«Trolls 2: Trolls World Tour»
- VÖ: 23. April 2020 (Stream)
- FSK: o.Al.
- Genre: Animationsfilm
- Laufzeit: 90 Min.
- Musik: Theodore Shapiro
- Buch: Jonathan Aibel, Glenn Berger, Maya Forbes, Wallace Wolodarsky, Elizabeth Tippet
- Regie: Walt Dohrn, David P. Smith
- Mit den deutschen Stimmen von Lena Meyer-Landrut und Mark Forster
- OT: Trolls World Tour (USA 2020)
Das Angebot wird in den Vereinigten Staaten dankend angenommen. Dort brach «Trolls: World Tour» am ersten Wochenende den Rekord als „erfolgreichster Start eines Streamingtitels“. Wer weiß: Vielleicht werden wir gerade alle live Zeuge, wie sich die Entertainmentbranche grundlegend verändert!?
Es gibt noch andere Trolls!
Die Trolls-Welt gerät aus den Fugen, als unsere beliebten Figuren entdecken, dass sie nur eine von sechs Trolls-Arten sind, die alle von unterschiedlichen Musikrichtungen geprägt sind: Funk, Country, Techno, Klassik, Pop und Rock. Damit ist zumindest eines klar: Ihre Welt wird nicht nur größer, sondern auch sehr viel bunter und lauter! Die Königin des Hard Rock, Queen Barb hat einen finsteren Plan gefasst: Sie will alle anderen Arten von Musik vernichten, damit einzig und allein der Rock die Herrschaft übernehmen kann. Das müssen Poppy (Anna Kendrick/Lena Meyer-Landrut) und Branch (Justin Timberlake/Mark Forster) verhindern – ihre Mission: Alle Trolls vereinen, Barb besiegen, die alle anderen im wahrsten Sinne des Wortes an die Wand spielen will, und die Welt retten!
Nun ist «Trolls 2: Trolls World Tour» aber auch ein sehr geeigneter Titel, um sich an diesem „Streaming statt Kino“-Prozedere einmal auszuprobieren. Der erste Teil avancierte mit einem Kinoeinspiel von knapp 350 Millionen US-Dollar zu einem Achtungserfolg und bot knallbunt-spaßige Unterhaltung für ein vornehmlich jüngeres Publikum (unser damaliges Fazit: [[Trolls“ bietet frech-harmlosen Animationsspaß, der im Kern eine feine Message offenbart: Uns sollte Niemand diktieren, was uns glücklich zu machen hat! Wir sind uns sicher: Zumindest dieser Film tut es schon mal ein bisschen.“). Also einer Zielgruppe, die einen nicht geringen Anteil des Erfolgs entsprechend produzierter Familienfilme ausmacht. Bei einer mehrköpfigen Familie lohnt sich der auf den ersten Blick recht hohe Streamingpreis von 19,99$ ohnehin bereits ab der zweiten mitschauenden Person – und Snacks und Getränke sind für so ein Filmhappening zuhause ja auch schnell organisiert. Eine allgemeine Tendenz lässt sich von den zweifelsohne beeindruckenden Zahlen also bislang nur bedingt ableiten.
- © Universal Pictures
Doch ganz gleich ob nun Kinoauswertung oder nicht: Genug von den Zahlen. Auch im Heimkino muss «Trolls 2» überzeugen. Und das tut er auf einigen Ebenen, auf anderen wiederum nicht. Denn der wiederkehrende Regisseur Walt Dohrn («Spongebob Schwammkopf») und sein Co-Director David P. Smith («The Mr. Peabody & Sherman Show») besinnen sich für das zweite Abenteuer rund um Poppy und Branch auf die Erfolgsmechanismen des ersten Teils, werden in Sachen Story und Botschaft aber noch austauschbarer.
Hard Rock ist böse - Pop ist gut!
