Filmfacts: «The Meyerowitz Stories»
- VÖ: Netflix
- FSK: 12
- Genre: Tragikomödie
- Laufzeit: 112 Min.
- Kamera: Robbie Ryan
- Musik: Randy Newman
- Drehbuch & Regie: Noah Baumbach
- Darsteller: Adam Sandler, Ben Stiller, Grace Van Patten, Dustin Hoffman, Elizabeth Marvel, Emma Thompson, Adam Driver
- OT: The Meyerowitz Stories (New and Selected) (USA 2017)
In seiner liebevollen Tragikomödie vereint Regisseur Noah Baumbach («Mistress America») einen kleinen Teil jener Schauspieler, mit denen der bereits als inoffizieller Nachfolger von Woody Allen gehandelte New Yorker schon erfolgreich zusammenarbeitete. Vor allem auf Ben Stiller («Gefühlt Mitte Zwanzig») greift Baumbach gern zurück, genauso wie er für eine kleine Nebenrolle Adam Driver («Frances Ha») gewinnen konnte. Ansonsten ist «The Meyerowitz Stories» Baumbachs Film mit der bislang größten Stardichte, was im Anbetracht des herzerwärmenden, zeitweise sehr bissigen, dabei jedoch immer grundehrlichen Skripts aber auch kein Wunder ist.
Familienangelegenheiten

Im Hintergrund ertönen beschwingt feinste Jazz-Pianoklänge, davor amüsiert sich der Zuschauer mit den gewissenhaft ausformulierten Familienproblemen des Meyerowitz-Clans und umspannt wird das Ganze schließlich auch noch von einer visuellen Hommage an den Big Apple – die Stadt, die niemals schläft. Das klingt sehr nach Woody Allen und so bestätigt sich im Falle von «The Meyerowitz Stories» nur, was sich mit Noah Baumbachs letzten Filmen bereits ankündigte: Die beiden Regiekollegen scheinen ein ganz ähnliches Verständnis für die Inszenierung von Leinwandgeschichten zu besitzen und so ließe sich auf den ersten Blick nur bedingt sagen, ob wir es hier mit einem Allen-, oder aber mit einem Baumbach-Film zu tun haben. Doch wo wir an anderer Stelle schon oft bemängelten, dass es den letzten Produktionen aus der Allen-Feder immer ein wenig an Leben und Anarchie fehlte, sich das Gezeigte sogar regelrecht ausstaffiert anfühlte, sprüht «The Meyerowitz Stories» nur so vor Energie und Leidenschaft.
Noah Baumbach, der einmal mehr nicht bloß für die Regie, sondern auch für das Skript verantwortlich zeichnete, beobachtet darin wie in einer Momentaufnahme – daher auch der Untertitel «(New and Selected)» als Verweis darauf, dass dies hier nicht die einzelnen Geschichten sind, die die Familie bereits erlebt hat – wie sich eine sukzessive auseinander lebende Familie mit all ihren Spleens und Eigenheiten immer wieder vor und zurück bewegt. Es geht um gegenseitige Akzeptanz, um Anerkennung und um Respekt – beziehungsweise darum, wie es ist, wenn einem eines der drei Dinge (oder sogar alle drei) konsequent verwehrt bleibt.
Starke Beobachtungen, leise Gags

- © Netflix
Mit solch kleinen Beobachtungen und aufgrund des präzisen Spiels sämtlicher Beteiligter gelingt es Noah Baumbach, eine ebenso unaufgeregte wie ehrliche Studie über eine Familie zu drehen, die man trotz all ihrer üppigen Probleme direkt in ihr Herz schließt. Dabei betteln weder die Figuren darum, noch konzipiert Baumbach seine Dialoge so, dass sie einem mit ihrer „Liebe deine Familie, denn sie ist das Einzige, was du dir nicht aussuchen kannst!“-Botschaft ins Gesicht springen. Die Probleme der Meyerowitz-Familie nimmt Baumbach ebenso ernst, wie den Wunsch nach Versöhnung – das Ergebnis ist eine melancholische Symbiose aus beißender Situationskomik und nachdenklicher Tragik, ohne dabei auf die Tränendrüse zu drücken.

Der in dieser Rolle brillierende Dustin Hoffman («The Program») teilt sich die Bühne mit seinen beiden Filmsöhnen Adam Sandler und Ben Stiller, während sich Elizabeth Marvel («Begabt – Die Gleichung eines Lebens») als Tochter Jean bis zu einer ebenso umwerfenden wie niederschmetternden Monologszene im letzten Drittel noch weitestgehend im Hintergrund hält, ihre gleichermaßen überforderten wie sich stets um Hilfsbereitschaft bemühenden Figur jedoch ein starkes, anrührendes Profil gibt. Dasselbe gilt für Emma Thompson («Saving Mr. Banks») als exzentrischste aller Figuren, der es trotzdem gelingt, Bodenhaftung zu wahren. Gemeinsam erwecken diese Schauspielerinnen und Schauspieler eine Familie zum Leben, bei der es ausnahmsweise gar nicht unbedingt darum geht, alle Probleme zu beseitigen, sondern vielmehr, mit Ihnen zu leben.
Fazit
Noah Baumbachs «The Meyerowitz Stories (New and Selected)» hätte mit einer regulären Kinoauswertung sicher das eine oder andere Wörtchen in der kommenden Awardsaison mitzureden. So bekommen immerhin Netflix-Nutzer eine herausragend geschriebene, klug beobachtete und emotional fordernde Familienstudie zu sehen, in der nicht bloß Adam Sandler eine bravouröse Leistung abliefert.
«The Meyerowitz Stories (New and Selected)» ist ab sofort bei Netflix streambar.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel