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Das Besondere an «The Mole» ist, dass es um Menschenkenntnis geht. Der Kern des Formats ist, herauszufinden, wer hier lügt und sabotiert. Selbst Fehler von Kandidaten bei einer Challenge können heißen: Der Kandidat ist nicht gut in diesem Spiel oder aber er oder sie macht das extra. Und diesen Formatkern haben wir in jeder Folge durchgezogen.
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Ina Eck, geschäftsführende Gesellschafterin bei "Fabiola"
Die zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer von «The Mole» müssen versuchen, in verschiedenen Aktivitäts- und Denkspielen möglichst viel Geld zu erspielen. Zum Erfolg kommen sie dabei in der Regel nur, wenn sie untereinander erfolgreich kooperieren. Die Geldbeträge wandern in einen Jackpot, den der Sieger der Show am Ende ausgezahlt bekommt. Der Clou: Einer der zehn Teilnehmer ist der Maulwurf - ein Saboteur, der durch sein Handeln versucht, die Gewinne für die Gruppe möglichst gering zu halten. Der Maulwurf bzw. Mole darf nicht zu offensichtlich handeln, um unerkannt zu bleiben. Am Ende einer jeden Folge müssen alle Fragen über den Maulwurf beantworten - etwa nach seiner Größe, seinem Alter oder Geschlecht. Wer den schlechtesten Riecher hat, verlässt die Show am Ende. Der Mole hat dagegen quasi Bestandsgarantie, schließlich kennt er sich selbst am besten. In der letzten Folge geht es für die verbliebenen Mitspieler darum, den Mole erfolgreich zu enttarnen.
Rein konzeptionell steckt im «Maulwurf» also zweifelsfrei eine Menge Potenzial, die Sendung lädt ihre Zuschauer zum Mitraten ein. Schneidet Kandidat X in diesem Spiel absichtlich schlecht ab und ist er damit der Saboteur? Ist Kandidatin Y lediglich langsam und ungeschickt und daher nur eine „normale“ Mitspielerin? Über die Grundfrage, die sich alle Teilnehmer stellen müssen, rätselt zwangsläufig auch der Zuschauer mit. Und trotzdem: So richtig möchte das Rate-Fieber zumindest in der ersten Folge noch nicht aufkommen.
- Bild: SAT.1/Florentin Becker - BECKER FILMS / Florentin Becker
Der Cast der Staffel, die am 6. Mai 2020 um 20.15 Uhr in Sat.1 beginnt. Wer dieser zehn ist der Maulwurf?
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Das deutlich entscheidendere Problem dürfte aber sein, dass «The Mole» viele Reality-Fans mehr an eine fiktionale Serie erinnern dürfte. In der Tat haben es die Verantwortlich geschafft, eine Primetime-Reality-Show in fiktionalem Gewand herzustellen, wie im Vorfeld bereits Ina Eck bei Quotenmeter betonte. Die Sendung setzt auf harte Brüche, zeigt nach einem spektakulären Opening etwa eine Landschaft, die manch einen an die Hit-Serie «Breaking Bad» erinnern dürfte. Untermalt werden die Bilder, die irgendwo im nirgendwo in Argentinien entstanden sind, von Musik, wie es sie auch bei «Narcos» geben könnte. Auf den harten Cut folgen die Kandidaten, die sich im ersten Spiel in Särgen befinden. Ja, es sind starke Bilder, die den Zuschauer bei «The Mole» erwarten.
Gut gemeint ≠ gut gemacht
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Natürlich lebt Fernsehen von schönen Bildern und ist daher immer auch ein Stück weit Inszenierung. Bei «The Mole» verwischen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion aber so weit, dass man sich als Zuschauer irgendwann fragt, was am Ende überhaupt noch echt ist. Dass die Dialoge von The BossHoss, die als Moderatoren auftreten, gescripted sind, ist soweit verständlich und wenig störend. Die Schlussszene, in der einer der Teilnehmer plötzlich einen vermeintlich mysteriösen Anruf bekommt und sich dann von der Gruppe entfernen muss, wirkt aber eine Ecke drüber.
Aus inhaltlicher Sicht macht ein Vergleich zu Joko und Klaas natürlich überhaupt keinen Sinn. Und dennoch hat «strg_f» mit den erhobenen Fake-Vorwürfe gegen die beiden Entertainer gezeigt, dass man das Maß der Inszenierung im Fernsehen als Zuschauer offensichtlich eher unterschätzt. Doch wie viel "reale Reality" bleibt dann noch bei «The Mole»? Man weiß es nicht. Womöglich hätten sich die Verantwortlichen einen Gefallen damit getan, in der Auswahl der Stilmittel weniger ins Filmische zu gehen und dafür näher am Reality-TV dran zu bleiben. So wären Gedankengänge wie diese gar nicht erst so stark aufgekommen.
Droht «The Mole» das «Survivor»-Schicksal?
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Dennoch bleibt abzuwarten, ob sich die Zuschauer mit der 2020er-Version von «Der Maulwurf» aka «The Mole» arrangieren werden oder nicht. Ausgeschlossen ist es nicht, dass einige Zuschauer sehr viel weniger mit dem „fiktionalen Gewand“ der Reality-Sendung fremdeln werden als der Autor dieser Rezension. Schwer könnte es Sat.1 aber nicht zuletzt deshalb haben, weil es ab Mittwoch auch bei RTL ums Mitraten geht. In «Are You The One?» müssen die Teilnehmer zwar keinen Maulwurf enttarnen, dafür aber Singles zu vermeintlich perfekten Matches „paaren“ (hier geht's zu unserer TV-Kritik). Im Vergleich zur abgespacten Neuauflage vom «Maulwurf» dürfte das für viele die leichter zu verdauende und gewohntere Reality-TV-Kost sein.
Sat.1 zeigt «The Mole» auch in den kommenden Wochen immer mittwochs zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr.
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