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Minus 26 Prozent: Die Talfahrt von Antenne Bayern

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Über Jahre hinweg ging es den Gesellschaftern von Antenne Bayern gut. Über 1,3 Millionen Hörer. Doch nun bröckeln die Zahlen – und Gewinne. Was passiert?

Am 15. Juli ist für Deutschlands Radiomacher wieder Zeugnis-Tag. Dann werden die wichtigen Media-Analyse-Zahlen aktualisiert. Schon im April gab es eine solche Erhebung, doch jeweils die zweite eines Jahres im Sommer legt die Werbepreise für das komplette nächste Jahr fest. Bis zur MA II 2020 stellt sich Quotenmeter.de jede Woche die Frage: Wie steht es eigentlich um die langfristige Entwicklung Deutscher Sender im klassischen Radio, einem Feld, dem seit Jahren schon das Aussterben nachgesagt wird. Wir haben dazu die Langzeit-Entwicklung von elf großen Stationen überprüft.

Es dürfte eine der spannendsten Fragen auf dem deutschen Hörfunkmarkt sein. Wie geht es in Ismaning bei Antenne Bayern weiter? Seit dem Weggang von Valerie Weber, die rund ein Jahrzehnt lang die Geschicke des Privatsenders leitete und ihn in ungeahnte Höhen (teils über 1,3 Millionen Hörer werktags, sechs bis 18 Uhr) führte, sind die Zahlen rückläufig. Ihre Nachfolger, Martin Kunze und Ina Tenz, waren nicht wirklich lang im Amt – dazwischen gab es zwei ungewöhnlich lange Phasen, in denen der Posten des Programmdirektors sogar nur kommissarisch besetzt war.

Die Zahlen zeigen: Wann immer dies der Fall war, ging es besonders stark bergab. Nun muss man sich vermutlich davon verabschieden, dass Antenne Bayern in der sich ändernden Radiolandschaft nochmals auf 1,3 Millionen Hörer kommen kann. Doch speziell die jüngsten Verluste geben Rätsel auf. Im Sommer 2015 war die Welt noch in Ordnung – sicher positioniert von Weber kam die Antenne aus Bayern auf 1,22 Millionen Hörer pro Stunde. Sogar 1,259 Millionen waren es Anfang 2016. Das war die Zeit, in der Martin Kunze Chef des Senders war. Doch schon hier ergaben sich sinkende Zahlen, die sich in der MA allerdings erst später niederschlugen. Die Antenne aus Ismaning erschien speziell im Jahr 2016 recht konzeptlos; die Suche nach einem neuen Programmchef dauerte. Erst Anfang 2017 trat Ina Tenz, die 16 Jahre lang bei ffn in Diensten stand, ihre Aufgabe an.

Sie musste, direkt nach Antritt, einen Reichweitenverlust von 16 Prozent auf noch 1,01 Millionen kommentieren – zweifelsfrei: Die Erhebung der Zahlen fand 2016 statt - bevor sie also für die Antenne arbeitete. Die von ihr eingeleiteten Maßnahmen fruchteten jedoch umgehend: Sie brachte die Antenne wieder auf Kurs, schon im Juli 2017 lag die Reichweite wieder bei 1,044 Millionen Hörern. Die erste MA im Jahr 2018 bescherte der Antenne exakt eine Million Hörer, ein ordentliches Ergebnis. Die Tatsache, dass der Sender in der Radiosaison 17/18 aber doch Hörer verlor (dies zeigte sich in der MA im Sommer 2018 mit noch 947.000 Hörern) führte zu einem größeren Programmrelaunch. Tenz drehte am Nachmittagsprogramm und am Vormittag, führte neue Nachrichten ein und verschenkte Autos. Mit großem Erfolg: Im Gesamtmarkt stiegen die Zahlen entsprechend stark an; 1,017 und 1,035 Millionen Hörer wurden bei den beiden MAs 2019 ausgewiesen.

Dennoch musste sie im Sommer 2019 gehen. Seitens des Senders war von unterschiedlichen Auffassungen über die Ausrichtung des Programms die Rede. Ihr Weggang fiel in die Zeit, in der Antenne Bayern ohnehin im größten Umbruch seit Jahren war. Nach knapp 30 Jahren ging Geschäftsführer Karl-Heinz Hörhammer in den Ruhestand, der Augsburger Felix Kovac übernahm. Ob die Entscheidung, sich von Ina Tenz zu trennen, nun richtig war – geht man strikt nach den Zahlen, ist dies zu verneinen. Die ersten Kovac-Zahlen dürften für diverse Parteien des Senders ein großer Schock gewesen sein. Die Zahlen krachten auf 896.000 nach unten, den schwächsten Wert seit über einem Jahrzehnt. Erschwerend hinzu kommt: Die Tatsache, dass Tenz zuletzt steigende Werte verbuchte, lässt den Schluss zu, dass insbesondere die Herbstwelle, die auch in die Erhebung jetzt im Juli noch hineinspielt, richtig mies verlief. Ein weiterer Abschwung der Zahlen in Kürze, er ist also nicht ganz unwahrscheinlich. Die jetzt kommenden Zahlen werden relevant für die Festlegung der Werbepreise 2021 sein. Fest steht: Der mit dem Abgang von Ina Tenz beschlossene erneute Programmrelauch ging schief, Kovac lenkte ein und änderte die Senderstrategie im Frühjahr 2020 erneut. Das macht mindestens zweieinhalb Relaunches innerhalb von zwei Jahren – gemäß klassischer Radiolehre mindestens eineinhalb zu viel. Zudem soll spätestens zum Jahreswechsel ein neuer Programmdirektor kommen: Die Wahl fiel auf Daniel Lutz, der früher bei rt1 in Augsburg schon mit Kovac zusammenarbeitete. Anfang Juli starteten bei Antenne Bayern zudem schon die von rt1 gekommenen Jörg Muthsam und Philipp Melzer, weiteres rt1-Personal ist dem Flurfunk zufolge im Anflug. Aber ob Lokalradiomacher nun den größten Privatsender in seiner Hörerkrise retten können? Zunächst einmal soll es ein weiterer Programmrelaunch richten. Seit dieser Woche ist "die neue Antenne" on air.

Fazit: Kein großer Sender hat in der Langzeitanalyse so heftig verloren wie die Antenne: Über 300.000 Hörer (einige davon an Bayern1, viele vermutlich aber auch an andere Angebote wie Spotify): Das Reichweitenminus seit Sommer 2015 liegt bei 26,6 Prozent. Und ganz offenbar gibt es keine plausiblen Antworten der Senderführung, wie man wieder annähernd auf eine Million kommen soll. Es liegt nun an den Gesellschaftern, was passieren soll: Personal-Wechsel, Investitionen, um mittelfristige Gewinne zu sichern oder einfach ein ‚Weiter so‘ verbunden mit einer guten Portion Hoffnung? CEO Kovac jedenfalls ist geschäftig: Vergangene Woche postete er in sozialen Netzwerken eine Arbeitsmappe mit der Aufschrift "Unterschriften GF" und kommentierte: "Große Dinge werfen ihre Schatten voraus."

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