Popcorn & Rollenwechsel

Pierrot le Fou

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Benannt nach einem Klassiker des französischen New-Wave-Kinos; versiert in Sex, Gewalt und Grusel: Das Heimkino-Label Pierrot le Fou.

«Elf Uhr nachts» wäre kein sonderlich attraktiver Name für ein Filmlabel. Da nimmt man doch lieber den Originaltitel des tragikomischen, fesselnden Klassikers der französischen New-Wave-Bewegung: «Pierrot le Fou». Obwohl «Elf Uhr nachts» durchaus passend wäre, blickt man auf den Filmkatalog des kleinen Labels: Viele Filme dürften im Free-TV erst ab 23 Uhr ungekürzt gezeigt werden, und generell ist Pierrot le Fou mit seiner Mischung aus Sex, Gewalt und subtilem, nachhallendem Schrecken einfach wie dafür gemacht, dass man als Filmfan um 11 Uhr nachts mit einem Double oder Triple Feature ihrer Ausbeute an Genrekost beginnt. So für's Feeling!

Als Sublabel des Hauses Alamode («Zimt und Koriander», «Blau ist eine warme Farbe», «303») ist Pierrot le Fou auch ein starkes Beispiel dafür, wie heutzutage Markenidentifikation funktioniert: Das mit einem starken Hauch von Programmkinoeleganz assoziierte Label Alamode macht sich dank der Existenz von Pierrot le Fou sein Programm nicht "schmutzig". Gleichzeitig bietet sich so die Möglichkeit, Filme, die sonst drohen, hierzulande unterzugehen, unter einer Marke zu bündeln, die eine griffige Identität hat. So lässt sich beispielsweise mit der "Pierrot le Fou uncut"-Mediabook-Reihe Sammelfieber anfachen. Da bekommt eine blutige, russische Slapstick-Komödie namens «Why Don't You Just Die» direkt mehr Aufmerksamkeit, als ihr sonst wohl vergönnt wäre.

Über sich selbst schreibt das Sublabel: "Ein harter Revenge-Thriller oder Exploitation-Reißer kann uns ebenso begeistern wir der neueste Tierhorror-Trash und wir genießen das Frösteln bei subtilen Grusel- Schockern. Wir haben keine bestimmte Vorliebe, sondern sind offen für alles, solange es Spaß bringt." Also kommt es zum Schluss: "Und so darf bei uns natürlich auch Sex ebenso wie eine gehörige Portion Action nicht zu kurz kommen."

Und tatsächlich könnte das Portfolio von Pierrot le Fou innerhalb der "Nun wirklich kein Familienkino"-Sparte kaum breiter gestreut sein. Von Eva Hussons französischem Regiedebüt «Bang Gang», bei dem es sich um ein Softcore-Jugenddrama über Freunde handelt, die sich zum alkoholisiertem Gruppensex treffen, bis hin zur bewusst trashigen Sci-Fi-Sexfilm-Collage «Auf der Suche nach dem Ultra-Sex» mit süffisanter Synchronspur der «SchleFaZ»-Gastgeber Peter Rütten und Oliver Kalkofe.

Von der ultra-boshaften, extrem blutigen Horror-Komödie «Puppet Master – Das tödlichste Reich» über Nazi-Puppen, die Menschen zerfetzen, die nicht in ihr Weltbild passen, bis hin zum kompromisslosen, unter die Haut gehenden Albtraum «Let us Prey». Und vom anspruchslosen, Low-Budget-Grusel «Our Evil» bis hin zu Quentin Dupieux hypnotisierendem, kunstvollem «Reality».

Wie bei praktisch jedem Label verstecken sich auch so manche Gurken im Katalog von Pierrot le Fou. Und wie es kleine, in die Genre-Nische tendierende Label nun einmal so handhaben, setzt Pierrot le Fou oft darauf, selbst schwache Spartenfilme in edlen Editionen zu packen und somit den Preis in die Höhe zu treiben. Im Jahr 2020 brauchen wohl keine Filmfans mehr sicherheitshalber DVD und Blu-ray eines Titels, und dennoch kommen Mediebooks stets mit beiden Medien daher, damit man als Verleih sagen kann: "Hey, es ist eine 2-Disc-Edition, lass mal dick die Scheine rüber wachsen!" Jedoch sind die Mediabooks stets liebevoll gestaltet und das Verhältnis von "Joah, da hat man was zusammengetextet, um die Seiten voll zu kriegen"-Ausgaben zu "Lesenswert und originell!" ist löblich.

In dem Sinne: Weiter so, es wird noch viele Nächte geben, an denen wir um 11 Uhr Filmfutter brauchen!

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