Am Freitag verabschiedete RTL seinen Versuch, einen täglichen Talk im Nachmittagsprogramm zu etablieren. Rund 30 Jahre nach «Hans Meiser» sollte «Marco Schreyl» auf dessen Slot um 16 Uhr reüssieren, kam aber nur bei wenigen Ausgaben während der Coronakrise auf gute Werte. Ansonsten standen für die Produktion aus dem Hause filmpool regelmäßig einstellige Werte geschrieben. In den kommenden Wochen wird RTL um 16 Uhr nun Reruns zeigen, von Martin Rütters Welpenshow oder vom Factual-Experiment «Mensch, Papa!». «Marco Schreyl» endet somit nach ziemlich genau vier Monaten On Air, rund drei davon der Coronapandemie zugehörig und somit ohne das eigentlich fest eingebundene Studiopublikum.
Mit vier Monaten hielt dieser Daily-Talk jedoch länger durch als manch anderer Genrevertreter. «Inka Bause», heute RTL-Kollegin von Schreyl, etwa sollte in einer Zeit vor «Bares für Rares» den ZDF-Nachmittag um kurz nach 15 Uhr mit einer netten Plauderrunde aufpolieren. „Leider konnte sich die Talkshow bei den Zuschauern nicht durchsetzen“, hieß es seitens ZDF-Programmchef Norbert Himmler schon nach zwei Monaten, im Herbst 2013.
«inka!» erreichte in diesem Zeitraum nie mehr als eine Million Zuschauer, teilweise sanken die Werte sogar auf weniger als eine halbe Million Fans. Zum Vergleich: Über zwei Millionen Seher sind Horst Lichters «Bares für Rares» inzwischen auf diesem Slot gewiss. Ebenfalls ein Fact, der gegen das Talkformat spricht: Mit acht Prozent Marktanteil wurde die beste Quote der Formatgeschichte direkt am 2. September beim Debüt gemessen. Bei den jungen Leuten kam die seichte Gesprächssendung nie über 5,8 Prozent Marktanteil hinaus, lag also bei allen Ausstrahlungen unterhalb der Sendernorm. Quotenmeter.de hatte den Nachmittags-Talk 2013 als „die neue Schlaftablette“ des ZDF bezeichnet. Autor Manuel Nunez Sanchez bemängelte: „Das Geplapper über Frisuren von Rihanna, Ranches von Russel Crowe oder Reisen im Zug reicht möglicherweise, um die Hausfrau während des Bügelns nicht weiter zu stören, aber ein nachhaltiges Fernseherlebnis ist hier wahrlich nicht zu holen. Produktionell weist die Sendung ebenfalls einige Schwächen auf, da es mehrere harte Schnitte gibt, die zum Teil regelrecht störend wirken. Unterm Strich gibt es kaum Argumente, warum ausgerechnet diese Sendung dauerhaft im Programm bleiben sollte.“
Mit zwei Monaten Laufzeit verblieb «inka!» dennoch länger im Programm als zwei weitere Genre-Vertreter, die nur rund einen Monat durchhielten. RTLs Talkshow «Natascha Zuraw» wurde 2008 nach genau 20 Episoden beendet. Vier der 20 Sendungen holten damals zweistellige Zielgruppen-Quoten. Rückblickend kann gesagt werden; «Natascha Zuraw» holte vor zwölf Jahren ähnliche Werte wie Marco Schreyl heute. „Natascha Zuraw begrüßte die Zuschauer mit dem Charme einer Nachrichtensprecherin und mit einem auswendig gelernten oder abgelesenen Text. Auch das, was danach folgte, war eher schlecht als recht“, urteilte Quotenmeter.de über die Produktion vor zwölf Jahren.
Noch weiter zurück liegt «Talk X», ein Mystery-Talk bei ProSieben mit Andrea Kiewel, der ebenfalls nach einem Monat wieder beendet wurde. Warum? Die Sendung kam nicht über sechs Prozent in der Zielgruppe hinaus. Auch Andrea Kiewel machte im Format, das sich an Themen wie Esotherik oder Voodoo abarbeitete, keine allzu gute Figur.
Das sind Parallelen zu Ricky Harris, der ab Herbst 1999 die Sat.1-Talkschiene mit der täglichen Show Nummer 4 vervollständingte, aber nach einer Saison und knapp 150 Folgen abgesetzt wurde. Peter Imhof löste ihn ab März 2020 schließlich ab. Auch dieser Daily-Talk blieb letztlich aber weniger als zwei Jahre on air – immerhin landete der Moderator aber im Guinness Buch der Rekorde, weil er 24 Stunden nonstop moderierte. In dieser Zeit wurden im Studio sechs Ausgaben seines Formats hergestellt, Imhof moderierte aber in den Werbe- und Produktionspausen. Diese Ausschnitte wurden letztlich aber nie gesendet.
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