Fakten zu «White Lines»
- Die Serie ist seit dem 15. Mai 2020 bei Netflix abrufbar.
- Staffel eins umfasst zehn Folgen, die zwischen 50 und 63 Minuten lang sind.
- Vor der Kamera sind u. a. Laura Haddock, Nuno Lopes und Marta Milans zu sehen.
- Obwohl die Serie auf Mallorca gedreht wurde, spielt die Handlung auf Ibiza.
- «Haus des Geldes»-Schöpfer Álex Pina steht hinter «White Lines».
Axels Schwester Zoe, damals eine Jugendliche, heute eine erwachsene Frau, möchte den Fall aufdecken und begibt sich aus diesem Grund nach Ibiza. Die Bibliothekarin, die seit dem Verschwinden ihres Bruders mit psychischen Problemen zu kämpfen hat, trifft auf alte Weggefährten Axels, die ihre besten Jahre offensichtlich hinter sich haben. Sie alle kannten Axel, sie alle waren auf der Party mit dabei. Mitbekommen haben möchte keiner etwas. Waren alle zugedröhnt? Hat jemand ein Geheimnis? Und welche Rolle spielt der mächtige und reiche Familienclan Calafat in dem gesamten Fall? Viele Jahre nach dem Tod ihres Bruders versucht Zoe, den mysteriösen Fall aufzudecken…
Nicht der Kriminalfall steht im Fokus
Was sich in der Beschreibung ernst anhören mag, erweist sich in der Geschichte, die «Haus des Geldes»-Schöpfer Álex Pina erdacht und für Netflix zur Serie gemacht hat, als ziemlich heitere Angelegenheit. Ein Grund dafür sind die vielen ausschweifenden Partys und Orgien, die ab der ersten Folge fester Bestandteil von «White Lines» sind. Der Geist von Ibiza, der geprägt ist von Musik, Drogen und vordergründiger Lebensfreude, reißt irgendwann sogar die inzwischen konservative und scheinbar brave Zoe mit.
Obwohl die Zuschauer in den ersten Folgen von «White Lines» viel über die Hauptfiguren lernen, kommt man den Ursachen und Zusammenhängen, die hinter Axels Tod stecken, nicht bedeutend näher. Dafür befindet sich Zoe, die sich ja vordergründig nur auf den Weg gemacht hatte, um den Fall zu lösen, erstaunlich schnell inmitten von illegalen Machenschaften. Wer eine mehr oder weniger klassische Krimi-Serie erwartet hat, dürfte bei «White Lines» daher wohl enttäuscht sein. Schon bald geht es nämlich viel mehr um Zoe und das Leben, das sie eigentlich führen möchten. Auf Ibiza scheint sie frei zu sein, befreit von den Zwängen, denen sie sich zuhause bei ihrem Vater und ihrem Mann ausgesetzt fühlt.
- © Netflix
Zwanzig Jahre nach seinem mysteriösen Verschwinden von Ibiza wird die Leiche eines legendären DJs aus Manchester entdeckt. Seine Schwester kehrt daraufhin auf die schöne spanische Insel zurück, um herauszufinden, was geschehen ist. Ihre Ermittlungen an einem Ort, an dem Leute gerne am Limit leben, führen sie durch eine aufregende Welt von Tanzclubs, Lügen und Vertuschungen und zwingen sie dazu, sich den dunkleren Seiten ihrer eigenen Persönlichkeit zu stellen.
Verantwortlich für den trotz allem eher positiven Grundton der Serie sind vor allem die Menschen, denen Zoe auf der Party-Insel begegnet. Vor allem Marcus, ein ehemaliger Freund von Axel, entpuppt sich dabei als Figur, die man in erster Linie bemitleidet. Als kleinkrimineller Drogendealer gerät er schnell in Schwierigkeiten, seine Ex-Frau und seine Töchter tanzen ihm sowieso auf der Nase herum. Mit seinem tollpatschigen Auftreten sorgt er immer wieder für Lacher und steigt schnell zu einem der Publikumslieblinge auf.
Gleiches gilt für Boxer, der als Sicherheitschef für die Calafats arbeitet. Obwohl er ohne Skrupel Menschen aus dem Weg schafft, gelingt es ihm insgesamt doch, mehr Sympathie als Abneigung zu erzeugen. Das dürfte daran liegen, dass er gegenüber seinem Boss Andreu Calafat stets loyal agiert. Gleiches gilt für sein Verhältnis zur verheiratete Zoe, in dem schon bald eine Menge Spannung steckt. Und dann sind da noch Conchita und Oriol Calafat, Frau und Sohn von Andreu, die offensichtlich nicht nur Gutes im Schilde führen.
Viele Gegensätze in «White Lines»
Die größte Stärke von «White Lines» sind die höchst unterschiedlichen Charaktere und deren Beziehungen zueinander. Die Serie wartet auf mit einer Menge Drama, etwas Krimi und Action sowie einer Prise Romantik. Es sind gerade die Gegensätzlichkeiten, die «White Lines» erfolgreich inszeniert und die die Serie gut und spannend machen. Die traumhaften Stände, die endlosen Partynächte und ausgelassenen Orgien stehen auf der einen, der rätselhafte Tod von Axel, die schmutzigen Drogen-Geschäfte und die kriminellen Machenschaften von Ibizas Familienclans auf der anderen Seite. Es ist eine Welt, die oberflächlich wie eine niemals endende Party wirkt, dabei aber nur ihre schmutzigen Geheimnisse zu verbergen versucht. Das ist natürlich nicht realistisch, aber es verfängt erstaunlich schnell.
Ein Grund dafür sind nicht zuletzt die vielen Zeitsprünge, auf die «White Lines» vertraut. Die Serie lebt von Rückblenden, die die Akteure von heute in den 1990er-Jahren zeigen. Stück für Stück wird rekonstruiert, wie Axel Manchester verließ, auf Ibiza ankam und dort in der Blüte seines Lebens stand. Thematisch hat «White Lines» zwar gar nichts mit «Haus des Geldes» zu tun, dramaturgisch verwebt Álex Pina die unterschiedlichen Zeitebenen aber ähnlich geschickt miteinander wie in der Bankräuber-Serie. So gelingt es «White Lines» jedenfalls gut, die handelnden Figuren in kurzer Zeit einzuführen.
Fazit: «White Lines» erzählt eine Geschichte von exzessiven Partynächten vor traumhaften Kulissen, kriminellen Clan-Machenschaften und Selbstfindung und kombiniert all diese Elemente clever miteinander. Dabei kommt die Serie gerade jetzt zur richtigen Zeit. An Reisen in Urlaubsparadiese und nächtelange Beachpartys dürfte im diesjährigen Corona-Sommer für viele nicht zu denken sein. Umso mehr lohnt es sich, einen Blick in «White Lines» zu werfen.
Die Kritik basiert auf den ersten sechs Folgen der Serie. Staffel eins von «White Lines», die zehn Episoden umfasst, ist ab sofort bei Netflix verfügbar.
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