Zweieinhalb Jahre später…
«Mayans MC»
- IMDB-Wertung: 7,5 von 10
- Metacritic: 57 von 100
- Rottentomatoes (Audience Score): 78%
Nicht nur ein simpler Abklatsch
Auch an den üblichen thematischen Verdächtigen hat sich nicht allzu viel geändert. Wie schon in der Mutterserie geht es auch in der ersten Staffel von «Mayans M.C.» um Drogen, Bandenkriege, Geldwäsche, Prostitution und Waffen. Alles wie gehabt also? Nicht unbedingt, denn die Serie schafft es mit einigen kleinen, aber entscheidenden dramaturgischen Tricks, sich geschickt ein eigenes Standbein zu erarbeiten. Auf der einen Seite ist da die coole Latino-Atmosphäre, die die Show von der ersten Folge an versprüht. Neben prägenden Rocksongs sind immer wieder auch Hip-Hop-Songs lateinamerikanischer Künstler zu hören, Lowrider cruisen hinter den Harleys her, es wird Spanisch gesprochen und natürlich beherrscht ein mexikanisches Drogenkartell die ganze Gegend.
- © FOX
Andererseits ist da aber auch die Geschichte von Ezekiel „EZ“ Reyes (JD Pardo), dem Sohn eines liebenswerten, aber lebensgestählten Fleischers (Edward James Olmos), dem für seinen Lieblingssohn eigentlich eine ganz andere Karriere vorgeschwebt hatte. Ezekiel war Polizist und hatte eine glänzende Karriere vor sich. Das Schicksal des stolzen Latinos nahm aber eine entscheidende Wendung, als er wegen Korruption ins Gefängnis kam und ihn seine schwangere Freundin Emily (Sarah Bolger) verließ. Nach seiner Entlassung trat „EZ“ in die Fußstapfen seines Bruders und ist nun Prospect (Anwärter) bei den Mayans. Ständig schwankt der eigentlich herzensgute junge Mann zwischen seinem Gewissen, der Treue zum Club und dem Wunsch, den Respekt seiner ehemaligen Geliebten, die nun ausgerechnet mit dem Chef des Kartells zusammenlebt, zurückzuerlangen. Dieser dramatische Einschub wertet die ansonsten stark von routiniert inszenierten Action- und Roadmovie-Szenen geprägte Serie enorm auf und wirkt in keiner Weise gekünstelt. „EZ“ wird immer mehr zu einem vollwertigen Mitglied des Clubs, ohne dabei seine Familie, sein Herz und seine Gefühle zu verleugnen.
Dazu kommt in den ersten Folgen ein interessant geschriebener Konflikt zwischen dem Kartell und einer Gruppe Widerstandkämpfer, die die Macht des Drogenbarons Miguel Galindo (Danny Pino) mit aller Gewalt zu brechen versuchen. Dass die Widerständler dabei überwiegend aus Kindern und Jugendlichen bestehen und von einem Verräter aus den Reihen der Mayans unterstützt werden, heizt den Privatkrieg zwischen den Parteien noch an und sorgt für einige spannende Momente. Aus Spoilergründen soll an dieser Stelle allerdings nicht allzu viel verraten werden. Wer der Verräter ist und wer sonst noch ein ganz persönliches Interesse daran hat, den jungen Freiheitskämpfern zu helfen, findet der interessierte Zuschauer am besten selbst heraus.
Zwischen Roadmovie, Drama und Action
Dramaturgisch zeigt sich «Mayans M.C.» also im Ersteindruck auf hohem Niveau. Dasselbe lässt sich auch von der technischen Umsetzung sagen. Der eher klassische Look manifestiert sich bereits in einem starken Intro, dass auf computeranimierten Schnickschnack verzichtet und das Ehrgefühl und Selbstverständnis des Latino-Rockerclubs eindrücklich transportiert. Begleitet wird die Einleitung mit dem E-Gitarren-lastigen Rocksong «Nunca» von David Hidaolgo & Los Refugio, bei dem es lohnt, sich auch den Text etwas näher anzuhören. Der Song ist übrigens auf YouTube zu finden und kann dort kostenlos in voller Länge abgerufen werden. Innerhalb der einzelnen Episoden finden sich, wie oben bereits gesagt, immer wieder Einstellungen, die dem klassischen Roadmovie-Genre entliehen sind. Oft fährt die Gang in Formation auf die Kamera zu, oder wird während der Fahrt in der Totale von der Seite gezeigt. Großaufnahmen von quietschenden Reifen oder Händen und Füßen, die Gashebel und Fußschaltung bedienen, gehören ebenso zum Repertoire, wie Detailaufnahmen der Lederwesten und des stolz getragenen Clubabzeichens. Das typische «Easy Rider»-Feeling lässt schön grüßen. Brutale, aber sinnvoll integrierte Action, in langen Portraiteinstellungen gefilmte Dialoge und eine Schnittführung, die Zeit genug für einen Blick auch abseits des Hauptgeschehens lässt, bestätigen den insgesamt positiven Ersteindruck.
Fazit: «Mayans M.C.» zeigt sich in den ersten Folgen als gelungene Fortsetzung der großartigen Mutterserie «Sons of Anarchy», die auf dieselben Werte setzt, aber auch Neues in die Show einfließen lässt. Mit JD Pardo fand das Produzententeam um die Serienerfinder Elgin James und Kurt Sutter einen zwar bekannten, aber dennoch frisch wirkenden Schauspieler, der durch seine unerfüllte Liebe zu Emily ein dramatisches Element in die Serie einbringt. Sarah Bolger sorgt als Ex von Ezekiel und besorgte Ehefrau und Mutter von Drogenbaron Miguel Galindo für einen weiblichen Touch, der die ansonsten testosterongeschwängerte Atmosphäre ein wenig auflockert. So darf es gerne weitergehen.
Die erste Folge von «Mayans M.C.» kann auf Sky Atlantic oder den mobilen Diensten seit dem 08. Mai 2020 abgerufen werden.
Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
12.05.2020 09:24 Uhr 1
Ich bin mal gespannt auf die kommenden beiden Spin-Offs die in einer 6 teiligen Mini-Serie die Vorgeschichte von den Sons und dem Vater erzählen soll und dem zweiten Spin-Off, das als echte Fortsetzung angesetzt werden soll. Im Zweiten soll es sich dann um die Nachfahren bzw. seine Frau und Kinder gehen. Da warte ich mal ab.
12.05.2020 12:13 Uhr 2
12.05.2020 12:47 Uhr 3
Generell hat mir die Serie so viele gute Songs beschert, man denke nur an "come join the murder" "bird on a wire" "hey hey, my my" "girl from the north country" "gimme shelter" "house of the rising sun" und so viele mehr.
Die Musik war wirklich mehr wie grandios und höre die Songs immer wieder
Das mit der direkten Fortsetzung von SOA habe ich gar nicht mitbekommen. Wäre aber schön und interesannt. Ob man da noch die ganzen Darsteller dafür gewinnen könnte?
14.05.2020 20:17 Uhr 4
15.05.2020 13:45 Uhr 5