Die von einigen Kritikern ein wenig negativer aufgefasste Botschaft von der eingeprügelten Glückseligkeit („Bleib wie du bist – so lange du immer fröhlich und gesellig bist!“) hat man in «Trolls 2» zugunsten einer „Unterschiede sind okay!“-Message weitestgehend verworfen. In «Trolls: World Tour» geht es nun vor allem darum, verschiedene Emotionen, Ideale und Lebenswege zu lobpreisen. Und zwar in Form von Musik. Bereits im ersten Teil nahmen moderne Popsongs und Ohrwürmer einen Großteil der Laufzeit ein, deren Lyrics der Story entsprechend angepasst wurden. Für «Trolls: World Tour» legen die fünf (!) Drehbuchautoren rund um Jonathan Albel und Glenn Berger (schrieben auch das Skript zum Vorgänger) sogar noch eine Schippe drauf. Der Film beginnt direkt mit drei ineinander verwobenen Songs, es folgt ein wenig Exposition und schon geht es weiter mit den nächsten. Wie schon in Teil eins wird die erzählende Handlung immer mal wieder von eingeschobenen Evergreens, aber auch von ganz neu für den Film geschriebenen Pophits und -Balladen (Highlight: Kelly Clarksons „Born to Die“) unterbrochen; und diesmal hat man rein thematisch auch nur selten das Gefühl, es würde die Story aufhalten.
Denn in «Trolls 2» geht es mehr denn je um die Musik, wenn der Wert unterschiedlicher Gemütslagen anhand von verschiedenen Musikstilen repräsentiert wird. Der fröhliche Pop, die traurige Countrymusik oder der bedrohliche Rock – eine hübsche Idee, dem jungen Publikum näherzubringen, dass jedes Gefühl seine Bedeutung hat und auf seine ganz eigene Art und Weise schön ist. Auch wenn Pixars «Alles steht Kopf» das schon deutlich subtiler geschafft hat.
Wenngleich der Film allen voran propagiert, dass die Welt erst durch die Vielfältigkeit der Musikstile so richtig bunt wird, nähert die Auswahl des Antagonisten auch eigentlich totgeglaubte Klischees. Zugegeben: Einen Reggae-Musiker können wir uns genauso wenig bedrohlich vorstellen wie die einen kurzen, aber einprägsamen Auftritt hinlegenden Jodeler. Doch mit ihren zum Großteil schwarzen Haaren, dem düsteren Make-Up und der Lederkluft spricht «Trolls 2» einer imagetechnisch ohnehin gebeutelten Musikgattung deutlich mehr Bedrohlichkeit zu, als es angebracht wäre – auch wenn man es aus rein kreativen Gründen durchaus verstehen kann. Schließlich wirken Barb und ihre Gefolgschaft in der kunterbunten Trollswelt irgendwie fehl am Platz. Diese steckt, wie schon im ersten Teil, einmal mehr voller kreativer Ideen und Detailverliebtheit. Insbesondere der an Pop-Up-Bücher angelehnte Look gefällt.
Sogar der inflationäre Gebrauch von Glitzer verhilft der Welt zu ihrem Wiedererkennungswert, unterstützt von dem vielfältigen Figurendesign, das aufgrund der schieren Masse an Charakteren noch ausgefallener gerät als im Vorgänger. Diesmal geht es nämlich nicht bloß um Poppy und ihre Gemeinschaft, sondern auch um die vielen Trolls aus den unzähligen Nachbarschaften. Das Design für jede von ihnen ist absolut überwältigend – das wäre im Kino sicherlich richtig gut zur Geltung gekommen…
Fazit
«Trolls 2: Trolls World Tour» nimmt sich auf weitestgehend oberflächliche aber immerhin unterhaltsame Weise der wichtigen Botschaft an, dass jedes Gefühl und jede Stimmung ihren Platz im Leben haben. Dafür bedienen die Macher auch Klischees, legen aber erneut eine großartig animierte Welt vor, in der man sich wunderbar verlieren kann.
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