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Allmählich erschließt sich das mehr und mehr Menschen. Und spätestens jetzt, wo der Rassismus gegen Schwarze wochenlang eine prominente Position in den Schlagzeilen weltweit einnimmt und Lees «Da 5 Bloods» auf Netflix ein größeres Publikum erreicht als viele seiner früheren Filme, juckt es daher vielen Neugierigen in den Fingern, Lee-Lücken zu schließen. Aber wo anfangen?
Spike Lee ist immerhin ein sehr produktiver Regisseur: Inklusive Kurzfilmen und TV-Projekten stehen über 90 Regiearbeiten in seiner Vita. Sich da komplett durchzuackern wäre ein sehr zeitraubendes Vorhaben, zumal längst nicht alle von Lees Arbeiten leicht zu ergattern sind. Doch unser Spike-Lee-Crashkurs lässt sich leicht umsetzen. Fangen wir doch mit dem Film an, der ihn bekannt gemacht hat: «Nola Darling», wohl besser bekannt unter dem Originaltitel «She's Gotta Have It». Die Komödie, die eine ganze Welle an neuen filmischen, schwarzen Stimmen begründete, ist unter anderem via Netflix abrufbar und dreht sich um sexuelle Doppelzüngigkeit zwischen den Idealbildern der verschiedenen Gender – ein Thema, das im Kino zumeist nur mit Weißen ausdiskutiert wird. Lee gab hier schon früh einer schwarzen Frau stimmliches Gewicht in dieser Hinsicht.
«Do The Right Thing» von 1989 (unter anderem via Amazon und Google Play zu erwerben) könnte genauso gut ein Film aus diesem Jahr sein: Es geht um eine Nachbarschaft in Brooklyn, die in einem heißen, schwitzigen Sommer nicht länger ihre rassistischen Anspannungen verbergen kann, was letztlich zu (vollauf berechtigten, für ignorante Außenstehende aber erschreckend aussehenden) Protesten führt. Auch in «Malcolm X» geht es darum, dass sich die schwarze Gemeinde auflehnt: Im rund 200 Minuten langen Biopic-Epos (das aktuell unter anderem auf Amazon läuft) spielt Denzel Washington sensationell gut den Bürgerrechtler, den die Geschichtsschreibung gerne als den weniger zurückhaltenden Gegenentwurf zu Martin Luther King junior bezeichnet.
Im neuen Jahrtausend legte Spike Lee mit «25 Stunden» ein regelrechtes Brett hin: Das Drama , das zu seinen wenigen Werken über eine weiße Hauptfigur gehört, zeigt Edward Norton als Drogendealer, der seinen letzten Tag in Freiheit verbringt. Das hypnotische, bildgewaltige Drama gehört zu den ersten Filmen, die New York nach 9/11 zeigt – und Lee legt den Finger tief in eine Wunde, die der Big Apple und die USA generell noch nicht haben heilen lassen. «25 Stunden» kann man unter anderem auf iTunes und Videoload erwerben (oder halt als DVD) – es lohnt sich definitiv.
Mit dem Thriller «Inside Man» hat Lee im Jahr 2006 wiederum seine kommerziellen Muskeln spielen lassen: Das Denzel-Washington-Vehikel über eine Geiselname in einer New Yorker Bank ist zugänglich, auf konventionelle Weise spannend und bei allem beiläufigen politischen Kommentar "flashy". Und dennoch ist weiterhin der Spike-Lee-Style zu merken, was «Inside Man» zu einer sehr kurzweiligen Übung in Sachen "Woran macht sich das Händchen eines Regisseurs bemerkbar?" macht.
Und unser Crashkurs wäre nicht komplett ohne «BlacKkKlansman», über den wir hier auf Quotenmeter.de schon einmal viele Worte verloren haben. Wer nach diesem Crashkurs angefixt ist – perfekt. Denn Lee hat noch viele, viele, viele andere sehenswerte Filme gemacht, die (wieder-)entdeckt werden wollen.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
26.06.2020 18:26 Uhr 1
26.06.2020 19:07 Uhr 2
28.06.2020 14:46 Uhr 3
Alles ist relativ: Hätte ich nicht im Internet "Malcolm X" in einer Liste von Filmen gesehen, die bald von Netflix verschwinden, hätte ich ihn bis heute nicht gesehen - die deutsche Synchronfassung im Free-TV habe ich wegen der Stimmbesetzung nämlich nie lange durchgehalten (ein wie der Beverly Hills Cop klingender Malcolm X funktioniert für mich einfach nicht!) ...