwergewichte wie Oliver Pocher und Mario Barth nicht über 17.000 Leute kommen, dann würde ich dort erst recht nicht stattfinden. Mit so etwas könnte man sich nicht über Wasser halten, dafür finden wir Warm-Upper zu sehr unter dem Radar statt“, denkt er.

Anders sieht das Christian Oberfuchshuber, der gemeinsam mit René Travnicek zu den meistgebuchten Warm-Uppern der Republik gehört. Oberfuchshuber betreute in der Vergangenheit unter anderem «Germany’s Next Topmodel», «The Voice of Germany», «Genial daneben», «Gefragt - Gejagt», «Willkommen bei Carmen Nebel» und «Nuhr im Ersten». „Als immer mehr Aufträge wegbrachen, saß ich hier zu Hause und habe überlegt, was man machen könnte. Wenn ich den ganzen Tag nur rumsitze, fällt mir ja irgendwann auch die Decken auf den Kopf“, erklärt er. Noch bevor Luke Mockridge sowie Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Oliver Pocher zwischenzeitlich täglich auf Sendung gingen, startete Oberfuchshuber sein eigenes Online-Format bei Instagram und YouTube. „Ich war der Vorreiter, quasi der Ideengeber“, fügt der Warm-Upper mit einem lauten Lachen hinzu.

Das Schöne ist, dass so auch meine bunten Anzüge im Schrank nicht komplett verstauben.
Christian Oberfuchshuber über sein Online-Format
Zu sehen ist seine Sendung jeden Tag um 18 Uhr. „Das Schöne ist, dass so auch meine bunten Anzüge im Schrank nicht komplett verstauben“, sagt Oberfuchshuber, dessen schrille Outfits sein Markenzeichen sind. In den vergangenen Tagen gehörten unter anderem Mirja Boes, Hugo Egon Balder und die Spongebob-Stimme Santiago Ziesmer zu seinen Gästen. „Ich verdiene damit kein Geld und mache es nur aus reinem Spaß und Vergnügen. Und um zu zeigen: Leute, ich bin noch da!“, sagt er. Das Thema Corona versuche er dabei bewusst auszuklammern. „Ich glaube, darüber hört man bei den TV-Sendern genug.“

Abseits seiner Show steht auch bei Oberfuchshuber dieser Tage wenig an. „Mein Terminkalender ist relativ leergefegt. Von 28 gebuchten Tagen im April ist im Moment nur einer übrig, nämlich das Finale von «The Voice Kids» am 26. April“, erklärt er im Gespräch mit Quotenmeter.de. «The Voice Kids» soll aktuell noch live produziert werden, auch wenn nicht feststehe, in welcher Form die Sendung umgesetzt werde. Höchstwahrscheinlich nicht mit dabei sein wird Oberfuchshuber hingegen im Mai, wenn das bereits verkleinerte Finale von «Germany’s Next Topmodel» ansteht. Die Finals der Modelshow begleitet er seit über zehn Jahren ununterbrochen, diese kleine Tradition dürfte diesmal Corona-bedingt ausfallen.

Von Produktionsseite ist geplant, Ende August oder Anfang September langsam zu beginnen. Ich befürchte aber, dass es länger dauern wird. Ich sehe mich ehrlich gesagt erst Anfang des nächsten Jahres wieder vor Publikum.“
René Travnicek
Dennoch beobachtet auch Oberfuchshuber ein Entgegenkommen von Sendern und Produzenten. „Es gab eine Sendergruppe, die mich nach Eingang unseres gemeinsamen Schreibens sofort zurückgerufen hat und mir die Honorare für alle stattfindenden Produktionen ohne Publikum zugesichert hat - auch mit dem Kompromiss, dass ich vor Ort andere Aufgaben übernehmen werde“, sagt er. Neulich war er etwa bei einer neuen Sat.1-Single-Show gebucht und coachte vorher die Kandidaten. "Ich war dafür da, dass es allen gut geht und der Prosecco nicht ausgeht“, sagt der Warm-Upper, der seit über zwei Jahrzehnten im Geschäft ist, und lacht. Bei dem einen oder anderen Auftraggeber musste er hingegen hartnäckiger nachfragen.

Auch Travnicek ist im TV-Geschäft noch nicht völlig ohne Beschäftigung. „Bei «Wer wird Millionär?» bin ich noch immer am Set und mache das Kandidaten-Briefing. Dafür werde ich honoriert, auch wenn keine Zuschauer vor Ort sind“, sagt er. Seitdem «Let’s Dance» ohne Publikum produziert wird, sitzt er zudem in der Tonregie und spielt Applause ein. Es ist eine Notlösung, die der Dramaturgie der Show auf die Beine hilft und Travnicek mit einer Beschäftigung versorgt. Wann die Rückkehr zum Normalbetrieb ansteht, ist derzeit schwer abzusehen. René Travnicek ist sich sicher, dass es noch lange dauern wird. „Von Produktionsseite ist geplant, Ende August oder Anfang September langsam zu beginnen. Ich befürchte aber, dass es länger dauern wird. Ich sehe mich ehrlich gesagt erst Anfang des nächsten Jahres wieder vor Publikum“, erklärt er.

Für viele wäre das vermutlich ein Problem. „Das nächste Vierteljahr kommen wir alle über die Runden, aber wenn ab Sommer nicht langsam der Normalbetrieb wieder hochfährt, könnte es schwierig werden“, erklärt Oberfuchshuber. Er hofft, dass ab Juli wieder etwas mehr produziert werden könne als im Moment. Für die nächste Zeit hat er sich jedenfalls wenig vorgenommen, seinen Urlaub habe er wie viele andere auch canceln müssen. „Pläne habe ich tatsächlich nicht. Wir müssen alle auf das warten, was passiert und wie es weitergeht“, so Oberfuchshuber. Seine Zuversicht will er sich dennoch nicht nehmen lassen. Seine Durchhalteparole: „Corona, Du bist stark, aber wir sind stärker, und bald wieder zu 100 Prozent am Start!“.

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